Caja

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Liebe ist widersprüchlich.

Dass ich ihn liebe, ist vollkommen unnatürlich, gegen jegliches Klischee und trotzdem ist es Liebe.

Das, was mir passiert ist, das was mir angetan wurde, einfach alles – ich will es nicht beschönigen. Das kann ich nicht. Es geht einfach nicht.

Manche Dinge im Leben brennen sich so tief in die Seele, dass nichts und niemand den Schmerz je wieder lindern kann, den sie verursacht haben.

Auch Casper kann das nicht. Nicht, weil er nun mal ein Teil dieser Dinge ist, sondern weil das niemand kann.

Das einzige, was er tun kann, ist, das Jetzt schön zu machen. Das, was war, gehört zu mir, unwiderruflich. Aber wisst ihr, was noch viel wichtiger ist? Das, was kommt. Das, was werden wird. Und jede Sekunde, die ich jetzt lebe, war vor einigen Augenblicken noch die Zukunft und deswegen ist es so unendlich wichtig, dass ich das Beste aus dem mache, was sich mir bietet. Jederzeit.

Und dabei hilft Casper mir, jeden einzelnen Tag.

Hat er einst alles zerstört, was mein Glück ausgemacht hat, so baut er es heute Stück für Stück wieder auf.

Sei es, wenn wir abends auf der Couch sitzen und Zula, unser kleiner Engel, auf seiner Brust einschläft.

Sei es sein Lachen, wenn mir etwas Ungeschicktes passiert und die Art, wie er mich dann an sich zieht, meine Stirn küsst und sagt, dass ich bitte niemals aufhören soll, tollpatschig zu sein.

Sei es sein Blick, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme und mich nach einem langen Tag in der Klinik nach seinem Geruch, seinem Geschmack, seiner Wärme sehne. Die Liebe, diese unsagbar große Liebe in seinen Augen, nicht nur in diesen Momenten – sie zeigt mir, dass es richtig ist. Dass wir richtig sind.

Seien es diese Kleinigkeiten, die alles noch viel realer machen. Wenn er mich neckt, wenn er seinen Arm um meine Taille legt und mit dem Daumen immer wieder über meine Seite streicht. Wenn er unsere Tochter bei Mensch-ärger-dich-nicht gewinnen lässt.

Keiner versteht, wie glücklich er mich macht. Keiner.

Nicht mal ich verstehe es. Obwohl ich genau deswegen jahrelang studiert und alles dafür gegeben habe, dieses Phänomen, das man an uns diagnostiziert hat, zu durchschauen.

Der Punkt ist, dass die Diagnose nicht stimmt. Es passt nicht. Es ist nicht so, wie sie denken. Es ist einfach nicht so. Weil es nicht weg gegangen ist, als alles vorbei war. Weil es in meiner Brust nicht aufgehört hat zu flattern, wenn ich an ihn gedacht habe. Weil es kein Syndrom ist.

Casper ist der Ursprung von so viel Qual, die ich durchleben musste.

Aber er ist auch der Grund, wieso ich nicht schon längst meine Arme aufgeschlitzt habe, um meine schwarze Vergangenheit aus mir raus fließen zu lassen. Wieso ich mich nicht schon längst von einem Wolkenkratzer gestürzt habe.

Liebe ist Leben. Liebe ist jetzt. Liebe, das sind wir.

Die Definition von LiebeWhere stories live. Discover now