Mistelzweige, des Einen Freude und des Anderen Leids

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- 18. Dezember -

Letzter Tag vor den Ferien. Die Halbjahresprüfungen würden wir erst nach den Ferien schreiben und so waren alle anderen guter Laune.

Ich jedoch nicht. Gerade zu dieser Zeit wurde ich extrem traurig. Ich vermisste nicht nur Harry und Ron, sondern vielmehr auch meine Eltern. Ein weiteres Weihnachten ohne sie, ein weiteres, von den Vielen, die noch kommen würden.

Alleine wanderte ich durch die Flure, ein Buch vor meiner Brust und mit den Gedanken ganz woanders. Plötzlich blieb ich stehen, mir war es nicht möglich weiter zu gehen. Überrascht schaute ich mich um, doch erkannte nichts. Ich war schließlich, ganz alleine auf dem Flur.

Mm ... was war nur schon wieder los?

„Kann ich dir helfen?", hauchte mir eine bekannte Stimme von hinten ins Ohr. „Das wäre sehr freundlich, Tom. Ich weiß wirklich nicht, was los ist ... auf einmal konnte ich mich nicht mehr von der Stelle rühren", antwortete ich. Umdrehen ging allerdings noch.

Daher tat ich auch dies. Mit seinen grünen Augen, die auf mir lagen, blickte er auf mich hinunter. „Ein Mistelzweig, Hermine", deutete er mit seinem linken Zeigefinger nach oben. Meine Augen folgten seinem Finger. „Oh ...", stieß ich aus, als ich erkannte, was das Problem war.

„In der Tat", grinst er wieder zu mir runter. Sofort merkte ich, wie ich Rot wurde. Seine Hand legte sich an meine Wange, automatisch schmiegte ich mich gegen sie. „Wenn du erlaubst, erlöse ich dich. Es sei denn, du willst auf jemanden anderen warten?", provozierte er mich.

Ich lächelte zu ihm hoch, „Lieber du", flüsterte ich leise und schon lagen seine Lippen auf den meinen. Es war nur ein kleiner Kuss, sanft und lieblich. Fast wie ein kleines Versprechen. „So, jetzt müsste alles wieder gut sein", wisperte er nah an meinem Mund. Immer noch so, dass sich bei seinen Worten unsere Münder leicht berührten.

Scheu schaute ich hinab. Seine Stimme, sein Geruch und seine Berührung ... das war einfach zu viel. Ich war wie Pudding in seinen Händen.

Die letzten zwei Wochen hatten wir uns ausgesprochen und Tom hatte mehr als einmal versucht, es wieder gut zu machen. Auch, wenn es auf merkwürdige Art und Weise geschehen war. Ich hatte ihm verziehen, natürlich hieß das nicht, dass ich nicht immer noch eine gewisse Angst vor ihm hatte.

Nun hatte ich - auch in dieser Zeit - gesehen, was er tun konnte und auch vor mir würde er keinen Halt machen.

Trotzdem war es mir einfach unmöglich, mich von ihm zu trennen oder auch nur nicht mehr in seine Nähe zu sein. Ich liebte ihn, auch wenn ich manchmal nicht verstand, wieso. Es war einfach so und vielleicht war genau das, was es brauchte, um die Welt zu retten.

Er brauchte jemanden, der ihm zeigte, was es hieß zu fühlen und sich zu kümmern. Niemand hatte das bis jetzt für ihn getan und das war einfach nicht gerecht. Jeder sollte jemanden haben, der einen liebte und sich um einen sorgte. Tom hatte das nie.

Seine Mutter war tot, seinen Vater hatte es nie interessiert, was mit ihm war, Dumbledore hatte ihn betrogen - indem er ihn immer wieder zurück ins Heim schickte - und im Heim wurde er behandelt wie ein Tier. Eigentlich konnte man es ihm nicht übel nehmen. Wer würde nicht Probleme haben, wenn er umgeben von Grausamkeit aufwuchs?

Immer noch war seine Hand am meiner Wange, als ich meinen Gedanken freien Lauf ließ. „Wolltest du in die Bibliothek?", fragte er nach und ließ seine Hand sanft runter gleiten, zu meinem Hals. Dort strich er behutsam mit seinem Daumen über meine Halsschlagader.

Nervös schluckte ich. „Ja, willst du ... willst du mitkommen?", entgegnete ich. Fast war es nur ein Wispern gewesen, doch mit dem Nicken, das er mir schenkte, wusste ich, er hatte es gehört.

Du hast es mir gezeigt und er hat es mir genommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt