Alles läuft aus dem Ruder

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Julien PoV
» Ju?«, es ist Joon. Grade erst bin ich durch die Tür zurück in unsere Hölle gekommen. Ein weiterer Tag ist vergangen, ich habe in irgendeinem Motel gepennt und die Stöhngeräusche durch die Wände so gut es ging ignoriert. Eine scheiß Nacht, aber Joon sah so wach wie fast immer aus.
» Ja, ich bin's.«, antworte ich ihm und legte meine Jacke auf den Stuhl, den wir immer als Türstopper benutzen..
» Wo warst du?«, fragt er und guckt zu mir. Joon sitzt im Schneidersitz auf dem Bett und hat den Laptop vor sich aufgeklappt. Twitter ist geöffnet.
» Hab wo anders gepennt.«, sage ich schlicht und mache mir einen Tee, es gibt nur Fenchel und Pfefferminze, wenn ich mich nicht irre. Ich nehme Fenchel und mache es mir auf einem kleinen Sessel gegenüber von Joon gemütlich um ihn über den Rand der weißen Tasse hinweg zu betrachten.
Er sieht mir mit zusammen gezogenen Augenbrauen ins Gesicht und scheint nachzudenken.
» Tut mir Leid, was ich wegen Maike gesagt habe.«, sagt er schließlich. Ich nicke leicht und trinke einen Schluck um mir prompt die Zunge zu verbrühen.
» Geht's?«, fragt er schmunzelnd. Ich nicke und puste in die Tasse bevor ich einen weiteren Schluck nehme.
» Hör mal, wir vermissen sie alle, aber es kann so nicht weitergehen.«
» Ich weiß. Ich weiß.«

Maike PoV
Immer noch sitze ich neben Viktor, das einzige was wir noch besitzen sind unsere Kleidung und das Buch von der Prinzessin und dem Dorfdepp.
Er liest mir grade vor, als die dunkle Tür aufgestoßen wird und wir alle vom hellen Sonnenlicht geblendet werden.
Ich halte mir die Hand vor die Augen und blinzele angestrengt.
Neben mir weint eine Frau, sie hält ihr Kind im Arm, der Kopf von diesem ist in einem Verband eingewickelt. Ich weiß nicht, ob es tot ist, oder lebt. Ich weiß auch nicht, wie viel Uhr es ist, oder welcher Tag. Ich weiß gar nichts mehr, bin dumm.
Viktor drückt meine Hand, ich fange an leicht zu zittern, oder tat ich es schon vorher? Ich weiß es nicht, ich habe die Kontrolle verloren.
Er zupft den Verband an meinem Bauch schnell zurecht während ich den Mann mustere, der uns alle beobachtet, guckt wer von uns am schwächsten ist und wer am stärksten ist.
Ob er uns trennen will?
Der Mann richtet seine Augen auf mich, ich spüre förmlich wie er nachdenkt, er verlagert sein Gewicht auf den anderen Fuß und streicht sich einmal durch die Haare. Es sind Dreadlocks, sie sind sehr lang, ungefähr Hüfthöhe, was für einen Mann, meiner Meinung nach, sehr lang ist, auch für eine Frau.
Er zeigt auf mich und schnipst, zwei weitere Männer kommen und zerren mich grob mit sich, Viktor wird zurück gehalten, wir sehen uns noch einmal kurz ins Gesicht, wir haben beide Angst.
Ich werde in einen anderen Raum gestoßen, vollkommen alleine, nicht einmal das Buch habe ich noch, von den anderen Wänden dringen Schreie dumpf zu mir, Schreie voller Angst und unsäglichen Qualen.
Ich weine, weine weil alles grade aus dem Ruder läuft, weil ich alleine war, weil ich Angst habe, weil ich Angst vor der Zukunft und vor der Gegenwart habe. Und schlussendlich weil ich Ju vermisse.



Alles Opfer!!! (Julien Bam FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt