58. Kapitel- Für immer (Teil 2)

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Das helle rot des Kleides harmonierte perfekt mit ihren dunklen, langen Haaren, die wellig auf ihren Schultern lagen und ihre leuchtenden Augen strahlten glücklich, als sie sich erhob und nach ihrem Glas griff, dass die Strahlen der Sonne in sich spiegelte. Sekt war der Inhalt ihres glänzenden, halbvollen Kelches, mit dem sie uns Lächelnd empfing. „Danke für euer Zahlreiches erscheinen!", sprach sie und ich konnte kaum glauben, dass dies tatsächlich die Verlobte meines Chefs war. Sie wirkte wie aus einem Bilderbuch, so perfekt und von Grund auf gut. Mein Arbeitgeber, in seinem stattlich dunkelroten Anzug, glich fast ein wenig verloren, neben ihrer Schönheit, doch eins war mir völlig klar: Diese Frau musste die gleiche Spezies Mensch sein, wie auch mein bester Freund es war. Freundlich sah dieser zu mir, strich mir zärtlich durchs Haar und streichelte mit dem Daumen über meinen Handrücken. Noch immer hielten wir uns fest, gaben einander Kraft. „Auch ich danke euch allen, dass ihr diesen wundervollen Tag mit uns teilt.", stand nun auch mein Chef von seinem Stuhl hoch und begann mit seiner Rede. Er sprach von Liebe und Familie, doch ich konnte ihm kaum folgen. Zu sehr hatte Kais Lächeln von mir Besitz ergriffen und mein Herz überschlug sich beinah. Wie gern würde ich ihn einfach küssen, einfach so, als wäre es das normalste der Welt. Die Sehnsucht nach meinem Freund war zu groß für einen einfachen Mann wie mich, selbst in diesem Moment, wo Kai doch genau neben mir saß. Verrückt, oder? Erst, als mir das Murmeln und Flüstern um uns herum auffiel, war ich in der Lage, meinen Blick von ihm zu nehmen und mich erstaunt umzuschauen. Der Chef und seine Verlobte redeten noch, was also gab es zu Besprechen? Fanden diese Leute die Rede etwa nicht ansprechend genug? „Seht ihr die?", nahm ich eine leise Stimme uns gegenüber war und erstarrte, als ich sah, wie zwei junge Mädchen mit dem Finger auf uns zeigten. Was wollten die denn? Verunsichert blickte ich zu Kai hinüber, der das Szenario wohl auch bemerkt hatte. Ihn allerdings schienen diese abwertenden Kommentare und Blicke nicht die zu stören. Er legte den Arm um meine Schulter und zog mich noch ein Stückchen näher an sich heran. Ich derweil fragte mich, was wohl so seltsam an mir war. Hätte ich doch kein weißes Hemd anziehen sollen? War das zu unförmlich? Oder sahen meine Haare doch nicht ordentlich genug aus? Ach verdammt, ich hätte mehr Gel verwenden sollen! Besorgt senkte ich den Blick. Hoffentlich konnten wir bald wieder nach Hause, denn nach und nach fühlte ich mich immer unwohler zwischen diesen ganzen eigenartigen Fremden!
Nachdem wir die Rede dann endlich überstanden hatten, war das Buffet eröffnet und die Verlobte des Chefs lobte mich noch einmal ausdrücklich für den mitgebrachten Salat der wohl wirklich gut ankam. Das freute mich natürlich sehr und ich stellte fest, dass sie eine wirklich freundliche, höfliche Person war. Und so sanft in ihrer Ausdrucksweise, eben ganz wie Kai. Dieser hatte sich nun allerdings erst einmal bei mir abgemeldet. Er suchte gerade die Toilette auf, als ich mit meinem Pappteller vor dem Buffet-Tisch stand und überlegte, was ich denn nun nehmen sollte. Zu viele Speisen reihte sich auf dem weiß-bezogenen Tisch vor mir und ich konnte mich gar nicht recht entscheiden.
