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"Wir haben einen Plan, wie wir an eine spezielle Waffe gegen Vampire kommen können, die uns unglaublich weiter helfen wird", verriet Dad, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.

Ausnahmsweise hielt er sich mal an die Verkehrsregeln, zumindest die meisten, offenbar wollte er heute keine Aufmerksamkeit erregen.

"Okayy?", machte Miles und Dad fuhr fort: "Naja, eigentlich ist es nicht wirklich eine Waffe ... es ist ein kleines Gerät, mit dem man erkennen kann, ob jemand ein Vampir ist. Man muss es nur auf eine Person richten und wenn es sich um einen Vampir handelt, leuchtet es auf."

Miles hob die Augenbrauen. Wenn es so ein Gerät gab, wieso hatten sie es dann erst jetzt? Damit konnten sie viel einfacher Vampire enttarnen.

"Das Gerät habe ich erst vor kurzem in die Finger bekommen",erklärte Dad, als hätte er Miles Gedanken gelesen.

"Heute müssen wir es nur noch funktionstüchtig machen", fügte Logan hinzu.

"Und wie machen wir das?", wollte Miles wissen und Logan drehte sich ein bisschen nach hinten: "Wir brauchen Vampirblut, um es zu aktivieren."

"Also das machen wir heute."

"Ja", nickte Dad. "Ich weiß, wo wir einen Vampir finden. Das Problem ist bloß, dass er noch leben muss, solange wir das Blut nehmen. Mit einem toten Vampir wird es nicht funktionieren, also müsst ihr ihn festhalten, solange ich das Gerät einschalte."

"Und... das klappt dann?", zweifelte Miles und Logan zuckte mit den Schultern: "Das werden wir ja dann herausfinden."

"Es gibt keine Beweise, dass es wirklich funktioniert, aber ich habe schon oft davon gehört und wenn es wirklich wahr ist, dann können wir bald viel effektiver arbeiten", meinte Dad und hielt den Wagen plötzlich an. "Wir sind da."

Sie stiegen aus dem Wagen und Claire schnaubte: "Ernsthaft? Hier?!"

Miles sah sich ebenfalls zweifelnd um. Sie standen mitten in einer Wohnsiedlung, mit typischen Vorstadthäusern und perfekten Vorgärten, auf dem Gehweg waren noch die Überbleibsel eines Straßenfestes zusehen und morgen früh würden kleine Kinder sich hier auf den Weg zur Schule machen, Väter würden den Rasen mähen und ihren Nachbarn freundlich zuwinken.

Und sie sollten hier einen Vampir überwältigen.

"Ja, genau hier", versicherte Dad ihnen und lief zielstrebig auf ein Haus zu. Sie schlichen vorsichtig durch den Garten, dann gab Dad Miles ein Zeichen, er solle die Hintertür aufbrechen. So etwas könnte er im Schlaf, es war eins der ersten Dinge, die Dad ihnen beigebracht hatte. Während andere Kinder im Kindergarten und in der Grundschule Formen und Farben gelernt hatten, hatten die Lancasters Schlösser geknackt, Autos kurzgeschlossen und Ausweise gefälscht.

Wenige Sekunden später betraten sie das Wohnzimmer. In diesem Haus lebten keine Kinder, das konnte man sehen. Alles wirkte viel zu ordentlich und aufgeräumt, fast als würde niemand hier wohnen.

Plötzlich wurde im ersten Stock eine Tür geöffnet.

Sofort presste Logan sich gegen die Wand neben der Treppe, Claire duckte sich hinter das Sofa und Miles und Dad stellten sich hinter die Küchentür.

Langsame Schritte kamen die Stufen herunter und blieben dann stehen, nur um schließlich noch zögerlicher auf die offene Hintertür zu zugehen.

Von seiner Position aus konnte Miles mittlerweile den Rücken der Person sehen, während sie die Tür schloss.

