Kapitel 21:

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„Los steh auf und stell dich nicht so an.", sagte Jessica.
„Lasst mich doch einfach in Ruhe."
„Nein, du tust was wir dir sagen, Mörderin."

"Ich...", wollte ich ihnen widersprechen, doch lies es sein. Es führte zu nichts und machte nichts als Ärger.
„Aufstehen.", ertönte es ungeduldig von meiner Mutter.

Als ich endlich auf die Beine kam, beschloss ich sie auf ein anderes Thema zu lenken.
„James war nicht Maras biologische Vater, oder?", fragte ich in die Runde.
Beide schauten mich erst verwirrt an, dann lachten sie los. Jetzt war ich diejenige die fragend schaute. Eigentlich wollte ich sie damit ablenken und gegenseitig aufhetzten, aber daraus war wohl nichts geworden.

„Du bist so armselig. Das weiß ich schon mein ganzes Leben und du kommst erst jetzt darauf.", brachte Mara kichernd hervor.
„Du bist die einzige die James ähnlich sieht und sonst niemand aus unserer Familie.", teilte Mara mit und fuchtelte weiter mit dem Messer vor meiner Nase herum.
Sie wussten es schon über die ganzen Jahre, stieg mir die Erkenntnis in den Kopf. Das durfte nicht wahr sein. So lange Jahre dachte ich, dass wir eine eine Familie wären... und dann alles nur eine Illusion.

„Kannst du das Messer nicht weglegen? Ich komme auch so mit nach Hause.", versuchte ich mein Glück.

Ich weiß nicht wieso oder was ich falsch gemacht hatte, aber meine Mutter schüttelte den Kopf und kam näher an mich heran. Angespannt schaute ich das Messer an.

„Schau mir in die Augen.", befahl sie streng. Ich schaute zu ihr hoch und blickte in ihre großen Augen.

Jessicas Augen leuchteten gefährlich auf, als ich ein starkes Stechen in meinem linken Bauchraum spürte. Es war das Messer, dachte ich augenblicklich. Du hast nicht aufgepasst und sie unterschätzt.

Automatisch wanderten meine Hände an die Stelle. Mein Blick ging nach unten. Mein Pullover war an der besagten Stelle aufgerissen und färbte sich langsam in einem hellerem rot. Mit der linken Hand presste ich auf die Wunde und schaute zu Jessica.
Sie hatte noch das Messer in der Hand. Die Klinge war bis zum Ende von meinem Blut getränkt und glitzerte im Sonnenlicht. Sie nahm ein Taschentuch aus ihrer Hosentasche und schmierte das Blut daran ab.

Ich stand währenddessen einfach nur unbeweglich da und versuchte zu realisieren was gerade passiert war. Als die Panik allmählich in mir aufstieg, hatte meine Mutter die Klinge eingeklappt und das Messer in ihre Hosentasche zurückgesteckt.

„Mara mach sie fertig. Ich möchte sie nicht mehr sehen.", sagte sie zu ihrer Tochter und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Gerne.", freute sich Mara und trat auf mich zu.

Ich biss die Zähne zusammen und wappnete mich gegen den Angriff. Dazu stellte ich mich leicht schräg zu ihr hin und versuchte die starken Schmerzen in meinem Körper auszublenden.

Sollte sie mich ruhig angreifen. Ich hatte keine Angst mehr vor ihnen. Sie waren nicht mehr meine Familie. Jetzt nicht mehr. Die Familie war mein Vater und ich. Sonst niemand. Ich würde mich verdammt noch einmal wehren... und dann schauen wie ich das ganze lebend durchstehen konnte.

Auch Mara zog ein Messer aus ihrer Jacke heraus. Sie riss es ohne Vorwarnung in meine Richtung und ließ es dabei aufklappen.
Doch dieses Mal war ich nicht so dumm mich erneut treffen zu lassen. Ich ging etwas auf die Seite und lenkte ihren Waffenarm nach außen. Das Messer fiel ihr dabei aus der Hand. Bevor sie mich mit der anderen Hand verletzten konnte, verpasste ich ihr eine mitten ins Gesicht. Ich hörte sie Aufkeuchen und dann zog sich mit schmerzverzehrtem Blick wieder zurück.

„Lasst mich doch einfach in Ruhe.", sagte ich zu ihnen. Aber das hatten sie nicht vor.

Mara griff mich noch einmal unkontrolliert und voll Wut an. Sie schlug mit dem Fuß nach meinem Oberkörper. Immer und immer wieder bis ich erneut am Container stand und nicht mehr ausweichen konnte. schließlich bekam ich ihr Bein in meine Hände und ließ mich mit meinem ganzen Gewicht auf ihr Knie fallen. Mit dem Oberarm landete ich auf ihrer Kniescheibe. Den Schwung den ich mitbrachte und die Tatsache, dass das Bein gestreckt war ließ das Kniegelenk nach unten durch drücken. Etwas knackte und sofort schrie Mara, wie am Spieß los, und fiel auf den Boden.

„Du verdammte Hure.", kreischte sie und hielt sich das Bein fest. „Mutter schlag sie tot."

Ich spannte mich an und erwartete einen Angriff von Jessica. Sie hatte derweil ihr Messer wieder aus der Tasche geholt und stach damit in meine Richtung. Ich wich wieder aus und haute ihr mit meiner Faust so fest ich es mich traute gegen die Nase. Der Schlag kam fester, als bei Mara, und ich spürte Jessicas Nase unter meiner Wucht brechen.
Meine Mutter wankte zurück und hielt sich die blutende Nase fest. Wütend schaute sie zu mir.

Noch einmal griff sie mich an und stellte sich ungeschickter an, als zuvor. Ich musste ihr nur einmal gegen das Scheinbein schlagen, dann saß sie neben Mara auf dem Boden und heulte.

Meine Tat schockte mich schon ein wenig. Es war Notwehr, rief ich mir ins Gedächtnis. Du musstest handeln, sonst wärst du jetzt Tod. Ich atmete kräftig durch und legte meine Hand auf die Stichwunde. Dabei wurde ich an die Metallsplitter und Steine in meinen Handflächen erinnert.

„Ich hab doch gesagt, dass ihr mich in Ruhe lassen sollt.", erklärte ich. "Ich rufe die Polizei und den Notarzt, dann könnt ihr sehen wo ihr bleibt." 

Ich schwankte leicht und trat dabei einen Schritt näher zu ihnen. Als ich mich wieder gefangen hatte, wollte ich in Richtung Ausgang gehen. Da sah ich plötzlich zwei Männer auf mich zu rennen.   

„Stopp, Polizei. Bleiben sie hier.", hörte ich die Männer schreien. Automatisch drehte ich mich um und rannte durch einen Spalt rüber zum Anderen Weg. Wenn es wirklich Polizisten waren, wie sie geschrien hatten, dann hatten sie bestimmt gesehen, wie ich die meine Familie geschlagen habe.

Ich bin am Arsch, dachte ich nur. Und rannte weiter auf den Ausgang zu. Nur noch hundert Meter. Doch der Weg kam mir so vor, als würde er immer länger werden. Der Ausgang war noch so weit entfernt.

Ich hielt während dem Rennen meinen Bauch fest. Ich verlor zu meinem Schrecken immer mehr Blut.

„Bleib stehen.", hörte ich erneut die Rufe der Polizisten. Sie klangen wie die von Marc und Robin. Sicher war ich mir aber nicht. Es war doch sowieso egal welcher Polizist mich antraf, sie würden mich festnehmen und danach konnte ich sehen wo ich bleibe.

Wenn ein paar Tage deine Welt verändern (ASDS)Where stories live. Discover now