Kapitel 16 - Das unerwartete Ende von Jamie

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Er zog eine Augenbraue hoch und beobachtete mich eindringlich. Erwartete er, dass ich Witze machte? Es war mir so ernst wie noch nie. Es sah so aus, als wollte er die Wahrheit aus mir heraus ziehen. Ich sagte nichts sondern sah ihm nur Gefühlskalt entgegen. Mehrere Minuten vergingen damit, dass er mit seinen Augen prüfend über mein Gesicht gleiteten. Er hoffte darauf meine Angst zu finden aber die war momentan nicht anwesend. Alles was er finden würde, war Macht und Kampflust.

Nach dem er mich gemustert hat, stellte er sich gerade auf und sah mir entschlossen in die Augen. "Wie du willst", sagte er. Er ging zum Auto und ließ mich dabei nicht aus den Augen. Er fixierte jeden meiner Schritte. Isaac sagte irgendwas aber ich konnte es nicht hören. Er versuchte Blake weg zu ziehen, doch der schüttelte ihn ohne Probleme einfach ab. Isaac sah mich hilfesuchend an aber ich konnte nicht reagieren oder irgendwas sagen. Seine Stimme klang so, als wäre sie zu weit weg und der Moment schien in Zeitlupe abzulaufen. Es kam mir so vor, als gäbe es nur noch mich und Blake. Es sah so aus, als wäre ein Schirm um uns oder als wären wir in unserer eigenen Welt gefangen.

Blake stieg ein und ich tat es ihm nach. Er startete den Motor mit dem Blick auf mich und fuhr los. Endlich ließ er seine Augen auf die Straße gleiten. Ich lehnte mich zurück, das Adrenalin raste durch meine Adern. Es fühlte sich gut an. "Wie hast du dich so schnell vom Alkohol gestern erholt?", fragte ich, ließ aber die Spannung anhalten. "Wir absorbieren den Alkohol schneller. Er kommt auch nicht so schnell in unser Blut. Wenn wir angetrunken sind, ist ein Mensch schon nahe an einem Koma.", sagte er eintönig und hielt den Blick auf der Straße. Weiter sagten wir nichts. Zwischen uns herrschte eine Spannung. Es fühlte sich so an, als wären unsere Körper unter Strom und wir würden es an den anderen weiter leiten. Er klammerte sich so fest ans Lenkrad des Autos, dass sich seine Knöchel weiß färbten. Würde er nicht fahren und wären wir nicht im Auto, wäre er mir schon längst an die Kehle gesprungen. Die Mischung aus Wut und Adrenalin strömte durch mich durch. Es gab mir das Gefühl von Macht, von Stärke. Momentan war ich nicht die Jamie, die jeder herum schubsen konnte. Ich war nicht die arme, zierliche, schwache, kleine Jamie, die sich nichts traut. Diese Jamie war für diesen Augenblick verschwunden. Mein Körper kochte und ich war bereit darauf, mein Leben dafür zu geben.

Er fuhr wieder zum Waldrand, der komplett in weiß gehüllt war. Der wenige Schnee der noch vor wenigen Tagen lag, hatte sich um einiges verdoppelt übernacht. Es war die selbe Stelle an der er auch letztes Mal geparkt hatte und die selbe Waldhälfte in die er mich geführt hatte um mich einzuweihen. Er hielt an und stieg mit einem Ruck aus. Ich stieg ebenfalls aus. Er drehte mir den Rücken zu und lief voraus. In dem Moment war es mir egal, was alles passieren konnte, ich wollte den Kampf einfach nur hinter mich bringen. Ich folgte ihm, als er weiter in den Wald ging. Wir liefen nicht weit. Die Spannung hielt immer noch an und drohte bald zu eskalieren. Doch er hielt an als wir mitten in einer Lichtung standen. Wir waren gut 5 Meter voneinander entfernt. Die Lichtung war wie geschaffen für unsere Entfernung. Es sah so aus, als wären die Bäume um uns herum gewachsen. Es bildete einen ovalen Ring um uns. Blake sah mich wieder an. Sein Blick sagte nichts aus. Keine Wut, keine Angst und keine Reue. Er war emotionslos. Doch sie durchbohrten mich mit jeder Sekunde ein Bisschen mehr. Ich ignorierte das Gefühl, dass er mir übertrug durch diesen Blick. Ich ignorierte die Tatsache, dass ich eigentlich überhaupt keine Chance hatte und ich ignorierte es, dass ich vielleicht einen großen Fehler damit begehen würde. Ich fühlte mich stark und bereit, dass ist alles was jetzt zählt. Momentan waren es nicht meine menschlichen Instinkte die mich beherrschten sondern die meines Wolfes.

Blake ging auf die Knie und stützte sich mit einer Hand vom Boden ab. Dann sah er wieder hoch. Es sah so aus, als würden seine Augen glühen. Ich tat es ihm gleich. "Bereit?", schrie er. "Es kann los gehen", knurrte ich. "Ich hätte nie gedacht, dass ein Weißer so angriffslustig sein kann.", hörte ich ihn sagen. "Da staunst du, was?", rief ich ihm zurück und ließ meinen Wolf mich übernehmen. Bevor ich überhaupt zwinkern konnte, fühlte ich, den kalten Schnee unter meinen Pfoten. Auch Blake hatte sich sein Fell wachsen lassen. Somit standen wir uns gegenüber, der weiße Wolf und der schwarze Wolf. Wenn ich es nicht besser wüsste, wäre das eine epische Stelle in einem Film. Weiß und Schwarz kämpfen gegeneinander.

Under the woods [Band 1]Where stories live. Discover now