Kapitel 15

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Kapitel 15

„Dave!", rief Mrs Clark in das Haus. „Dave, komm!" Sie klang hektisch. Mit geweiteten Augen sah sie Audra an. „Das würdest du nicht tun! Das kannst du nicht tun!"

Doch Audra tätschelte ihr nur lächelnd die Schulter. „Oh, doch, ich kann. Und du willst es glaube ich lieber nicht darauf ankommen lassen."

Hilfesuchend sah Mrs Clark zu Aldric, doch auch dieser grinste. „Bitte! Aldric! Bring deine Frau zu Vernunft!"

Doch Aldric schüttelte zu Haileys Entsetzen den Kopf. „Nein, Hailey, das tu ich nicht. Ich habe schon genug Fehler gemacht und glaub mir, Audra wird euch fertig machen!"

Mrs Clark schien zu verzweifeln. „DAVE!", schrie sie in das Haus, ihre Augen wanderten zu Liam und sahen ihn hasserfüllt an. „Widme dich deiner Arbeit, Abschaum!"

„Ich fackel sie ab!", zischte Liam leise und ballte seine Hände zu Fäusten. Ich nahm seine Hand und drückte sie beruhigend.

„Nein, tust du nicht. Warte ab, gleich ist alles vorbei. Vertrau Audra. Sie weiß was sie tut."

Liam sah verständnislos zu mir. „Wie kannst du ihr so vertrauen? Sie ist ein Mensch. Und alle Menschen sind gleich. Sie ist nicht besser als die Regierung!"

Ich schüttelte den Kopf. „Bei Audra irrst du dich.", beharrte ich.

Liam seufzte und legte seinen Arm um meine Schultern. „Das will ich hoffen."

Mr Clark erschien im Türrahmen. Überrascht hob er seine Augenbrauen. „Oh, guten Tag Aldric, guten Tag Audra. Was ist denn hier los?" Er stützte sich am Türrahmen ab, dann fiel sein Blick auf den Stift und den Check in Aldrics Händen. „Was ist hier los?", wiederholte er sich misstrauisch. Er bemerkte Liam, der nicht arbeitete. Sofort erschien Wut in seinen Augen. „45, wieso arbeitest du verdammt noch mal nicht! Los! Mach dich wieder an die Arbeit! Gammeln kannst du nachts!"

Nun bemerkte er Audras Grinsen. „Genau deswegen sind wir hier, Dave."

Doch Dave winkte ab. „Der ist kein Problem, wir schicken ihn einfach in die Armee, zu den anderen Seinesgleichen." Sein Blick verfinsterte sich, als er auf mich fiel. „Was macht mein Abschaum bei eurem Abschaum auf eurem Grundstück?"

Irgendwie schien Dave ein ungutes Gefühl bei Audras merkwürdigen Grinsen zu bekommen. Aldric räusperte sich. „Wir sind nicht hier, um uns über Liam zu beschweren."

Dave sah ihn verwirrt an. „Liam? Wer ist Liam? Hier gibt es keinen Liam." Er wandte sich seiner Frau zu, die Aldric und Audra einfach nur wortlos ansah. Er hörte auf sich am Türrahmen abzustützen und verschränkte seine Hände vor seiner Brust. „Was geht hier vor, Aldric?"

Aldric jedoch lächelte nur und knisterte mit dem Check in seiner Hand und wirbelte den Stift zwischen den Fingern umher. „Wir wollen dir – wie nennst du ihn? - 45 abkaufen. Nenne nur deinen Preis." Aldric ließ den Kugelschreiber klicken.

Dave sah Aldric fassungslos an. „Ihr habt doch schon einen von denen, weshalb wollt ihr noch einen?"

Nun klinkte Audra sich mit in das Gespräch ein. Sie lächelte ihn an. Irgendwie hatte ihr Lächeln etwas Hinterhältiges. „Sagen wir es so, verweigerst du uns 45, werde ich deine Firma ruinieren lassen – und du weißt, dass ich dazu in der Lage bin. Sie es so, jeder von uns gewinnt hier, wenn du einfach nur zustimmst. Du und Hailey bekommen viel Geld und wir bekommen 45."

Dave presste seine Lippen fest aufeinander. „Sammelt ihr Mutationen etwa wie damals die PokéMon Karten?"

„Vielleicht.", sagte Audra merkwürdig grinsend.

„Meine Güte, wenn ihr ihn haben wollt, dann nimmt ihn! Er ist sowieso zu nichts zu gebrauchen!"

Audra grinste triumphierend, während Mrs Clark ihren Mann fassungslos ansah.

Audra drehte sich elegant auf der Stelle um, sodass ihr rotes Haar flog und ging. Diesen Abgang musste sie wohl für einen solchen Moment geübt haben. Aldric folgte ihr grinsend und kam auf uns zu. Ich bemerkte, wie Mrs Clark auf Mr Clark wild einredete.

„Nun Liam. Dann gehörst du jetzt wohl zu uns." Mit einer Umarmung begrüßte Audra den neuen Mitbewohner. Liam war viel zu erstaunt, um zu reagieren. Als Audra ihn los ließ, begrüßte Aldric ihn mit einem kurzen Handschlag.

„Unter dem Dach neben dem Zimmer, das Freya bekommen wird, ist noch ein Zimmer frei. Das kannst du haben!", sagte Audra.

Liam sah verwirrt zu mir. „Was ist hier los? Wieso sind die so nett?"

„Sei einfach froh, dass es so ist.", sagte ich und schob ihn durch die Haustür. Liam schien die Welt nicht mehr zu verstehen.

Wir hatten wirklich Glück gehabt. Man hörte oft von Fällen, die wirklich schlimm waren.

„Wer hat das Eis nicht in das Gefrierfach gepackt?!", hörten wir auf einmal Audra rufen, darauf hin schrie sie direkt den Namen ihres Mannes. Dieser verteidigte sich. Liam nickte mir kurz zu und ich ging mit in die Küche.

„Freya?" Ich bedeutete Audra beiseite zu gehen und erhob meine Hand. Sofort gefror das geschmolzene Eis wieder. Audra und Aldric starrten erst das Eis, dann mich an.

„Du hast mein Leben gerettet, Freya!", lachte Audra und packte das Eis in das Gefrierfach. Tja. Für so etwas konnte man meine Fähigkeiten wohl auch nutzen.

„Was kann Liam eigentlich?", wollte nun Aldric wissen.

Ich überlegte. Wie wollte ich es sagen? „Sagen wir es so, er kann das Gegenteil von dem, was ich kann." Grinsend ließ ich die beiden stehen und ging mit Liam nach oben. Die beiden Zimmer unter dem Dach waren unter dem Dach und wurden durch ein Badezimmer verbunden. Während das Zimmer, das ich wählte ziemlich hell und weiß gehalten wurde, wurde Liams Zimmer dunkel und schwarz gehalten. Irgendwie passte es wie die Faust auf das Auge. Beide Zimmer hatten ein großes Fenster und viel Platz. Es gab große Betten, Schränke und Regale voller Bücher. Hinzu kam, dass Audra sagte, wir könnten es noch persönlich gestalten, indem wir mit ihnen zusammen im Internet bestellten, da wir ja schlecht so in einen Laden gehen konnten. Niemand würde es gutheißen, dass sie momentan so gut mit uns umgingen. Außerdem wollte ich nicht die Zielscheibe von Ambrosia werden.

„Ich schätze, ich habe wirklich Glück gehabt.", sagte Liam, doch dann wurde sein Gesicht finster. „Aber wer weiß, wie lange das so bleibt?"

Das war der Punkt. Das konnte weder er noch ich sagen. Schlicht und einfach konnte es niemand sagen. Im Moment war die Lage entspannt, doch für wie lange noch? Wir durften uns nicht in Sicherheit wiegen. Auch wenn ich Audra und Aldric momentan vertraute, ich konnte nicht wissen, wie lange sie auf unserer Seite standen.

Menschen wechselten die Seiten. So, wie es gerade für sie am sinnvollsten war. So waren Menschen nun einmal. In einem Moment waren sie dein Freund und im nächsten stachen sie dir das Messer in den Rücken.

Freya Winter - MutantWhere stories live. Discover now