Knechte des Lebens - 20.12.

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George zieht mich durch das ganze Haus. Dann komme wir an eine Luke. Er stößt sie auf und klettert dann herauf. Er Strecke mir die Hand entgegen und hilft mir herauf.

Wir sind an einer flachen Stelle des Dachs.

"Komm", sagt er, "sei vorsichtig." Ich folge ihm an die Dachkante. Er zaubert uns eine Decke und Kissen herauf.

"Setz dich", sagt er und zieht mich neben sich auf eines der Kissen. Über uns am Himmel stehen tausende Sterne, vor uns erstrecken sich die Lichter Londons in der Dunkelheit. Es muss eigentlich schon ziemlich spät sein. Erst um 16 Uhr war ich hergekommen.

"Was machen wir hier, George?", frage ich ihn verwirrt.

"Weiß nicht, Fred war hier oft mit Angelina", murmelt er.

"Angelina Johnson?", frage ich.

"Ja", meint er.

"Habt ihr noch Kontakt?", frage ich irgendwie verletzt.

"Naja, sie schreibt mir manchmal. Aber Kontakt würde ich das nicht nennen", erklärt mir George.

Mir fällt ein Stein vom Herzen. Wieso, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich George unheimlich mag und immer, wenn ich ihn ansehe mir ganz warm wird.

"Aber ich vermisse sie schon", sagt er da und das warme Gefühl erlischt.

"Wirklich? Schreib ihr doch, wenn du willst, helfe ich dir", sage ich trotzdem, wenn es ihm dadurch besser geht, ist es das wert.

"Du bist ganz anders als sie", stellt er fest.

„Ich bin doch auch nicht sie, George", sage ich ernst und blicke ihn an. Das spärliche Licht hinterlässt auf seinem Gesicht tiefe, lange Schatten.

„Das weiß ich doch, Megan. Aber... Wir gingen immer davon aus Mädchen seien ähnlich, doch du bist ganz anders", murmelt er.

„Wenn du meinst", sage ich. Ich weiß nicht, ob ich verletzt oder geschmeichelt sein soll. Ich war eigentlich immer davon ausgegangen, dass ich ziemlich durchschnittlich bin. „Ich... Egal, es ist egal. Alles ist egal", sagt er tonlos.

„Was ist egal, George?"

„Alles. Ich kann nicht mehr froh sein", murmelt er leise.

„Vielleicht reicht es... Wenn du erstmal andere froh machst. Und dann... Dann kannst du an deinem eigenen Glück arbeiten", antworte ich ihm. Das denke ich wirklich. Ich hoffe, es hilft ihm.

„Ich denke nicht Megan..."

„Das bereden wir in einem Jahr nochmal", meine ich milde lächelnd.

„ich verstehe dich einfach nicht, Megan."

„Ich doch selbst nicht."

Er lacht, dabei hatte ich es doch ernst gemeint. Doch nun ändert sich sein Lachen... Er weint.

„Geh ins Bett, Megan."

„Okay", stimme ich ihm zu, „stell nichts dummes an."

„Sei vorsichtig." 

Ich klettere zurück zur Luke und gehe zurück in mein Zimmer. Ich gehe ins Bad und ziehe meinen neuen Schlafanzug an. Er ist gold-rot. Gryffindor-Farben, keine von Hufflepuff, aber vielleicht ist dieser Umbruch nötig... Die Häuser gibt es doch schon seit nun fast eineinhalb Jahren nicht mehr... Und wir haben uns alle verändert.

Ich putze meine Zähne mit einer Zahnbürste, die mir George gegeben hat, dann gehe ich ins Bett. Duschen kann ich auch morgen noch. Ich bin müde. Bin seit sechs Uhr auf und jetzt ist es... Dreiundzwanzig Uhr und dreiundzwanzig Minuten, sagt eine Uhr in meiner Nähe.

Nachdem ich unter die Decke geschlüpft bin, fröstele ich. Es scheint mir unglaublich kalt hier. Ich versuche trotzdem zu schlafen, doch mir ist eiskalt.

Die anderen suchen mich bestimmt... Ich hätte eine Eule schicken sollen. Jetzt ist es zu spät.

Ich kauere mich unter der Decke zusammen, doch mir fehlt das ruhige atmen von Hannah neben mir. Natürlich hätten wir in Hogwarts nun ein eigenes Zimmer haben können, doch wir wollten nicht. Sonst erscheint uns das Schloss so groß.

Oft schlägt Hannah in der Nacht um sich oder aber sie weint, auf jeden Fall vergeht kaum eine Nacht ohne Albtraum. Ich will mir nicht ausmalen, wie es für sie sein muss. Ich will es nicht wissen und dann ist da noch Neville... Den sie sehr mag. Oft sagt sie mir, wohl zu viel. Denn er hat scheinbar nur Blicke für Luna...

In unserer Gruppe bin ich scheinbar die einzige, die niemanden verloren hat in seiner Familie. Es ist kaum zu glauben, wie schlecht ich mich deshalb manchmal fühle.

Ich gehe zum Fenster und ziehe die Vorhänge auf, vielleicht hilft mir der Sternenhimmel beim Einschlafen.

Ob sie da oben sind? Ob sie auf und herunterblicken? Die Toten? Das können wir nicht wissen. Wir kleinen Wesen der Erde. Wir Knechte unseres Lebens, das uns jeden Tag aufs Neue kämpfen lässt, ohne uns unser Ziel zu zeigen.

Lange denke ich darüber nach, bis meine Lieder zu schwer werden und ich, ohne es zu merken, in den Schlaf sinke.

Weil wir noch leben (Harry Potter / George Weasley FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt