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"Okay, Kate. Also hier steht, dass der Flieger voraussichtlich gegen vier Uhr nachmittags landet. Könnt ihr mich dann abholen?", frage ich durch mein Handy.

Ich stehe am Gate und warte darauf, dass mein Flug aufgerufen wird. Von Alex musste ich mich leider schon am Eingang des Flughafens verabschieden, weil er nicht durch den Security-Check gehen konnte. Das Frühstück bei Alex' Familie war genauso angenehm gewesen wie das Abendessen am Tag zuvor. Das Essen war großartig und es wurde über vieles gesprochen. Das vermisse ich wirklich sehr. Eine Familie zu haben, mit der man gemeinsam isst und spricht. Seitdem ich alleine wohne war das kaum noch der Fall. Nathan hatte wieder ein paar Witze gemacht, die Karin nur mit einem bösen Blick kommentierte, während der Rest von uns schmunzeln musste.

Da ich meinen Koffer gar nicht erst ausgepackt hatte, musste ich ihn auch nicht wieder packen. Auch Alex registrierte das positiv.

"Ich bin gerade echt froh, dass du deinen Koffer kaum ausgepackt hast."

"Wieso?"

"So haben wir noch etwas mehr Zeit für uns allein."

Wir hatten also den Rest des frühen Morgens in seinem kleinen Bett verbracht. Eng aneinander gekuschelt erzählte er mir Dinge aus seinem Leben, und vor allem von seinem Beruf. Er erzählte mir von seinen spannendsten Fällen und wie er sie behandelt hat. Teilweise hatte er sogar noch Fotos auf seinem Handy, die irgendwelche CT-Aufnahmen oder Röntgenbilder zeigten.

So sehr ich ich es auch liebe ihn zuzuhören und ihn von seiner Arbeit reden zu hören, irgendwann mussten wir leider zum Flughafen aufbrechen. Die Fahrt war nicht so schweigsam wie die erste, aber trotzdem zog sie sich sehr in die Länge. Immerhin gab mir das noch etwas mehr Zeit um mit Alex zu reden. Und während er redete, wurde mir immer klarer wieso ich mich so sehr in diesen Mann verliebt hatte.

"Ja klar. Hast du nächste Woche Zeit? Ich muss zum Ultraschall und Dean muss arbeiten, also wäre es die perfekte Gelegenheit für dich um mitzukommen."

"Oh, ja, ich habe bestimmt Zeit. Ich freue mich schon total. Wir müssten aber auch vor nächste Woche Samstag nochmal shoppen gehen. Und wir sollten Laura anrufen und fragen ob sie beim aussuchen hilft."

"Was aussuchen?", fragt Kate verwirrt.

"Hast du es etwa nicht gesehen?"

"Was gesehen? Melissa, Bachelor wird nicht mehr täglich ausgestrahlt seit ihr wieder in Deutschland seid. Nur noch einmal in der Woche."

Das war mir nicht klar gewesen. Aber wie sollte es auch sonst sein? Die Kamerateams hatte ich nur noch gesehen, wenn Alex auch da war. Was will man also über uns im Fernsehen zeigen? Wie ich die Uni besuche und Abends mit meinen Freunden in eine Kneipe gehe? Klingt ja total interessant.

"Daran hatte ich nicht gedacht. Naja, ich meine mein Kleid. Für die Entscheidung."

In diesem Moment wird mein Flug aufgerufen und die Flugbegleiter öffnen die Türen. Schnell stehe ich auf und ziehe meinen Koffer auf dem Weg zur Kontrolle der Boardingkarte hinter mir her.

"Heißt das du bist weiter? Melissa, muss man dir alles aus der Nase ziehen? Nun sag schon!"

"Du, Kate? Es tut mir wirklich furchtbar leid, aber mein Flug wurde gerade aufgerufen. Ich muss los. Wir sehen uns später."

Mit schlechtem Gewissen lege ich auf, ohne auf eine Antwort zu warten. Aber hätte ich gewartet, käme ich bestimmt nie ins Flugzeug nach Hause. Meine Karte wird eingescannt und ich darf nach draußen auf den Platz des Flughafens. Ein völlig überfüllter Bus, der während der Fahrt beunruhigende Geräusche macht, fährt uns zum Flieger. Dort dauert es nochmal ewig, bis endlich alle Passagiere die Treppe heraufgestiegen sind und ihre Plätze gefunden haben. Ich kann von Glück sprechen, dass ich am Fenster sitze und von dem Tumult um mich herum kaum etwas mitbekomme. Eine junge Frau nimmt mit ihrer kleinen Tochter neben mir Platz. Sie lässt sie auf ihrem Schoß sitzen.

Ich lächle ihnen kurz zu, einfach aus Höflichkeit, und wende mich dann wieder meinem Handy zu. Ich muss schließlich Laura darüber informieren, dass sie nach Düsseldorf kommen muss um mit Kate und mir ein Kleid zu kaufen.

"Sie müssen ihr Handy jetzt ausmachen.", sagt ein Flugbegleiter zu mir. Glücklicherweise ist die SMS gerade in dem Moment verschickt, sodass ich mein Handy ausmachen und in meine Tasche stecken kann.

Ich zucke zusammen, als das kleine Mädchen neben mir an meinen Haaren zieht. Wir hatten mittlerweile die Flughöhe erreicht und es war etwas ruhiger geworden.

"Hey, was machst du denn da?", frage ich grinsend und zwicke ihr kurz in die Seite, woraufhin sie anfängt zu lachen.

"Oh Entschuldigung.", sagt die Frau neben mir, als sie davon mitbekommt.

"Nein, nein, alles gut. Ich bin Melissa, und wie heißt du?"

"Pia."

Und so unterhalte ich mich eine Weile mit ihr. Sie erzählt von ihrem Kindergarten und von ihrer besten Freundin. Irgendwann fragt ihre Mutter mich, ob ich mal kurz auf sie aufpassen könne, damit sie auf die Toilette gehen kann. Sie setzt sie auf ihren Platz und geht, doch die Kleine scheint das nicht im geringsten zu stören. Sie plappert einfach weiter drauf los.

"Möchtest du auch mal aus dem Fenster sehen?", frage ich sie, als die Wolken sich gerade etwas auflösen und man das Meer unter uns sehen kann. Und wenn man ganz genau hinguckt kann man sogar kleine Schiffe erkennen. Pia nickt heftig, sodass ihre Löckchen auf und ab springen. Dann nehme ich sie auf den Schoß und lasse sie durch das Fenster sehen. Ihre Mutter nimmt wieder neben uns Platz, aber Pia scheint von der Aussicht zu fasziniert zu sein um das überhaupt zu bemerken.

Jetzt gerade im Moment bin ich mir sehr sicher, dass ich irgendwann einmal ein Kind haben möchte. Aber wer weiß was die Zukunft bringt? Wie sich meine Vorstellungen vom Leben ändern werden? Vielleicht wird mein Zukunfts-Ich irgendwann über den Gedanken ein Kind bekommen zu wollen lachen.

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