In diesem Moment trat eine Frau neben mich. Sie war schon älter, trug einen Blazer und hatte ihr graues Haar streng nach hinten gekämmt. Allgemein schien sie wohl viel wert auf Recht und Ordnung zu legen, doch auch sie hielt einen Pappteller in der Hand. So verfolgten wir also dasselbe Ziel, etwas Genüssliches zu Essen zu finden. „Also, das konnte sich ja niemand mit ansehen.", begann sie dann mit ihrer kratzigen Stimme zu erzählen, wobei ich sagen muss, dass ich es gar nicht für möglich hielt, dass sie wirklich mit mir sprach. Weshalb sollte sie auch? Daher hörte ich zwar ihrer Worte, hielt es allerdings nicht für nötig, darauf zu reagieren, vorerst zumindest. „Ich hätte echt nicht gedacht, dass meine Tochter mit so welchen, wie euch, befreundet ist! Oder gehört ihr etwa zu diesem Mann? Ich wusste doch gleich, dass er nicht gut für mein Baby ist!", wurde sie dann jedoch etwas direkter und mir wurde klar, dass es sich bei dieser Dame wohl um die Mutter der Verlobten handeln musste. Die war aber griesgrämig. Was wollte sie denn von mir? „Also wirklich, so etwas in der Öffentlichkeit zu tun.", fuhr sie fort. Ich runzelte die Stirn und beschloss schließlich, mich zu ihr zu drehen und etwas verwirrt zu fragen: „Entschuldigung, aber was meinen Sie?" Ein fataler Fehler, denn dies gefiel der Frau scheinbar ganz und gar nicht. Angewidert rümpfte sie die Nase und machte einen Schritt zurück. „Bleiben sie bloß weg von mir, ich möchte nicht auch noch angesteckt werden!" Ich zog die Augenbrauen hoch. Angesteckt? Womit denn bitte? Irritiert hielt ich den Kopf schief und betrachtete sie mit großen Augen. Sah ich etwa erkältet aus? Oh Gott, hoffentlich würde ich mir nichts einfangen! „Reicht ja schon, wenn es zwei dieser Art hier gibt! Also, was denken sie sich überhaupt, so etwas Ekelhaftes hier zu tun?!" Was?! Ich verstand echt gar nichts mehr! Was wollte die Alte denn bitte? Machte es ihr Spaß, andere zu verwirren oder wollte sie mich einfach nur ärgern? „Sie widerlichen Schwulen verpesten noch unsere Kinder! Gehen Sie doch bitte zum Psychologen und lassen Sie sich behandeln! Das kann man doch keinem zumuten!" Da erstarrte ich, blickte sie geschockt an. Was? Schwul? Psychologen? Ich schluckte schwer, brauchte einen Augenblick um überhaupt zu begreifen, was sie da gerade gesagt hatte. Widerlich? Was, was sollte das? Nur weil Kai und ich Händchen gehalten hatten, oder was? Aber wir taten doch keinem etwas! Erschüttert und nicht im Stande dazu, mich zu bewegen, blieb ich stehen und konnte es gar nicht fassen. Wieso sagte diese Frau so etwas Gemeines? Wir hatten doch gar nichts gemacht! Und schwul konnte man uns ja auch nicht nennen und selbst wenn, wir waren doch einfach nur Freunde, keine schlechten Menschen! Wieso sagte sie dann nur sowas? War es wirklich so verwerflich, wenn zwei Freunde sich festhielten? Oder war es, weil ich ihn die ganze Zeit angeschaut hatte? Ach verdammt, ich war so schlecht darin, meine Gefühle zu verbergen. Wieso war ich bloß mitgekommen? Wäre ich doch besser Zuhause geblieben! „Nun, ich hoffe, wir können den Rest des Abends verbringen, ohne dieses schreckliche Herum-Geschwule ansehen zu müssen!" Ich senkte den Blick, als die Frau sich mit diesen Worten umdrehte, stolzierend zwischen den Massen von Gästen verschwand und mich völlig zerstört zurück ließ. Ich war schrecklich? Tränen stiegen mir in die Augen und ich hoffte, es würde niemand merken. Ich durfte meinem Chef nicht noch mehr Schwierigkeiten bereiten! Reichte doch schon, dass ich so widerliche Gefühle für meinen besten Freund hegte! Wie konnte ich nur denken, dass es tatsächlich in Ordnung war, so zu empfinden?! „Hey, Isaac?", hörte ich auf einmal Kais Stimme und spürte seine Hand auf meiner Schulter. „Was ist denn los?", fragte er behutsam und hob mit der freien Hand mein Kinn an. Stark riss ich mich zusammen, die Tränen zurückzuhalten, schaute ihm in seine schönen, klaren Augen. Ich konnte es ihm nicht sagen, das ging nicht! Es würde ihn verletzten, ganz sicher! Ich durfte ihm nichts von dem eben Geschehenen erzählen! Verletzt wandte ich den Blick ab, doch Kai ließ das nicht zu. „Hey, sieh mich an. Was hast du, Isaac?" Ich schluckte schwer, da sah ich hinter meinem Freund ein Gesicht aufblitzen. Einige Meter hinter ihm tauchte erneut die Mutter der zukünftigen Braut auf und musterte uns streng. Ich schluckte schwer und stieß Kai bestimmend von mir. „Isaac?", fragte dieser stirnrunzelnd und griff nach meinem Arm, doch ich schlug seine Hand weg. Das ging nicht! Er durfte das nicht tun! Es war widerlich, es war nicht okay! Es störte die anderen Gäste! „Was soll das?" Kai wirkte besorgt, doch in meinem Kopf hallten noch immer die Worte der Frau und als Kai mich wiederholt versuchte, an der Hand zu nehmen, schrie ich ihn wütend und voll Verzweiflung an. „Fass mich nie wieder an!", brüllte ich, bevor ich mich von ihm los riss und an ihm, sowie der Frau vorbei, ins Haus rannte.

Liebe?! Lieber nicht! ||Boyslove Yaoi~♡Where stories live. Discover now