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Genervt schäle ich mich aus meinem Schlafsack und öffne den Reißverschluss des Zelts. Um Laura nicht zu wecken schließe ich ihn von außen sofort wieder so leise wie möglich und stapfe in die Dunkelheit. Blöderweise habe ich vergessen mir Schuhe anzuziehen und es hat angefangen zu regnen. Meine Jacke halte ich wie eine Plane über meinen Kopf, um wenigstens etwas weniger nass zu werden. Eine Weile laufe ich durch die Gegend, bis ich mich auf einen Stein setze. Mein Blick richtet sich auf das Meer, welches unruhig zu sein scheint. Kein Wunder bei diesem Wetter. Mein Problem ist, dass ich einfach nicht schlafen kann. Liegt wahrscheinlich am Vollmond. Es ist völlig absurd, aber selbst wenn ich nicht weiß dass Vollmond ist kann ich einfach nicht schlafen.

Und ich mache mir auch Sorgen. Dabei gibt es dafür ja eigentlich gar keinen Grund. Mir geht es gut. Ich befinde mich in Südafrika. Mir könnte es doch gerade nicht besser gehen. Ich bin gesund, ich darf zur Universität gehen, ich habe eine tolle beste Freundin und ich bin in Südafrika. Ich lerne ständig neue Freunde kennen und ich befinde mich im Kampf um den Bachelor.

Aber gerade das ist der Punkt. Die Erkenntnis, dass ich mich in Alex verliebe hat mich schwer getroffen. Ich wollte es nicht wahr haben, schließlich bin ich ja nichtmals freiwillig hier. Aber die Tatsache, dass ich mich von Tag zu Tag, von Treffen zu Treffen, von Gespräch zu Gespräch und von Berührung zu Berührung immer mehr in ihn verliebe trifft mich noch härter, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Ich bin dabei mich Alex zu öffnen. Morgen will ich ihm mein Herz ausschütten und ihn einen wichtigen Teil aus meiner Vergangenheit erfahren lassen. Was ist wenn er mich nicht wählt? Ich bin schließlich nicht alleine, hier sind noch andere Mädchen, die den Bachelor für sich gewinnen wollen.

Was passiert, wenn er sich nicht für mich entscheidet? Wenn Alex mich fallen lässt, wie tief werde ich dann fallen? Natürlich, ich habe immer noch mein Leben Zuhause: Die Uni, meine Freunde. Aber Alex ist so ein essentieller Teil meines Lebens geworden ohne dass ich es wirklich gemerkt habe. Ich sollte doch glücklich sein, aber ich bin es einfach nicht. Nicht bevor ich Alex Mein nennen darf und wer weiß, ob es dazu überhaupt kommen wird.

»Kannst du nicht schlafen?«

Ich zucke erschrocken zusammen. Wie lange habe ich jetzt hier gesessen und vor mich hin gegrübelt? Und wie lange steht Amy schon da? Der Regen ist nicht mehr so stark, aber er ist immer noch da. Ich schüttle den Kopf. Amy setzt sich auf Abstand neben mich.

»Ich auch nicht.«

Eine Weile lang sagen wir beide nichts. Aber was gibt es auch zu sagen? Die Stimmung zwischen uns ist angespannt. Ich will ihr ja verzeihen und das alles vergessen, aber ich bin einfach zu eifersüchtig. Am Anfang wäre mir das Ganze ja noch relativ egal gewesen, aber es war einfach ein blöder Zeitpunkt, einfach zu spät , und Amy war die, die unsere Freundschaft vor Alex stellen wollte und die mir Vorträge über unsere tolle Freundschaft und wie wichtig sie ist gehalten hat.

»Warum hast du das getan, Amy? Warum hast du alles kaputt gemacht? Warum?«, platzt es aus mir heraus. Ich verstehe es einfach nicht und obwohl ich weiß, dass ihre Antwort mir auch nicht helfen wird will ich wenigstens eine Antwort haben. Ich will mir später nicht vorwerfen müssen, dass ich nie gefragt habe.

»Ich weiß es nicht. Es ist einfach passiert. Ich.. Du musst auf jeden Fall wissen, dass Alex nichts dafür kann. Ich habe ihn dazu gebracht, Melissa, es war alleine meine Schuld. Ich weiß, dass das nichts vergessen macht. Ich hasse mich selber dafür. Dafür, dass ich einfach alles kaputt gemacht habe. Die Zeit hier hat so schön angefangen und ich habe alles in die Brüche gehen lassen.«

»Ich verstehe es nicht. Tut mir leid, aber ich verstehe es einfach nicht. Du warst die, die unsere Freundschaft vor alles stellen wollte und du warst die, die ihr eigenes Versprechen gebrochen hat. Ich verstehe es nicht, Amy.«

»Ich weiß. Und ich verlange auch gar nicht, dass du mir verzeihst. Ich will nur, dass du weißt, dass Alex nicht der Schuldige ist. Das ist wohl das einzige, was ich dazu beitragen kann, damit das Spiel fair bleibt.«

Spiel? Für Amy ist das also alles nur ein Spiel? Gut, für mich war es anfangs auch nur ein Spiel, aber ich habe auch nicht mit ihm geschlafen. War das für sie etwa auch nur ein Spiel? Ein Spiel, um andere zu verletzen?

»Ein Spiel also? Was bist du nur für ein Mensch? Wie konnte ich dich bloß so falsch einschätzen? Gute Nacht, Amy.«

Ich stehe auf und gehe schnellen Schrittes zurück zu unserem Zelt. Lieber liege ich noch stundenlang wach, als mir das anzuhören. Und ich hätte wirklich versucht ihr zu verzeihen. Sie hat mir leid getan. Wie konnte ich nur so blind sein? Und wie kann man nur so falsch sein?

Wenn das für sie alles nur ein Spiel ist, wieso geht sie dann nicht einfach? Sie will zu einem fairen Spiel beitragen? Dann soll sie uns doch fair um Alex kämpfen lassen. Wie weit wird Amy hier noch kommen? Wenn sie im Finale steht oder, noch schlimmer, er sich für sie entscheidet, inwiefern ist das fair?

Meine Sorgen sind vollkommen verflogen. In mir ist einfach nur noch diese Wut. Es ist einfach nicht fair. Das Leben ist einfach nie fair. Es ist mir einfach nicht möglich positiv zu denken. Nicht heute Nacht. Und wahrscheinlich auch nicht bei der Nacht der Rosen.

Bachelor Where stories live. Discover now