Miles spürte Dads Hand an seinem Rücken, dann schubste dieser ihn nach vorne und er sprang von hinten auf den Vampir zu. Er schlang ein Seil um seinen Hals und zog fest daran, sodass der Vampir keuchend zurücktaumelte. Schon waren Logan und Claire neben ihm und rissen ihn zu Boden. Seine Augen leuchteten jetzt rot auf und er fauchte, während er mit Händen und Füßen nach seinen Angreifern schlug.

"Dad!", drängte Miles und hielt angestrengt einen Arm des Vampirs fest, sodass Dad das Messer ansetzen konnte.

"Was wollt ihr?!", krächzte der Vampir, doch sie ignorierten ihn, obwohl Miles ihm einen kurzen überraschten Blick zuwarf. Normalerweise sprachen Vampire nie, wenn sie in diesem "Monster-Modus" waren.

Dad schnitt in den Arm des Vampirs, bis Blut heraus lief, dann zog er ein kleines Kästchen aus der Tasche und ließ das Blut darauf tropfen.

"Stopp", flehte der Vampir jetzt und Logan, der mittlerweile das Seil hielt, zog die Schlaufe um seinen Hals enger.

Der Vampir verzog voller Schmerz das Gesicht, hörte aber auf wie wild um sich zu treten.

Dad stand auf und spielte an dem Kästchen rum, das mehrfach aufleuchtete.

"Ich... hab nichts getan", brachte der Vampir hervor. "Lasst mich gehen!"

Claire und Miles warfen sich verwirrte Blicke zu und Logan schnaubte: "Ist klar. Halt die Klappe!"

"Der erste Vampir, der versucht sich als unschuldig auszugeben", lachte Claire.

Miles schwieg.

Was sollte das heißen, er habe nichts getan?

"Es hat funktioniert!", teilte Dad ihnen mit und Claire sah ihn fragend an: "Was machen wir jetzt mit dem hier?"

"Tötet ihn schnell, dann können wir wieder verschwinden", meinte Dad und verschwand schon nach draußen.

"Ich mach das", Logan kramte in seinem Rucksack nach einem Säbel.

"Nein, ich will, biiitte! Ich durfte das schon ewig nicht mehr machen!", bettelte Claire und Logan runzelte die Stirn: "Sicherlich nicht!"

"Komm schooooon!"

Der Vampir begann wieder sich zu wehren, als die beiden abgelenkt waren und schaffte es sich aufzuraffen. Er sprang an den beiden vorbei, doch Miles ließ nicht los, selbst als er in Vampirgeschwindigkeit in den Flur gezerrt wurde. Hastig tastete er nach der Spritze mit dem Vampirgift und rammte sie dem Vampir in den Arm, welcher sofort anhielt und gegen die Wand stieß.

Miles zerrte ihn wieder zu Boden, wo er ihn flehend ansah: "Bitte, ich tue nichts!"

Miles runzelte die Stirn, konnte das stimmen? Obwohl seine Augen rot leuchteten und seine Reißzähne schrecklich aussahen, wirkte er irgendwie ... freundlich?

Wie konnte ein Vampir freundlich wirken? Er war ein Monster. Er trank Blut und tötete Menschen.

Plötzlich kamen Claire und Logan bei ihm an.

"Oh Gott, du lebst noch", rief Claire erleichtert und Logan stürzte sich auf den Vampir, der Miles noch einen letzten verzweifelten Blick zuwarf: "Bitte!"

Miles starrte ihn an, doch im nächsten Moment hatte Logan ihm schon die Kehle durchgeschnitten. Das Leuchten aus seinen Augen verschwand und sein Kopf sackte nach hinten.

Claire zog an Miles Hand: "Komm schon, lass uns abhauen!"


Miles musterte die Leiche vor sich noch einmal. Das hier war doch ein Erfolg, sie hatten einen weiteren Killer aus dem Verkehr gezogen.Wieso fühlte er sich trotzdem so schlecht? So ... schuldig?

Deathly DesireWhere stories live. Discover now