El' Rim

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Sid stellte seinen leeren Krug auf den Tresen und rülpste. Er blickte noch einmal auf die Münze, um sicherzustellen, dass das alles kein Traum gewesen war. Seine Hand umklammerte fest den Tonar. Ein Tonar. Zehntausend Muten. Sid hätte von so einer Summe nur träumen können. Mit einem Tonar konnte man sich locker ein Pferd kaufen. Vielleicht sogar zwei. Und eine Kutsche. Sid stellte sich vor, wie er zum Hof  auf einem schwarzen El'Rim angeritten kam und Mesor vor Neid in Stücke gerissen wurde. Sid träumte davon, wie er mit seinem Lieblingspferd durch die Landschaft ritt, mit dem schönsten Mädchen der Stadt, die sich fest an ihm klammerte. Ihre Haare wehten im Wind...

Sid wurde aus seinen Tagträumen gerissen, als Belur schnaubend zurück zum Tresen kam.

„Was ist passiert?", fragte ihn Sid besorgt.

„Dieser... dieser Unverschämte..." Er hielt inne als er Sids Münze sah. Belur blickte ihn verdutzt an. „Hat er dir das gegeben?", fragte Belur verwundert.

„Ja klar, wer sonst?" Belur war verdutzt und Sid bereute diese Worte auf einen Schlag.

Wenn dich jemand fragt, ich bin nie hier gewesen um dich nach diesem Symbol zu erkundigen, kam Sid wieder in den Sinn.

„Weshalb hat er dir das gegeben?", fragte Belur.

„Er...er.. Er fand den Saft ausgezeichnet. Ich sollte dir ein Lob austeilen", Sid überreichte Belur den Tonar. Innerlich weinte er.

Belur machte grosse Augen. „Zehntausend Muten für einen Saft?", fragte Belur erstaunt und hielt die goldene Münze empor. Er biss darauf, um sicherzustellen, ob sie überhaupt echt war.

„Ja", sagte Sid nur. „Mit dem können wir uns hundert Fässer Nussbeerensaft besorgen."

„Blödsinn. Fast niemand trinkt diesen Saft, nur du... du und er."

„Na dann besorge dir neue Fenster...", schlug Sid vor. „Oder ein neues Bett, ein neuer Boden... Einen neuen Tresen!" Sid klopfte mit der Hand auf die Theke.

„Nein, nein das brauche ich doch alles nicht. Ich bin zufrieden mit dem was ich habe. Ich habe auch genug Geld und alles, hier." Er gab Sid die Münze zurück und Sid glaubte vor Erleichterung auf einer Wolke zu schweben. „Ich kann es nicht annehmen", sagte Belur.

Sid wusste nicht was er sagen sollte und dachte nach. Mit einem Tonar konnte er sich tatsächlich ein Traumpferd kaufen. Aber er sah schon Geroms Blick wenn er angeritten käme: „Ein Kerl hat dir einen Tonar gegeben für einen Saft? Blödsinn. Spuck doch die Wahrheit aus!" Und Mesor würde ausflippen: „Einen Tonar? Spinnt der? Den Kerl suche ich mir!" Mesor würde losstürmen und dann würde die halbe Stadt nach ihm suchen. Wenn dich jemand fragt, ich bin nie hier gewesen um dich nach diesem Symbol zu erkundigen. Relith wollte unentdeckt bleiben, das war Sid klar. Sid bewunderte ihn so sehr, dass er nicht wollte, dass ihm irgendetwas schlechtes passierte. Sid konnte den Tonar nicht ausgeben.

„Ich bringe es ihm zurück", sagte Sid schliesslich und Belur nickte.

„Weißt du denn wo er hingegangen ist?" Sid überlegte, doch dann kam es ihm wieder in den Sinn.

„Ja, aber es ist besser, wenn ich es dir nicht sage."

Sid machte sich auf zum Skorpion. Er rannte so schnell er nur konnte auf den Strassen von Paduk, die voller Leute waren. Er wich den Menschen geschickt aus, doch einmal rempelte er eine alte Händlerin an, die gerade Äpfel trug.

„He pass doch auf, du Trottel!", hatte sie ihm nachgerufen, doch Sid beachtete sie nicht.

Er lief weiter und immer wieder tastete er nach dem Geldbeutel, um sicherzustellen, dass der Tonar noch da war. Bald geriet er ausser Atem und musste langsam gehen, um sich zu erholen. Dabei kamen ihm wieder seine Tagträume in den Sinn. In seinen Gedanken stieg er von seinem El'Rim hinunter und trat in den Skorpion, den er, so schien es ihm, ohne Probleme aufkaufen könnte. Alle Menschen würden ihn bewundern, gut gekleidet wie er sein würde. Er hätte nur die teuersten Kleider an. Sid überlegte sich lange , in welcher Farbe sein seidener Mantel sein würde, kam aber zum Schluss, dass er ihn in allen Farben hätte kaufen können. Als Sid schliesslich vor dem Skorpion stand, wurde er mit einem Ruck wieder aus seinen Träumen gezerrt. Er stand da, in seinen lumpigen Kleidern und ohne El'Rim. Er hatte fast vergessen, warum er überhaupt dort war.

Sid blickte sich um. Der Skorpion war überfüllt und er konnte Relith in der Menschenmenge nicht finden. Sid entschied sich deshalb hineinzugehen.

Im Lokal war es sehr laut. Das Gegröle übertönte alle Versuche sich mit jemandem unterhalten zu können. Die schräg klingende Musik schien auch nur ein Hintergrundgeräusch zu sein. Wieder fand Sid kein Anzeichen von Relith und entschied sich weiter hineinzugehen.

„Hallo? Relith? Hallo?", rief Sid, doch niemand drehte sich um.

Sid blickte zu den Tischen hinüber und sah eine seltsame Gestalt, einen glatzköpfigen Mann mit roten Augen, der in bedrohlich anstarrte. Sid zwängte sich weiter nach hinten, in der Hoffnung, dort auf Relith zu treffen. Der Glatzköpfige beunruhigte ihn und Sid blickte zu den Tischen zurück. Der Mann war verschwunden. Sid schluckte und an ihm ging gerade ein betrunkener Mann vorbei, der gerade von weiter hinten aus den Toilettenräumen kam.

„Guten Tag."

Er ging an Sid vorbei, den Blick auf den Boden gerichtet. Seine Bewegungen waren eigenartig, man sah es ihm wirklich an, dass er sehr besoffen war.

Sid zwängte sich weiter nach innen und kam um eine Ecke, wo er an eine Wölbung stiess. Er hörte ein leises Knarzen und einen dumpfen Schlag. Bevor er herausfinden konnte, was da eigentlich geschehen war, packten ihn zwei kalte Hände von hinten und ihm wurde schwarz vor Augen.

Ein neues AbenteuerWhere stories live. Discover now