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Kapitel 32* Motorrad
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Vorsichtig stand ich auf und zog die Decke mit mir mit, um sie dann um mich rum zu legen.

»Hey«, schimpfte Nathan.

»Was?«, zischte ich und drehte mich um.

Erst jetzt merkte ich, dass ich ihm die Decke weggenommen hatte und er nun nackt dort lag. Hastig drehte ich mich um und armtete einmal tief ein, da mir die röte ins Gesicht stieg. Hinter mir raschelte es und plötzlich spürte ich Hände an meinen Schultern. Ich wurde umgedreht und sah in graue Augen.

»Es wird niemand erfahren«, sagte er mit rauer Stimme.

»Es ist nur so, wenn Marry das erfährt, dann denkt sie doch bestimmt, dass ich nur mit ihr befreundet bin wegen dir«, sagte ich verzweifelt.

Seine Augen hellten sich etwas auf und es wirkte, als wäre eine Last von ihnen gefallen. Er hatte sich schon seine Boxershorts angezogen und ließ mich jetzt los, um seine restlichen Sachen zusammen zu suchen. Ich folgte seinem Beispiel und war überrascht, wo meine Sachen überall lagen. So umständlich wie möglich versuchte ich mich anzuziehen, ohne das Nathan irgendwas von meinem Körper sehen konnte, was eigentlich ja relativ blödsinnig war. Ich fuhr mir durch meine Haare, um sie auf dem Gesicht zu bekommen. Wahrscheinlich sahen sie sowieso total zerzaust aus. Ich ging aus dem Zimmer und sah mich um. Vielleicht sollte ich aufhören, so viel zu trinken, dass ich am nächsten Tag nicht nur Bruchteile der Nacht weiß. Ich hatte keine Ahnung wo ich lang musste und hier waren so viele Türen.

»Hier lang«, sagte Nathan und lief an mir vorbei.

Schweigend folgte ich ihm und wir liefen die Treppe runter. Ein paar Bilder tauchten in meinem Kopf auf und ich hatte wieder eine weiter Erinnerung. Im Wohnzimmer lagen überall Plastikbecher, leere Alkoholflaschen und manche Leute schliefen auf dem Boden. Wir schlängelten uns durch die Menge und ich sah auf mein Handy. Eigentlich wollte ich nur auf die Uhrzeit gucken, doch mein Display zeigte vier entgangene Anrufe und fünf Nachrichten. Zwei Anrufe waren von meiner Mom und die anderen zwei von Ryan, genau wie die Nachrichten. Ich wählte die Nummer meine Mutter und der Warteton war zu hören.

»June, wo steckst du?«, fragte sie, bevor ich sie überhaupt begrüßen konnte.

»Ich hab auf der Party geschlafen, da es schon so spät war und Ryan nicht betrunken Auto fahren wollte«, log ich sie an.

Ich mochte es eigentlich überhaupt nicht, meine Familie anzulügen, wenn dann ließ ich nur Sachen aus, aber in dieser Situation blieb mir ja nichts anderes übrig.

»Okay, aber du hättest Bescheid sagen können«, sagte sie.

»Ja Mom, hab dich lieb«, sagte ich und legte auf, bevor sie noch Fragen stellte.

»Tolles Telefonat, die Frage ist jetzt nur, wie du ihr erklärst, dass du mit jemand anderen von der Party gekommen bist«, sagte Nathan und ich war schon wieder verwirrt.

Er stand neben einem Motorrad und hielt seinen Arm ausgestreckt in meine Richtung. In der Hand hielt er einen Helm. Tief einatmend nahm ich ihn an und setzte ihn auf. Nathan stieg auf und sah mich wartend an. Ich machte es ihm nach und legte meine Hände auf meine Beine, da ich nicht wusste wohin damit. Er griff nach hinten, legte meine Arme um seinen Körper und fuhr los. Sofort krallte ich mich an seinen Hosenbund und schloss die Augen, doch nach kurzer Zeit öffnete ich sie wieder. Häuser rasten an uns vorbei und wirkten leicht verzerrt, der Lärm der Maschine dröhnte zu mir hoch und der Wind zerrte an meinen Sachen. Gänsehaut bildete sich an meinem ganzen Körper, da der Wind ziemlich eisig war. Unter meinen Fingern spürte ich die Wärme, die von Nathan aus ging und meinr Finger verkrampften sich nicht mehr ganz so. Ich hatte mich beruhigt und genoss die Fahrt, immer auf die Wärme unter meinen Fingern konzentriert. Das half mir, nicht vor Kälte wie ein Skelett zu zittern. Wie konnte er nur bei dieser Geschwindigkeit und diesem peitschenden Wind noch so viel Hitze ausstrahlen? Das ist so unfair, dass Jungs nie so schnell froren, wie Mädchen. Nathan hielt kurz an einer Ampel, die aber sofort wieder auf grün umsprang. Was für eine unnötige Ampel. Er beschleunigte das Tempo wieder und kurze Zeit später kamen wir auch schon an. Das waren gefühlte zehn Minuten Fahrt. Ziemlich unattraktiv stieg ich von dem Motorrad ab und gab Nathan den Helm wieder. Was sollte ich jetzt sagen? Danke fürs Fahren und diese Nacht? Nein, nie im Leben!

»Ehm... Danke«, sagte ich stattdessen stotternd und lief schnell zur Tür.

Ich spürte seinen Blick auf mir und musste dann auch noch den Schlüssel unter der Fußmatte hervor holen. Die nächsten Schultage mit ihm konnten für mich ja nur unangenehm werden, wenn meine Gedanken immer an diese Nacht dachten. Am liebsten würde ich meinen Kopf abschalten, aber wahrscheinlich würde das auch nichts bringen.

Mein Engel und IchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt