∞38 Ein Busen, der nur Aiden gehört

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Jake.
Es war für mich keine grosse Überraschung, da sie es bereits einmal in Long Island zugegeben hatte. Nur hatten wir seit damals nie wieder drüber geredet. Jake und sie waren sich seit damals auch nicht mehr sonderlich nahe gekommen. Ausserdem hatten wir alle einige wichtigere Dinge im Kopf gehabt.
Umso mehr zauberte es ein Grinsen auf mein Gesicht, als sie meinen Blick bemerkte und schnell den Kopf abwandte. Wie rot sie wurde bekam ich dennoch mit.
"Wieso sagst du es ihm nicht einfach?"
Ich hielt den Blick wieder auf Aiden gerichtet, der sich kurz aufgerichtet hatte, um mir zu zu zwinkern.
Verträumt lächelnd stützte ich mich mit den Händen ab und machte es mir auf der harten Platte gemütlich.
Wenn ich ihn so ansah, wie er draussen im Garten arbeitete, kam mir ein ganz normales Leben in den Sinn.
Ich stellte mir vor wie es sein würde, wenn es nur unser Haus wäre.
Wenn er mit unseren Kindern im Matsch der Wiese spielen würde, und ich ihnen von der Türe aus, mit dem jüngsten der Kinder auf dem Arm, zusah.
Dann wie er ausser Atem auf mich zu kam und mich küsste, unter Begleitung der angeekelten Rufe der Kinder.
Das alles war die perfekte Vorstellung von Familie für mich.
Aber erst als das Szenario in meinem Kopf sich gelegt hatte, begriff ich was ich da nach gedacht hatte. Wollte ich überhaupt Kinder?
Ja klar, für mich war es schon seit klein auf klar gewesen, einmal Mutter zu werden.
Aber wenn ich ein Kind haben wollte, irgendwann, war es überhaupt richtig? Oder bloss selbstsüchtig, ein Baby auf die Welt zu setzten, wenn es in solch gefährliche Umstände hinein geboren wurde. Wahrscheinlich war es doch keine so gute Idee.
Weitere Gedanken wurden von Leonie unterbrochen.
"Ja klar, genauso wie bei Aiden und dir. Bei euch hats ja auch so gut geklappt, mit dem Gefühle gestehen und so."
Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus und ich lachte leise.
Ja, da hatte sie recht. Wir beide hatten Gefühle für den anderen gehabt aber immer von dem anderen erwartet, dass er sie nicht erwiderte.
"Aber jetzt klappts es. Und es ist toll."
Widerlegte ich ihr Argument.
"Egal lass uns das Thema wechseln ja."
Ich sah ihn ihrem Blick, dass ihr gar nicht danach war mit mir über meinen Bruder zu sprechen und ich akzeptierte es.
Das Piepen des Backofens beendete das kurze Gespräch sowieso und sogleich sprangen wir beide vom Tisch um die Ofentüre zu öffnen.
Sogleich füllte sich der gesamte Raum mit einem süssen Duft und mit Handschuhen bugsierte Leonie den dunkelbraunen Schokoladenkuchen aus dem Ofen auf den Tisch.
Einigermassen geschickt leerte ich den Guss, der aus geschmolzener Schokolade und Milch bestand, über das dampfende Gebäck und betrachtete unser Werk zufrieden.
"Das hat ein High-Five verdient."
Leonie klatschte mich ab und gut gelaunt begann ich den weichen Kuchen in Stücke zu zerschneiden, bevor wir beide je ein Stück im Voraus assen.
Der Grund war nicht einfach die köstliche Torte da vor uns oder der Duft in unseren Nasen, sondern einfach die Tatsache dass die Jungs uns bestimmt nichts mehr übrig lassen würde.
Warmer Kuchen war das beste. Erst recht wenn er zu Innerst noch etwas Cremig war.
"Meine Fresse ist der gut, haben wirklich wir den Kuchen gebacken?"
Geniesserisch biss Leonie in den Kuchen und nickte.
"Das nennt man Talent Jess", brachte sie zwischen zwei Bissen hervor.
"Da hast du recht", ich klopfte mit die Krümel von der Hose und lud die Stücke auf einen grossen Teller, mit dem ich dann nach draussen lief.
Es war kühl und ich fröstelte leicht, als ich aus der warmen Küche kam.
Kaum hatten die beschäftigten und knienden Jungs den Duft gerochen sprangen sie auf und drehten den Kopf. Es dauerte keine Sekunde, da drängten sie sich auch schon alle in die Küche.
"Kuchen?..."
Ich hatte noch nicht einmal mein Angebot fertig aussprechen können, als schon die ersten Stücke verschwanden und bald war auf den hellen Teller nichts mehr ausser Krümel übrig.
"Gute Arbeit"
"Wirklich genial, danke Jessy, danke Leo."
Ich hatte noch nie jemanden so schnell essen sehen. Dann spülte man den Kuchen mit etwas Cola hinunter und machte sich mit neuer Kraft an die Arbeit. Mittlerweile hatte der lange Zaun bereits Gestalt angenommen und ich nickte zufrieden.
Die zerstörten Teile hatten mich immer wieder an die Nacht erinnert, in der ich um ein Haar dem Tod entkommen war. Bisher hatte ich sie immer einigermassen erfolgreich verdrängt.
Ein neuer Zaun stand für mich symbolisch auch für eine neue Chance.
"Danke Kätzchen."
Aiden legte eine Arm um meine Hüfte und drückte mich kurz zu sich um Kurz vor meinem Gesicht an zu halten. Er erinnerte sich an unsere Wette, und dennoch machte seine Nähe mich nervös, was bestimmt nicht ausschliesslich an seinem nackten Oberkörper lag.
Dann löste er sich zwinkernd von mir und lief, den Hammer locker hin und her schwingend zurück zu den anderen.
Ein kleiner Seufzer entwich mir, wie konnte man nur so heiss sein, wenn man einen Hammer hielt. Wenn ich ihn halten würde...nein daran wollte ich nicht denken. Jessica und Hammer würden wahrscheinlich zum unfreiwilligen Staatsfeind Nummer eins aufsteigen. Das würde dann aber nicht an meiner Blutrünstigkeit sondern an meinen Missgeschicken liegen, für die ich jetzt schon garantieren konnte.
Während ich mich wieder zu Leonie gesellte und wir uns einen Film nach dem anderen rein zogen, und nur einen Stop einlegten, indem wir das Mittagessen kochten, dachte ich darüber nach wie es gewesen war, als ich wieder neu nach New York gekommen war. Und wie viel sich seitdem verändert hatte, was ich nie wieder ändern wollte. Hier war ich glücklich. Aber in meinem ganzen Leben war das Glück nie von langer Dauer gewesen, und ich wünschte mir so sehr, dass es dieses Mal bleiben würde.
Und dennoch würden wir Morgen ein Video drehen, in dem wir offiziell unseren Start im Untergrund ankündigen würden. Wir würden unser Schicksal besiegeln und niemals wieder zurück ziehen können.
Aber andererseits gab es neben diesem Leben auch noch ein anderes.
Morgen würden Leonie und ich einkaufen gehen, uns aufstylen und es geniessen wie normale Mädels shoppen zu gehen.
Es waren zwei verschiedene Welten und ich brachte sie unter einen Hut. Noch. Wie es später werden würde, wusste ich nicht, auch nicht ob ich so überhaupt leben wollte, immer bereit die Liebe Jess in den Gangster  Jessica Black ein zu tauschen.
Den gesamten Nachmittag war ich schweigsamer gewesen, und in Gedanken versunken. Das fiel jedoch nicht auf, denn die Jungs stellten seelenruhig den Zaun fertig, während Leonie kurz einkaufen war.
Als sie dann am Abend mit Tüten zurück kam und ich ihr beim Einräumen half, wusste ich, dass ich kämpfen musste, um dieses Leben zu behalten.
Viele Menschen hatten nicht die Möglichkeit, neben ihrem harten Leben noch ein solches wie ich zu führen. Mit so liebevollen Menschen um sich herum. Mit einer Familie.
"Du siehst aus als hättest du gerade den Lauf der Welt zu deinen Gunsten geändert." Merkte Leonie fragend grinsend an.
"Naja, das trifft es ziemlich gut."
Neckte ich lachend und umarmte sie.
"Jess, sicher dass alles okay ist bei dir?"
Leonie klang zwar etwas besorgt aber erwiderte die Umarmung.
"Ja, es ist alles gut."
Lächelte ich über ihren Rücken und seit langer Zeit meinte ich jedes Wort wie ich es sagte. Ich war mir einfach sicher, dass dieser Satz richtig war. Dass ich ihn ernst gemeint hatte.

Street: Fight or Die *beendet*Où les histoires vivent. Découvrez maintenant