Marian und ein Dieb namens Robin

30 Warum

Ein lauter Jauchzer hallte über die Lichtung. Das mächtige Kaltblut preschte aus dem Dickicht, sein Reiter reckte die geballte Faust in die Luft.
«Wir haben den Sheriff ausgenommen!», rief Little John triumphierend. «Auf seinem Nachhauseweg, die Taschen voller Münzen, die nicht ihm gehören! Ein Grund zum Feiern!»

Tumult brach unter den Merry Men aus.
Ein Festmahl wurde zubereitet, sie kramten kleine Bierfässer aus dem Gebüsch.
Die Diebe, welche auf Streifzug gewesen waren, brachten ihre Pferde ins Gehege und leerten die Beute aus ihren Satteltaschen.
Münzen wurden mitten auf der Lichtung gezählt, das Gold reflektierte den Schein des Feuers und blendete meine Augen.
Drüben bei den Pferden konnte ich Robins Gestalt erkennen, er kraulte Mayfairs verschwitzten Hals und redete leise mit der Stute.

Allan, der, wie ich inzwischen wusste aus Irland stammte, zückte seine Laute. Seine Finger zauberten eine wilde Melodie aus dem Instrument.
Bevor ich mich sträuben konnte, drückte mir Little John einen Humpen in die Hände.
Das dunkle Bier schmeckte bitter und hinterliess ein kribbelndes Gefühl auf meiner Zunge.
Bald schlugen wir unsere Bäuche mit Kartoffeln und Bratfleisch voll.

Robin begann eine fröhliche Melodie durch die Zähne zu pfeifen und Allan stimmte mit Akkorden auf der Laute ein.
Der Ire räusperte sich und erhob seine Stimme über das laute Geschnatter.
«Robin Hood und Little John laufen durch düstern Wald», begann er zu singen.
Einer der Merry Men prostete dem Musiker mit seinem Bier zu und Annabel lachte schrill.

«Sie denken nicht an die mickrige Plag, oo-de-lally, oo-de-lally hey», fuhr Allan unbeirrt fort.
Ich stützte den Kopf in die Hände und lauschte dem Gesang.
«Sie albern rum wie kleine Kinder, bis sie Zuhause sind ist es schon Winter, oo-de-lally, oo-de-lally hey.»
Britta kicherte fröhlich.
Sie lehnte gegen meine Schulter und ich konnte nicht anders, als mit zu kichern.

«Doch da stürzt der Sheriff vor und die zwei geraten in Not», erhob der Ire seine Stimme, das Spiel seiner Laute wurde wilder.
«Rennen um ihr Leben, ach, wenn sie sterben, werde ich dann alles erben?» Allan zwinkerte der Menge zu und die Merry Men begannen zu lachen.
Am lautesten dröhnte Little Johns Stimme an meine Ohren.

«Sie hängen aber den Sheriff ab, oh die arme, mickrige Plag.» Er holte tief Luft und setzte zu einer hohen Passage an. «Oo-de-lally, oo-de-lally, hey!»
Bobby begann zu klatschen und ich ertappte mich dabei, wie ich meine Finger im Takt auf das Holz prasseln liess.

«Robin Hood und Little John laufen durch düstern Wald, oo-de-lally, oo-de-lally hey.
Little John vollführt einen Tanz und Robin hat einen kleinen...» Allan hielt inne, seine Brauen wanderten langsam in die Höhe.
Die Menge begann zu grölen.
Mit einem unterdrückten Pursten sah ich zu Robin hinüber, der bloss mit den Augen rollte.

«...Pfeilbogen dabei!», rief Allan aus, ein schelmisches Funkeln in den Augen. «Leute, was denkt ihr denn!»
Die Schlussakkorde der Laute gingen im Gejubel unter.
Doch bald setzte der Ire zu einem weiteren Stück an.

Britta strich ihre fettigen Finger an ihrem Kleid ab, erhob sich von dem Baumstamm und begann zu Allans Musik zu tanzen.
«Nein, Lady Fitzwalter tanzt überhaupt nicht gern», murmelte ich Robin zu, während ich Britta beobachtete, die erstaunlich flink ihren runden Bauch hin und her wogte.
Er lachte leise, griff nach meinen Händen und zog mich auf die Füsse. Einige der Merry Men folgten unserem Beispiel, wild tanzten sie um das knisternde Feuer herum.

Robin verknotete seine Finger mit meinen und wirbelte mich so schnell um die eigene Achse, dass mir schwindlig wurde.
Er lachte ausgelassen, was seine dunklen Augen mit den Sternen über unseren Köpfen um die Wette strahlen liess.
Ich stützte mich an seiner Schulter ab, legte den Kopf in den Nacken und stimmte in sein Lachen mit ein.
Seine tiefe Stimme erzeugte ein elektrisierendes Gefühl des Glücks in meinem Herzen.
Wie warmer Honig floss es durch meine Adern und breitete sich in meinem gesamten Körper aus.