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[A/N: Nur weil Muttertag ist, gibt es jetzt ein Update! ;)]



Ich sehe sie schon von weitem.

Verdammt, Mädchen. Was machst du an meinem Platz, zu meiner Zeit? Für Monate war hier niemand anzutreffen und jetzt an zwei aufeinanderfolgenden Tagen? Wie viel Pech muss ich haben?

Wieder sitzt sie auf der Bank, diesmal hat sie die Füße auf den Sitz, die Knie angewinkelt. Sie starrt in den Himmel und beachtet mich nicht. Also laufe ich einen Bogen, zu dem Zaun, der wohl mein neuer Platz wird. Nur dass sich die gewohnte Ruhe nicht einstellt. Ich kann mich nicht auf die Stille um uns herum konzentrieren, weil es eben kein »um mich herum« mehr ist. Es ist jetzt ein »um uns herum«. Und aus irgendeinem Grund stört mich das.

Stattdessen zähle ich die Bäume, die ich in der Dunkelheit erkennen kann. Gut, so dunkel ist es nicht. Der Mond scheint und in den Nächten, in denen er es nicht tut, habe ich mein Handy mit der Taschenlampen-App dabei. Lebensmüde bin ich nicht. Wer weiß, was hier rumliegt und was für Tiere hier streunern. Ohne Licht kann man sich das gar nicht wagen. Manchmal funktioniert die Straßenlaterne, die in gar nicht so weiter Entfernung steht. Ich weiß, dass das hier mal, dieses Feld, einen Kiesweg besaß. Es war eine Straße, um zu den Schrebergärten auf der anderen Seite zu kommen. Keine Ahnung, wieso die Straße zugewachsen ist und wieso als einziges Überbleibsel der damaligen »Zivilisation« diese Bank, der Zaun und die Laterne übrig geblieben sind.

Es gibt hier übrigens drei Bäume in nächster Nähe. Drei große Tannen, alle unterschiedlich groß. Sie erinnern mich ein kleines bisschen an meine Familie. Und da ist er wieder – der merkwürdige Kerl in mir. Wer vergleicht sich auch sonst mit Bäumen. Niemand außer mir, nehme ich mal an.

Dahinter stehen noch mehr, aber ich kann nur ihre Wipfel ausmachen, doch wer weiß schon, wo ein Baum anfängt und ein anderer aufhört.

Ich bleibe eine Stunde. Länger halte ich die Nicht-Stille nicht aus.

Verdammtes Mädchen mit der verdammten Wollmütze. Ist es zu viel verlangt, wenn ich wenigstens einen Ort habe, an dem ich nur ich bin?

Everyday at midnight {I look up to the stars}Where stories live. Discover now