Kapitel 8

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Nachdem ich abends irgendwann auf dem Sofa eingeschlafen war, hatte mich Eugen hochgetragen und ins Bett gelegt. Er selber war dann zurück auf's Sofa. Ich wurde vom Sonnenaufgang wach, der warm durch's Fenster schien. Auch wenn es fast November war, war es noch recht warm draußen. Allerdings freute ich mich darüber dass es die ersten Anzeichen des Winters gab. Als ich die Treppe hinunter lief, lag Eugen auf dem Sofa und schlief tief und fest. Ich öffnete die Tür zur Terrasse und setzte mich mit einer Decke auf einen der Stühle die dort rumstanden. An sich war es ganz schön so, abgeschottet von allem. Einfach nur für sich zu sein. Da bemerkte ich dass mein Handy klingelte. "Hallo?" Eine weile hörte ich nichts, dann einen leichten Atem. "Ella?" Sofort wusste ich wer es war. "Was willst du?", brummte ich genervt und seufzte danach. Grundsätzlich wollte ich nicht so zu ihm sein, aber es war zum Selbstschutz. "Wo bist du ist die bessere Frage?" Da fiel mir ein, es war abgemacht dass er zur Sitzung kommt. "Nicht da, wie du bemerkt haben solltest." Nun seufzte er. "Hör auf mit den Spielchen. Wo bist du? Ich mach mir sorgen und mir will keiner was sagen." "Ja, weil es dich nichts angeht wo ich bin und was ich mache. Du hast selber gesagt das alles sei ein Fehler gewesen.." "ELENA, HÖR AUF DAMIT. Ich habe dir gesagt dass mir das verdammt leid tut und ich dir damit nicht wehtun wollte, aber nach all dem hab ich gemerkt, wie verdammt richtig es war." "Leider zu spät.", war alles was ich sagte und legte auf. Noch dreimal rief er an, aber ich ließ es klingeln. Ich hatte keine Kraft dafür, mir seine gelogenen Geschichten anzuhören, es war mir einfach zu viel. Wie auf Knopfdruck, stand Eugen in der Tür und rieb sich die Augen. "Was ist los?" "Tut mir leid dass ich dich geweckt habe." Er grinste. "Ach was, ist schon okay. Mit wem hast du gesprochen?" Ich zuckte mit den Schultern. "Nicht wichtig." "Christian?" Ich schwieg. Ich wollte seinen Namen nicht hören und nicht einmal an seine Existenz denken. "Was wollte er?" "Mich wieder volllügen, wissen wo ich bin." Ich schaute auf meine Hände, in denen ich noch immer mein Handy hielt. Dieses hatte ich monatelang nicht angefasst, da Christian mein Hintergrundbild war, ich brachte es allerdings auch nicht über's Herz, es zu ändern. "Was bedrückt dich?", fragte Eugen leise, zog einen Stuhl vor mich und setzte sich. Dann nahm er mein Gesicht in seine Hände, sodass ich ihm in die Augen blicken musste. Unkontrolliert und ungewollt rollten die Tränen los, auf einmal schmerzte es wieder so und am liebsten hätte ich das Essen vom Vortag ausgekotzt, in der Hoffnung es würde mir dann besser gehen. Er zog mich in eine Umarmung, was es aber nicht besser machte, stattdessen begann ich loszuheulen und krallte mich in seinem T-Shirt fest. "Beruhig dich, alles wird gut. Ich bin da." Diesen Satz wiederholte er gefühlte 1000 mal, bis ich mich endlich beruhigt hatte. "Du bist der erste Mensch der Gefühle und Emotionen in mir weckt." Er lächelte schief, aber man sah ihm an dass ihm danach wirklich nicht war. Er strich sanft mit seinem Daumen über meine Wange, dann legte er seinen Kopf auf meinen. "Du bist das erste Mädchen dass mich aus dem Sumpf zieht, in dem ich