Umkreisen

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Seine überhebliche Art bringt mich nur noch mehr zum Kochen. Langsam schlendert er zu mir und flüsterte mir lang gezogen ins Ohr.„Diesmal verliere ich nicht", seine Narbe war umgeben von wulstiger Haut, seine Augen werden auch rot. „Wie kann dieses Würstchen das wagen!", tobt es in mir und ich muss die Zähne zusammenbeißen. Meine Hände balle ich zu Fäusten, bis Blut auf den Boden tropft.

Vor mir geht der Kil in die Hocke und plötzlich steht ein schmutzgrauer, starker Wolf mir gegenüber. An seinem Hals baumelt ein Lunar, eine Art Schmuckstück, dass auch in Wolfsgestalt erhalten bleibt, aber das ist jetzt egal.Die weiße Kralle schwingt wie ein Pendel beruhigt hin und her. Auch ich begebe mich zur Verwandlung. Die Menge um uns herum fängt an, zu gröllen ein paar sehen uns besorgt an. Ich schließe meine Augen und suche die Bestie in mir.

Sie fängt an, an meinen Knochen zu reißen, sie umzuformen. Meine Haut platzt auf und fühlt sich brennend heiß an. Erleichtert schüttelte ich den letzten Rest Mensch, der in mir ist, ab.
Auf einen Schlag nehme ich viel mehr wahr. Meine Ohren fangen jedes kleines Geräusch ein, hinter uns höre ich etwas wie Gebrüll. Die Vögel scheinen ihr Lied nur für mich zu singen. Meine Pfoten fühlen in dem weichen Boden halt und meine Krallen lassen sich perfekt ausfahren. Die warme Sonne wärmt mich. Mein Gerruchssinn nimmt die Nervösität und Vorfreude meines Gegners wahr. Mein graues Fell duftet nach den Kiefern des Waldes. Meine Augen beruhigen sich langsam wieder und nehmen ihren bernsteinfarben Glanz wieder an.
Wieso müssen Männchen immer so angeberisch, rebbelisch, verzogen sein?! Ein Knurren entfährt meinem Maul, meine Zähne blecke ich. Kil stellt die Ohren auf und beginnt auch zu knurren, er bäumt sich auf und starrt mit seinen haselnussfarbenen Augen auf mich herab. Aus den Augenwinkel bemerke ich, wie die Menge immer weiter zurückweicht.Hier geht's nicht um die Beleidigung und die Respektlosigkeit, es geht um den Kampf von früher. Schlechter Verlierer, meldet mein Verstand und wir fangen an uns zu umringen. Mit jedem Schritt pocht mein Herz noch mehr Blut durch meinen Körper, aufgeregt kratzen meine Krallen immer wieder über den Boden. Kil geht es wohl genauso, er hechelt vor Aufregung.
Absolute Stille.
Auf einmal bemerke ich, wie Kil sein Gewicht auf seine Hinterbeine zurückfallen lässt. Mit einem kräftigen Sprung steht er vor mir, sodass ich seinen Atem spüren kann. Vorrausschauend sehe ich bereits wie er mir ins Genick beißen will und seitwärts weiche ich zurück. Das scheint ihn nicht sehr zu beeindrucken, er holt wieder aus und stürtzt mit den Krallen vorraus auf meinen Bauch zu. Überrumpelt liege ich am Boden und spüre wie das erste Blut meinen Bauch hintunterläuft.„Gut so, zeigs ihr!", rufen die ersten„Ein Weibchen hat es nicht verdient über dir zu stehen!", brüllen die anderen. Angestachelt blickt Kil auf mich herab und rammt mir nochmal die Krallen rein. Schmerzverzogen winsel ich mich auf. Sowas lasse ich mir nicht gefallen!, dröhnt es in meinem Kopf. Wieso müssen die immer so egoistisch, eingebildet, arrogant, großkotzig, angeberisch sein?! Mit jedem Wort,was mir für ihn einfiel wurde ich wütender.
Ich schnelle mit aufgerissenem Maul auf seine Pfote zu, als er wieder zutreten will. Eisern verbeiße ich mich und schmecke sein eisernes Blut auf meiner Zunge.Er jaulte qualvoll auf und ließ von mir ab. Zufrieden grinse ich ihn an. Kil zieht sich zurück und leckt seine Pfote, hasserfüllt sieht er mich an. Ein Schauer durchzieht meinen Rücken als ich diesen Tiefsitzenden Hass sehe. Die Menge hinter uns raunt immer mehr„So ein Weichei"„Hält nichtmal nen Biss aus"Kil schüttelt sich einmal durch.
Keine Gnade!, ruft das Biest in mir. Meine Beinmuskeln spannen sich an und ich stürme auf ihn los. Mein Kopf traf ihn hart in den Hals und schleuderte ihn in die Wand. Ein großer Krater bildete sich in der alten Steinwand und es bröckelte einzelne Steine hinunter. Schlapp fiel Kil runter.Verbissen krümmte er sich zusammen, seine Augen wurden rot. Seine Zähne hingen locker aus seinem Maul, die Krallen wetzen den Boden. Kalt sehe ich ihn an und erwarte den nächsten Angriff.

