#3 - Hey Brother!

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Lilly

Lilly bemerkte den Sog schon, als die beiden noch nicht mal das Gebäude betreten hatten. Es war irgendwie anders als sonst.  Eine Stimme schien sie zu rufen und zu versuchen sie an etwas zu erinnern, was zu vergessen haben schien. Ein leises Flüstern im Wind, ein zartes Band, dass an ihre Wurzeln gebunden zu sein schien und nun unaufhörlich nach Aufmerksamkeit verlangte, indem es sanft zog.

Es fühlte sich merkwürdig an und bohrte sich schleichend in ihr Bewusstsein.

Nunja, sie war nur eine Pflanze, eigentlich sollte sie überhaupt kein Bewusstsein haben, also war es doch irgendwie klar, dass sie nicht ganz normal war.

Ernsthaft. Sie hatte das Gefühl Kopfschmerzen zu bekommen, obwohl sie nicht mal einen Kopf hatte und das sollte schon was heißen.

Doch kaum war Namjoon in der Nähe wurde das gleich wieder etwas besser. Er redete mit ihr und das tat gut. Ohne ihn wäre ihre Existenz ganz sinnfrei. Ohne ihn würde sie wahrscheinlich einfach seelisch verwahrlosen. Vielleicht wäre sie auch einfach sang- und klanglos auf dem Schrottplatz vermeckert, denn eine Grünlilie gehörte nicht raus in die Erde.

Sie war noch immer eine Zimmerpflanze.

Ihr Bewusstsein band sich mal wieder an Namjoon. Lilly wünschte sich so sehr, lächeln zu können oder ihm irgendwie anders zeigen zu können, wie sehr sie seine Gesellschaft genoss, aber so lauschte sie einfach dem warmen, tiefen Klang seiner Stimme. Jede Vibration, die von ihm ausging verzauberte sie und jedes noch so kleine Lachen machte sie unfassbar glücklich.

Weniger glücklich war sie darüber, dass er sich langweilte, doch sie machte ihm keinen Vorwurf... schließlich beschränkte sich seine Gesellschaft im Moment auf eine Pflanze. Eine schlichte auch noch, sie war nicht mal wirklich hübsch anschauen. Ja, auch Pflanzen konnten dann und wann an sich selber zweifeln, okay?

Sie hielt es also für eine gute Idee Jungkook oder Jin anzurufen, wobei sie sich sicher war, das Jungkook gerade kaum erreichbar sein sollte, da er gern die Unachtsamkeit der normalen Bevölkerung ausnutzte und auch Jin sollte gerade zu tun haben. Schließlich war er Koch. Also konnte man wohl mit Sicherheit sagen, dass sie beide arbeiten waren. Gerade als ihr diese Gedanken gekommen waren, sagte Namjoon sie auch schon laut.

Sie verstanden sich eben doch auch ohne Worte.

Lilly mochte die beiden besten Freunde Namjoons sehr gern, auch wenn sie zunächst komisch reagiert hatten, nachdem sie von Namjoons heimlicher Liebe erfahren hatten - Ernsthaft, Jin hatte sie aus dem Fenster geschmissen. Doch inzwischen neigten sie sogar selbst dazu, mit ihr zu sprechen. Auf irgendeine Weise verstanden sie Namjoon ja doch und das machte sie zu tollen Freunden, auch wenn sie selber ebenfalls ihre Macken hatten.

Aber zurück zu dem Ziehen. Action. Das war das Stichwort, denn Lilly wollte Namjoon gern warnen, dass er vorsichtig sein sollte, mit dem was er sich wünscht. Sie war sich ziemlich sicher, dass die Action grade mit dem Fahrstuhl hoch fuhr, auch wenn sie noch nicht wusste, wieso sie das wusste. Alles was sie merkte war, dass sie ihre Blätter bewegen konnte, je stärker das Ziehen wurde. Wie war das überhaupt möglich?

Plötzlich ging alles ziemlich schnell. Die Tür flog aus den Angeln, Namjoon stellte sie unter den Tisch und sie musste nur die Füße des Unbekannten sehen, um sich an ihn zu erinnern. Sie hätte sich verschluckt, aber dazu fehlte ihr dann doch mal wieder die anatomischen Voraussetzungen. 

Taehyung. Ihr Bruder.

Wie hatte sie ihn vergessen können? Wie hatte sie sich selbst vergessen können? Stück für Stück wachte ihr Bewusstsein mehr und mehr auf. Es war tatsächlich so, dass Namjoons Stimme sie am Leben gehalten hatten, denn genau das war es, was mit Landaren passierte, wenn sie sich zu lange in dieser Welt aufhielten... Sie nahmen ihre Pflanzenform an und irgendwann schwand ihr Bewusstsein.

Nun wurde ihr auch wieder klar, was das Ziehen war. Energie. Sie hatten Energie dabei. Ja sie, denn wenn Taehyung hier war, dann war Jimin auch nicht weit. Kaum war der Gedanke vollendet, stolperte der Tracker auch schon über die Tür, die Tae so charmant aus den Angeln gesprengt hatte.

Das lief alles nicht so glücklich hier. Das Letzte, was sie wollte war, dass ihr Mate und ihr Bruder sich die Köpfe einschlugen, doch genau danach sah es aus. Sie kannte beide und sie wusste, dass keiner von beiden so schnell nachgeben würde. Also lag es wohl an Jimin den Streit zu schlichten. Wenn er denn selbst erst mal aufhörte mit Tae zu streiten, die beiden waren wirklich wie ein altes Ehepaar!

Das ging schon so, seit sie kleine Jungs waren. Sie gingen sich täglich gegenseitig auf die Eier, mobbten den jeweils anderen und versuchten ständig herauszubekommen, wer der Bessere war. Gleichzeitig liebten sie sich aber auch abgöttisch und würden nie ohne den anderen auskommen. Beste Freunde eben.

"Wooow, Jungs, jetzt lasst uns doch mal nicht gleich von Leichen ausgehen, ja?" Lilly war dankbar, das Jimin ihrer Meinung war. "Namjoon, lass uns einfach an Chora ran." Lilly war ein wenig hin und hergerissen. Jajajajaja, sie hieß Chora, sie wusste es jetzt auch wieder, aber Lilly war so viel besser, denn den Namen hatte sie von ihrem geliebten Namjoon bekommen.

"Ihr Name ist Lilly!", intervenierte Namjoon. "Du gibst deiner Zimmerpflanze einen Namen?!", fuhr Tae ihn an und Jimin setzte wieder das Gesicht auf, was er immer machte, wenn er erstaunt war, über Taehyungs 'Dummheit'. "Tae, echt?" Jimin massierte sich demonstrativ die Schläfen.


Daaaa dieses Kapitel doch recht erklärend daher kommt, schmeiße ich nachher wahrscheinlich noch den zweiten Teil XD.

Show must go on, or something :'D

Curare Teil IWhere stories live. Discover now