VENTUNO (x)

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Gabrièle holte mich wieder mit seinem ratternden Bike ab. Er hatte sogar einen zweiten Helm dabei. „Was treibst du in dieser Gegend?", begrüsste er mich. „Ich habe einen Freund besucht", erwiderte ich und nahm den Helm an. „Aha..." Er sah mich merkwürdig an, fragte aber nicht weiter.

Er fuhr schweigend durch die zerklüftete Gegend, bis er es doch nicht mehr aushielt. „Was läuft denn zwischen dir und diesem Riccardo?" „Woher weisst du überhaupt von ihm?", überging ich seine Frage. „Cordelia hat mir davon erzählt." „War ja klar." „Also, was ist mit ihm?", hakte er nach. „Ich weiss es ehrlich gesagt auch nicht", gab ich seufzend zu. Gabrièle zögerte kurz aber erzählte dann. „Er treibt anscheinend krumme Dinge. Du solltest dich vor ihm fernhalten." „Das hat Cordelia mir auch schon gesagt." „Aber dennoch magst du ihn." „Er ist nett." „Das bin ich auch." Darauf wusste ich nichts zu erwidern. Wäre ein ich weiss angemessen? „Cordelia mag ihn auch nicht", sagte ich stattdessen. „Ich frage mich wohl warum", bemerkte er bissig. „Aber wieso denn nicht?", entgegnete ich wütend. „Hast du es denn noch nicht bemerkt? Er gehört zu der Mafia, Viola! Er betreibt oder unterstützt dreckige Geschäfte jenseits der Legalität. Und ich meine nicht dass er vielleicht Raubkopien von Liedern macht!" „Aber wie kommst du darauf? Er kann ja hier wohnen ohne gleich Mitglied der Cosa Nostra zu sein!" Er hatte es wohl nicht allen, wie mir, es auf die Nase gebunden mit was er seine Brötchen verdiente. Gabrièle schnaubte. „Hier in dieser Gegend wohnen nur hohe Tiere der Cosa Nostra! Das hier nicht jeden Tag eine Razzia stattfindet liegt wohl an den gekauften Polizisten und Politikern." Ich schwieg dazu und auch Gabrièle hielt den Mund. „Und was nun?" „Ich bringe dich zu deinen Nonni, wie du mich gebeten hast." „Damit ich dort gelangweilt dort rumgammeln muss?! Nimm mich doch bitte irgendwohin!" „Was ist aus dem spiesigen, verklemmten Mädchen vor ein paar Tagen passiert? Du mochtest ja nicht mal ein Bier trinken. Mit der Fete mit Cordelia und Riccardo solltest du doch für ein ganzes Leben genug von Parites haben." „Mir hat es gefallen." „Tatsächlich?" „Ich würde dich ja nicht um eine weitere bitten ,wenn nicht." „Ich lade dich zuerst mal ab und dann höre ich mich mal um", versprach er versöhnlich. Er hielt an und ich sprang vom Sitz und übergab ihm den Helm. Er wehrte ab und drückte ihn mir wieder in die Hände. „Ich würde ihn nur irgendwo vergessen. Wir sehen uns ja nochmal und da wirst du ihn ja brauchen." „Vielen Dank!", sagte ich aufgeregt und drückte ihm einen Schmatzer auf die Wange. Freudig hüpfte ich, im Rücken sein überraschtes Gelächter, die Treppen hinauf und liess die Kälte im Treppenhaus willkommen.

Eine wütende Nonna erwartete mich. „Wo hast du gesteckt?" „Ich war bei Freunden." War ja nicht mal gelogen. Nur Elenora zählte definitiv nicht zu meinen Freunden. „Und was ist das für ein Junge mit dem du dich herumtreibst?" „Riccardo?", fragte ich erstaunt. „Und warum lässt du Gabrièle für diesen", sie fuchtelte wild mit dem Finger herum, „Jungen fallen?" „Fallen lassen?", wiederholte ich perplex. „Anscheinend steckt dieser Riccardo in dreckigen Machenschaften. Mädchen lass die Finger von ihm und lass dich nicht von ihm ihn Sachen verstricken die du sicherlich gar nicht willst!", mahnte sie. Zu spät. „Dabei ist Gabrièle so vernarrt in dich! Anscheinend redet nur noch von dir!" „Vernarrt in mich?!" „Das wäre doch perfekt! Ihr beiden zusammen!" Wir redeten aneinander vorbei. Bestürzt ging ich in mein Gästezimmer und legte meine Tasche auf den Boden. Das warf mich etwas mehr aus der Bahn als es sollte. Das nervenaufreibende Gespräch mit Elenora und dann noch das! Ich liess mich angezogen auf das Bett fallen und schloss die Augen.

„Viooolaaa! Gabrièle wartet hier!", rief meine Nonna entzückt. Schlaftrunken richtete ich mich auf und streckte mich mit geschlossenen Augen. War ich wirklich eingeschlafen? Wie sollte ich nach dieser Offenbarung ihm nur unter die Augen treten?! Das war so verdammt peinlich! Meine Kleider waren heillos verknittert und in der Erwartung auf eine Feier zog ich mir ein schwarzes Kleid über und trug etwas Wimperntusche auf. Meine Tasche packte ich nicht neu sondern schnappte sie mir einfach vom Boden und flitzte ins Wohnzimmer.

Gabrièle entzückte meine Nonna und wir konnten nach einem kurzen Geplänkel aus der Wohnung. „Wohin diesmal?" „Keine Ahung. Marco hat irgendwas von einer Party in der Stadt erzählt und ich dachte das passt." „Ja ist super", meinte ich schüchtern und sah peinlich berührt stur auf meine Füsse.

Irgendjemand hatte anscheinend eine Prüfung bestanden und veranstaltete diese Feier. Die Bässe der lauten Musik wummerten durch die gesamte Wohnung. Die Fenster waren geschlossen und es war nur spärlich Licht sonst vorhanden. Wir waren kurz auf die nicht-Zwillinge getroffen, Cordelia aber sahen wir nicht. Gabrièle und waren immer beieinander. An der Bar, auf der Tanzfläche, auf dem Balkon um Luft zu schnappen. Die Nacht war schwül und die Mücken surrten um uns herum. Wir waren die einzigen auf dem Balkon. Die Raucherfraktion war wenige Minuten vorher abgezogen. Angestrengt sah ich in dem Himmel um ein paar Sterne zu entdecken. Leider war die Stadt zu hell und versteckte die Dunkelheit mit den Sternen. „Was suchst du'", fragte er als er näher an mich herangetreten war. „Die Sterne" Sein warmer Atem streifte mich. „Nichts anderes?" „Doch das Heilmittel gegen Krebs aber das wird noch etwas dauern", erwiderte ich trocken. Er gluckste. „Das mag ich an dir. Dein unverwechselbarer Humor" Zögerlich sah ich in seine funkelnden Augen. Seine putzigen Locken hingen ihm in die Stirn. Er beugte sich entschlossen zu mir hinunter und ein anderes Gesicht schob sich vor seines. Eins mit eigenwilligen Zügen und schwarzen Haaren. Unsere Lippen trafen sich und ich schloss die Augen. Aber irgendwas war hier falsch. Einfach das Gefühl. Ich öffnete die Augen wieder und sah wieder Gabrièle. Bisher war ich nur von Riccardo geküsst worden und dass er das nun tat passte mir irgendwie nicht. Ich entfernte mich ein wenig und auch er sah mich an. „Nein" Etwas enttäuscht trat er auch einen Schritt zurück. „Du bist ihm also doch verfallen", bemerkte er traurig. „Das ist Blödsinn. Wir streiten uns nur und kennen uns nicht einmal wirklich!" „Das ist deinem Herz egal. Es hat seine Entscheidung gefällt."

Ein Sommer in der HeimatWhere stories live. Discover now