Blitzartig rennt er los, auf meine Kehle blickend. Das war kein Spaß mehr. Adrenalin fließt durch meinen Körper und schärft meine Sinne. Wenn ich jetzt nachlässig werde, oder sauer, habe ich keine Kontrolle mehr.
Ich war so beschäftigt damit, nicht durchzudrehen, dass ich den Biss in meinen Hals nicht mehr ausweichen konnte. Schmerzvoll wurde ich mit seinem Schwung zurückgezogen und seine Zähne bohren sich triumphierend in meinen Hals. Panisch schleuder ich ihn von mir runter, bevor er sich richtig verbeißen kann, meine Rute schlage ich ihm ins Gesicht. Meine Hüfte schmerzt, doch ich lasse mir nichts anmerken. Er bellt mich auffordernd an und ich leckte mir die Zähne „So nicht Freundchen"Ich stürme auf ihn zu und kralle mich in seine Brust. Überrumpelt stürzt er nach hinten, seine Kehle ist vollkommen ungeschützt. Meine Zähne baumeln bedrohlich über ihm und ich beiße langsam, genüsslich in seinen Hals.

Kil fiebt verzweifelt herum und strampelt, was ich jedoch kalt unterband. Sein Blut war berauschend, das Gefühl der Macht überwältigend. Röte hitzte meine Augen an weiter zu machen. Wie in Trance beiße ich weiter zu.
„Entferne dich sofort von dem Wolf", sagt eine autoritäre Stimme in ruhigem Ton. Sofort drehe ich mich um und sehe in das zerfurchte Gesicht von Klirr. Augenblicklich fing ich an mich zu beruhigen und meine Augen wurden wieder zu sanftem bernstein. „Gut Kleines, jetzt bitte wieder Mensch", erklärt er sanft und sieht mich strahlend an. Da ich den Lehrer mag, gehorche ich aufs Wort und sperre das Monster in mir wieder ein. Wie ein Tier schicke ich es in einen Käfig.Krallen werden zu Fingern, Fell zu Haut und Haaren. Missmutig und beschämt sehe ich zu Boden, Blut tropft aus meinen Wunden und bildet einen kleinen roten Fleck in meiner Uniform. „Ich will nicht wissen wer oder was getan hat, aber Kleines, du musst jetzt los!", sagt er friedlich.„Jetzt ab", Klirr lächelt mich freundlich an. Eilig stehe ich auf und drehe mich nochmal um. Kil hält sich - in menschlicher Form - den Hals und seine Augen sind aufgerissen. An seinem braunen Jackett hängt Blut und ist an einigen Stellen zerfetzt. Ängstlich sieht er mich an.Zufrieden sehe ich ihn an und recke mein Kinn.
Er verstand anscheinend und senkt den Kopf„Entschuldigung"Klirr beobachtet die ganze Szene gelassen. Dieser Kampf geht ihn nichts an, dass weiß er. Jeder muss seinen Platz im Rudel selbst erkämpfen. Stolz gehe ich an Klirr vorbei. Er hält mich an der Schulter fest und drückt mir ein Taschentuch in die Hand.„Gute Arbeit Kleines und viel Glück", zwinkert er mir zu. Lächelnd erwidere ich sein Zwinkern.
„Werde ich haben"

Moon Howl - bis(s) zum EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt