Machtspielchen

890 54 0
                                    


Zum wiederholten Male stellte Johanna fest, dass sie nicht mit Johns Offenheit gerechnet hatte. Nicht nur, dass er beinahe vom Moment ihres Eintretens an deutliches Interesse an ihr gezeigt hatte, nun sprach er auch noch ohne Umwege aus, was er hier heute Abend anstrebte. Sie musste zugeben, es war ihm hoch anzurechnen, dass er keine Spielchen spielte, sich nicht hinter schönen Worten und leeren Liebesschwüren versteckte, doch der romantische Teil in ihr war dennoch enttäuscht. Sie wollte umworben werden, den Hof gemacht bekommen. Erobert werden. Dass er fragte, ob sie mit ihm schlafen will, und sie darauf Ja sagte, hatte keinerlei erotischen Kitzel in sich.

Sie schaute in ihr Glas, dann, absichtlich langsam, ließ sie ihren Blick hochwandern, bis sie ihm direkt in die Augen sehen konnte: „Ja."

Nur ein Zucken seines rechten Augenwinkels zeigte, dass er ehrlich überrascht von ihrer Antwort war, doch seine Erwiderung war voller Selbstbewusstsein: „Nein. Du lügst. Du wirst mich nicht abweisen."

Sie unterbrach den Blickkontakt nicht: „Doch. Wenn du mich fragst, werde ich dich jedes Mal abweisen."

John lehnte sich noch näher zu ihr, bis schließlich sein Knie ihren Oberschenkel berührte. Sie konnte die Hitze seines Körpers durch den Stoff hindurch spüren, eine Hitze, die sich in ganz anderen Regionen bei ihr spiegelte. Wenn John sich mit all seinen Sinnen auf eine Frau konzentrierte, war es unmöglich, sich ihm zu entziehen. Es musste einfach allen anderen Frauen auch so gehen, sie war nicht die einzige, die so heftig auf ihn reagierte. Es konnte einfach nicht sein, dass irgendeine Frau ihm widerstehen konnte. So kontrolliert wie möglich atmete Johanna ein und aus, während sie auf deine Antwort wartete.

„Ich spiele keine Spielchen, Johanna", sagte John schließlich leise: „Frauen kommen zu mir, nicht ich zu ihnen."

Er war so arrogant. Johanna verstand, welches Problem Mark mit ihm hatte. Er erwartete, dass die Frauen ihm nachliefen, und sie taten es tatsächlich. Egal, wie sehr sich ein Arne oder ein Mark oder sonst jemand von der Crew bemühte, sie konnten einer Frau solange den Hof machen, wie sie wollten, wenn John Interesse zeigte, hatten sie verloren. Und das wusste John nur zu genau.

„Dann haben wir uns kaum noch etwas zu sagen", gab sie ebenso leise zurück. Um ihre Worte zu unterstreichen, erhob sie sich von ihrem Stuhl, griff nach dem Whiskyglas und leerte den letzten Rest in einem Zug. Entschlossen stellte sie es zurück, doch ehe sie sich endgültig abwenden konnte, umschloss die raue Hand von Jonathan ihren Arm.

„Du wirst mich nicht so einfach hier sitzen lassen!", zischte er zwischen zusammen gepressten Zähnen hervor. Mit überlegener Stärke zwang er sie dazu, sich wieder hinzusetzen.

Ihr Atem beschleunigte sich: „Du verstehst nicht, Jonathan. Du bist ein erwachsener Mann, aber du verstehst offensichtlich nichts von Frauen."

Ein ungläubiges Schnauben entfuhr ihm: „Sicher. Red dir das nur ein. Wenn ich so wenig von Frauen verstehe, erklär mir mal, wieso ich jetzt sofort jede einzelne von denen dort hinten haben kann?"

Johannas Blick fiel auf die Sofa-Ecke, in der inzwischen jede andere Frau ein Bandmitglied oder jemanden von der Crew zum Flirten gefunden hatte. Es war offensichtlich, dass alle immer wieder ganz kurze Blicke zu Jonathan warfen, beinahe sprungbereit, sollte er ihnen ein Zeichen geben. Sie schüttelte den Kopf: „Das sind Fans, die hierherkommen, weil sie Sex mit einem von euch haben wollen. Sie machen keinen Hehl daraus. Zwischen einem Mann und einer Frau, die dasselbe wollen, ist kein aufwändiger Balztanz notwendig."

Sie schaute zu ihm zurück, gerade rechtzeitig genug, um sein Augenrollen zu bemerken. Kühl erklärte er: „Wenn du denkst, dass ich dir hier ewige Liebe schwöre, nur, weil du ein bisschen anders aussiehst als die anderen, hast du dich geschnitten."

Der Sommer ihres Lebens ✔️Where stories live. Discover now