Z W E I.E I N S

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"Wie hast du denn diese Begegnung überlebt?", fragte Lasse fassungslos. "So wie du immer erzählt hast, wärst du sofort tot, sofern du sie nur siehst." "Fern war sie ja nicht einmal, sie saß ihr ja direkt gegenüber", warf Avli ein. Die drei waren wieder auf der Rückfahrt. Jetzt durfte Avli allerdings auf dem Rücksitz mitfahren und musste sich nicht im Kofferraum verstecken. Lasse hatte jedoch darauf bestanden, dass er sich ebenfalls anschnall.

"Ich habe keine Ahnung", antwortete Dorothea. "Wenn ich es mir im Nachhinein so überlege, ist es, als hätte dieses Treffen nie stattgefunden. Es ist so unwirklich." "Es war aber ziemlich real", erwiderte Benno. Als er mit Lasse zurück zu dem Café gekommen war, hatten sie die Frau nur noch weggehen sehen und im ersten Moment gedacht, Dorothea hätte eine Bekannte getroffen. Dann hatte das Mädchen ihnen jedoch erklärt, um wen es sich handelte und was sich zugetragen hatte. "Das gefällt mir nicht", meinte Lasse. "Noch weniger gefällt mir, dass sie uns jetzt noch näher sind als vorher. Wir haben sie ja so gut wie vor der Haustür sitzen."

"Für die Figuren wird es auch nicht einfach sein", überlegte Dorothea. "Diese Welt hier unterscheidet sich in einigen grundsätzlichen Dingen und das bringt sie wahrscheinlich mehr als durcheinander." "Vielleicht haben sie ja auch ihre Magie verloren", sagte Avli. "Kann doch schließlich sein, dass sie die Handschuhe nur anhatte, um dir Angst zu machen." "Komischerweise hat sie mir hier keine Angst gemacht", erklärte das Mädchen."Sie und ich wissen genau, dass ich hier im Vorteil bin, weil ich seit fast sechzehn Jahren hier lebe. In diesem Fall wäre ich ihr hier haushoch überlegen."

"Das möchte sie vielleicht ausnutzen", überlegte Lasse weiter, während er auf die Schnellstraße abbog. "Man kann es ihr ja nicht verübeln. Ich würde auch so schnell wie möglich in meine eigene Welt zurückkehren wollen und wenn es eben nur so geht, dass ich mich sozusagen mit meinen Feinden verbünde, dann müsste ich eben in den sauren Apfel beißen. Betrachtet man es als großes Ganzes, dann wäre der Feind das kleinere Übel an der Sache."

"Das Problem ist ja nur, dass wir selbst keinen Plan haben, wie wir sämtliche Buchfiguren zurück in ihre eigene Welt schicken", meinte Dorothea zerknirscht. "Irgendwie müssen wir uns etwas einfallen lassen." "Irgendwie klingt gut." Der kleine Drache streckte sich und rollte sich auf seinem Sitz zusammen. "Du willst jetzt aber kein Nickerchen machen, oder?", fragte Lasse mit einem Blick in den Rückspiegel. "Wir sind gleich wieder da."

"Das ist mir egal, aber beim Schlafen kommen mir meistens die besten Ideen", erklärte der Drache. "Das ist mir zwar neu, aber wir können es gerne probieren", sagte Benno. "Wir werden schließlich nicht drum herum kommen, uns etwas einfallen zu lassen."


"Schön, dass ihr wieder da seid", freute sich Ludmilla. "Habt ihr alles bekommen?""Natürlich", antwortete Dorothea. "Wir brauchten uns nicht einmal darum zu prügeln. Außer uns wollte die heute anscheinend keiner haben." Benno und Lasse luden das Auto aus und gaben Ludmilla den Schlüssel zurück. "Gleich dürfte noch der Architekt kommen", sagte Ludmilla.

"Der Architekt?", fragte Dorothea. "Matthias hat ihn bestellt. Damit wir mit den Umbauarbeiten am Schloss beginnen können, brauchen wir einen Architekten, der uns dabei hilft. Nicht nur, dass wegen des Denkmalschutzes etliche Vorgaben einzuhalten sind, auch was das Gemäuer angeht und so weiter. Als Heimhandwerker kommt man in unserem Fall nicht weiter." Ein Motorengeräusch ertönte und eine graue Limousine befuhr die Einfahrt.

"Das ist er schon", stellte Ludmilla fest. Die vier warteten noch vor dem Eingang, bis der Architekt aus seinem Auto ausgestiegen war. "Das ist ja mal ein schöner Empfang", freute sich dieser. "Den roten Teppich hätten wir auch noch ausgerollt, wenn wir einen hätten", erklärte Ludmilla lachend. Sie gab dem Architekten die Hand und dieser schüttelte auch den drei Jugendlichen die Hand. "Elton Carter", stellte er sich vor.

"Das ist also das Schmuckstück, das eine Renovierung benötigt?" "Genau", antwortete Ludmilla. "Ich bringe Sie mal zum Hausherrn, der wird alles weitere mit Ihnen besprechen." Sie geleitete den Architekten ins Innere des Hauses. Plötzlich zupfte etwas Benno am Hosenbein. "Was ist denn?", fragte er und guckte nach unten, wo Avli stand. "Fällt euch denn nichts auf?", fragte der kleine Drache. "Was soll uns denn auffallen?", fragte Lasse zurück. "Der Typ sieht doch genauso aus wie der Psychologe aus der Zeitung!", antwortete Avli energisch. "Ihr habt es doch erst in der Zeitung gelesen. Das könnt ihr doch schon nicht wieder vergessen haben."

"Jetzt, wo du es sagst", überlegte Dorothea. "Eine gewisse Ähnlichkeit ist vorhanden." "Nicht nur eine gewisse Ähnlichkeit", widersprach der Drache. "Das könnte ein und dieselbe Person sein. Wenn sie es nicht sogar ist." "Ich denke, sowohl als Psychologe als auch als Architekt hat man mehr als genug Arbeit und braucht keinen Zweitjob", wehrte Benno ab. "Und Menschen, die sich ähnlich sehen, hat es schon immer gegeben."

"Wollen wir vielleicht noch mal ins Büro gehen und nach Xenia gucken? Vielleicht kommt uns ja dabei eine Erleuchtung", schlug Lasse vor. "Oh ja, vielleicht ist Xenia inzwischen aufgewacht", sagte Avli und stürmte mit einer Geschwindigkeit ins Schloss, die man dem Drachen gar nicht zugetraut hätte. "Dann wollen wir mal sehen", seufzte Dorothea und die drei Jugendlichen folgten Avli. Da hatten sie den Architekten schon wieder vergessen.

Thunderstorm - Das Vermächtnis (Buch II)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt