Everyday at midnight {I look up to the stars}

■ 29

»Elias, ich muss mit dir reden.«

So fängt ein Gespräch an, das ich nicht führen will. Es war ja zu erwarten, dass irgendwann einmal der Punkt erreicht ist, an dem sich alles ändert. Die plötzliche Kehrtwende, der Plottwist, der große Handlungsumschwung. Jede gute Geschichte hat so eine. Die meisten befinden sich kurz vor Ende, auf der Zielgeraden. Die Hauptperson ist eine Frau, ein Baby wird auf den Treppenstufen gefunden, in Wahrheit sind alle Figuren Zombies. Sowas eben.

»Hörst du mir zu?«

»Ich glaube nicht, dass ich das will«, erkläre ich ehrlich und fasse mir an den Nacken.

Jo kam heute nach mir an, was an sich schon sehr merkwürdig ist. Dann lehnte sie meinen Cupcake ab. Und jetzt das. Sie wird sicher mit mir Schluss machen. Wir waren nicht einmal ein Paar und sie wird mir einen Korb geben. Was bitte sagt das über mich aus?

Elias Moon, der ewige Junggeselle, der im Alter mit 72 Katzen und einer Gans im Haus seiner Eltern leben wird. Wieso eine Gans? Das weiß niemand, denn er ist ja verrückt geworden, als er sich 72 Katzen statt einer Frau angeschafft hat.

Sie boxt mich in die Seite, in den Oberarm und lacht. Tut sie nicht oft. Ist doch ein gutes Zeichen, oder?

»Ich verreise doch nur. Angsthase.«

»Wohin?«

Sie schweigt einen Moment, daher weiß ich, dass sie lügt. »Zu meiner Tante.«

Wieso belügt sie mich? Ich bin ihr scheinbar echt nichts wert, dass ihr das so leicht fällt. Wohin geht sie dann? Zu ihrem Freund? Weg von mir? Will sie mich nur nicht mehr sehen? Wieso sind Mädchen nur so verdammt kompliziert? Wenn ein Junge sowas abziehen würde, wäre er gleich wieder der Bad Boy, den niemand haben will. (Nicht zu verwechseln mit dem Bad Boy secretly Good Boy, den JEDE haben will)

»Schreiben wir dann?«, frage ich mit einem Lächeln und der Hand noch immer im Nacken, wodurch ich irgendwie von unten hochsehe. Mir fällt ein Abdruck auf ihrem Hals auf. Der ist neu.  Als sie sieht, wohin ich starre, zieht sie den Reißverschluss ihrer Jacke hoch.

Na toll. Ein Knutschfleck. Ich wünschte, sie wäre ein Geist. Das wäre weniger dumm gelaufen wie das hier.

»Eher nicht. Hab da kein Internet.«

Klar. Man kriegt selbst am Nordpol WiFi-Verbindung, aber Jo hat bei ihrer Tante kein Internet. Logisch. Leuchtet mir echt ein.

Sie steht auf und küsst mich auf die Wange, was ich einfach so geschehen lasse.

»Ich werde wiederkommen«, sagt sie leise und zugleich eindringlich, was mich an etwas erinnert.

»Lass es nicht wie etwas klingen, das es nicht ist.«

»Es ist ein Versprechen, Elias. Ich halte meine.«