Romy

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„Schatz, bist du so weit?"

Mein Atem geht schnell, meine Hände zittern. So aufgeregt war ich schon ewig nicht mehr. Das letzte Mal beim Antrag.

Unruhig nästele ich an meinen Haaren rum, die Kimi mir vorhin hochgesteckt hat. Sie wird mich dafür umbringen. Sie hat sich so viel Mühe gegeben und es sah wirklich fantastisch aus. Dank meiner Nervosität und meiner blöden Angewohnheit, mit meinen Haaren rumzuspielen, sehe ich mittlerweile sicher aus wie ein gerupftes Huhn.

Immerhin sitzt das Make-Up. Ich trage sogar wasserfeste Wimperntusche, obwohl ich mich sonst so gut wie nie schminke. Auch das hat natürlich meine kleine Schwester arrangiert.

Wenn ich so recht darüber nachdenke, war das einzige, was ich ohne ihre Hilfe zustande bekommen habe, die Wahl des Brautkleids. Zu dem Zeitpunkt war sie mit ihrem Freund in Australien. Work and Travel, nennt sich das. Für die Hochzeit, für meine Hochzeit, für unsere Hochzeit, ist sie natürlich wieder her gekommen.

„Romy?"

Tief durchatmend schließe ich die Augen, versuche mich etwas zu beruhigen und streiche über den Übergang von der Korsage zum weit fallenden Rock meines Kleides.

„I...ich bin soweit", rufe ich mit gefährlich bebender Stimme.

Hinter mir fällt eine Tür ins Schloss.

„Schatz?"

Langsam drehe ich mich um. Dad sagt einen Moment lang gar nichts. Er strahlt mich einfach nur an.

Und dann wischt er sich eine Träne aus den Augenwinkeln.

„Mein wunderschönes Mädchen", flüstert er.

Jetzt bin auch ich kurz davor, zu weinen, laufe, immer noch etwas holprig, auf meinen Vater zu und lasse mich von ihm in die Arme nehmen. Er hält mich fest, obwohl er sicherlich selbst weiche Knie hat.

„Ich bin so stolz auf dich", murmelt er. Ich sage nichts, konzentriere mich nur auf seine Wärme, die er ausstrahlt. Meine Hände sind eiskalt.

„Ich glaube, wir können", sage ich nach einer Weile.

„Das glaube ich auch", antwortet Dad, hält mich an den Schultern und nimmt mich etwas auf Abstand, um mich ansehen zu können.

„Du siehst wunderschön aus, mein kleines Mädchen", lächelt er.

„Hör auf, Daddy. Sonst muss ich weinen und dann schimpft Kimi", lache ich. Er nickt schnaubend, greift nach meiner Hand und wartet darauf, dass ich das Zeichen gebe. Das Zeichen, dass ich bereit bin.

„Okay", schaffe ich es nur noch zu hauchen und meine Beine, die mich jetzt seit acht Jahren wieder tragen können, schweben förmlich Richtung Tür.

Gleich ist es soweit.

Dad drückt die Klinke runter und wir betreten den Flur. Die Zimmertür neben mir ist noch verschlossen. Wir müssen warten.

Ich zähle die Sekunden. Umso schneller sie vergehen, desto schneller geht mein Traum in Erfüllung. Desto schneller bin ich da, wo ich seit zehn Jahren sein möchte. Wo wir sein möchten.

Bei Sekunde siebenundzwanzig öffnet sich die Tür neben mir.

Bereit?"

Mein Herz macht einen Hüpfer, bei der glockenklaren Stimme, in die ich mich verliebt habe. Seit dem ersten Tag.

„Bereit", antworte ich.

Und dann greife ich nach Leas Hand und wir machen uns gemeinsam, in unseren schneeweißen Kleidern, auf den Weg zum Altar.

Die Definition von LiebeDove le storie prendono vita. Scoprilo ora