kniehoch stehe." Erschrocken blickte ich ihn an. "Was meinst du?" "Naja, seitdem ich meine Ausbildung abgeschlossen habe, frage ich mich wirklich ob ich für diesen Beruf geeignet bin und ob ich meiner Schwester das bieten kann, was sie verdient. Ich bin kein guter Mensch gewesen und frage mich selber manchmal weshalb ich noch lebe, abgesehen davon dass meine Schwester mir das Leben gerettet hat." Ich blickte ihn noch immer in die Augen, versuchte ihm den Schmerz zu nehmen. "Jetzt bist du allerdings ein guter Mensch. Du hast dich dazu entschieden anderen Menschen zu helfen, darauf solltest du wirklich stolz sein. Deine Schwester hat ihren großen Bruder der für sie sorgt und ihre die nötige Liebe gibt, die sie braucht. Was sollst du ihr sonst noch geben? Nichts materielles ist vergleichbar zur Liebe eines nahestehenden Menschen..", weiter kam ich nicht, da sich ein Lippenpaar auf meins presste. Eugen war anscheinend noch viel mehr in mich vertieft gewesen, als ich vorher. Nach dem Kuss, den ich schnell erwiderte, stellte er den Stuhl neben mich und nahm meine Hand. "Weißt du, ich habe bisher eine Freundin gehabt, viele Frauen für eine Nacht, um dieses Mädchen zu vergessen. Ich habe immer gedacht ich werde sie nie aus meinem Kopf bekommen. Bis du kamst. Plötzlich konnte ich mich nicht mal mehr an ihren Namen erinnern." Er zitterte, man merkte dass er nicht gut darin war, denn ich war es auch nicht. Körperkontakt, die ganzen Küsse, all das war ziemlich neu für mich, nach dem einmaligen Sex mit Christian. Ich schwieg nur, legte meinen Kopf auf Eugen's Schulter ab, der sein Herz ausschüttete. "Ich möchte dich echt nicht zu meinem Therapeuten machen." "Eugen, es ist schön zu hören dass es einen Menschen gibt, der sich einigermaßen für mich interessiert. Und deshalb möchte ich mich für dich interessieren." Ich spürte wie er lächelte und seinen Kopf auf meinem ablegte. "Ich wünschte ich wäre dir viel früher, auf anderen Wegen begegnet." Ich schloss meine Augen. "Vielleicht wäre es dann aber nicht so, wie es jetzt ist." Er strich mit seinem Daumen über meinen Handrücken und seufzte. "Ich weiß nicht ob ich derjenige bin, der deine zerbrochenen Teile wieder zusammen bringen kann." "Versuch's." Ich legte mein Kinn auf seiner Schulter ab und schaute ihm in die Augen. Sie leuchteten in diesem wunderschönen grün und ließen mich grinsen. "Warum grinst du so?" "Wegen dir." Er guckte verwirrt. "Mir?" "Ja, du bist wunderschön." Er errötete leicht und lächelte dazu. "Und du erst." Eine Weile saßen wir da so, vermutlich einige Stunden, denn als er aufstand, war die Sonne bereits über dem Meer, was Mittag bedeutete und mich zum Essen rief. "Wir müssen was essen, besonders du.", sagte er und stand auf. "Eugen?" Er blieb stehen und schaute mich an. "Ist das richtig?" Er runzelte die Stirn. "Was meinst du?" Ich blickte zum Strand und schluckte. "Das mit uns." Er atmete tief ein und küsste mich. "Für mich fühlt es sich verdammt richtig an." Seine Augen blickten tief in meine. "Für dich auch?" "Ja.", sagte ich leise. "Dann isst du jetzt was." Mit diesen Worten verschwand er im Haus und ich kuschelte mich wieder in die Decke auf der ich saß. Es war für mich Neuland, was ganz anderes. Aber es war verdammt schön.

Unbroken / Slow UpdatesWhere stories live. Discover now