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Weil ich ein furchtbar netter Mensch bin bekommt ihr noch ein Kapitel, obwohl noch nicht Sonntag ist:)

Wir kommen dem Ende immer näher...;)

Mühsam kämmte ich mein verfilztes Haar nach hinten, sodass es mir wieder wie gewohnt glatt den Rücken hinabfiel und meinen warmen Nacken kitzelte.

Müde fuhr ich mir über das Gesicht.
Ein Blick in den Spiegel ober dem Waschbecken zeigte mir, wie fertig ich tatsächlich war.

Meine Augen waren rot und geschwollen, da ich die letzten Tage praktisch durchgeheult hatte, meine Haut war rot und fleckig und ich hatte tiefe Schatten unter den Augen.
Noch dazu hatte ich wieder mit der nervige Angewohnheit begonnen, an meinen Fingernnägeln zu kauen.

Ich hatte mich zwar wirklich bemüht, meine normalen Essensrationen zu mir zu nehmen, aber es viel mir zunehmends schwerer.
Entweder ich bekam urplötzlich Heißhunger und schämte mich danach für meinen Frustfressensausbruch, oder ich konnte keinen Bissen zu mir nehmen, ohne einem heftigem Brechreiz erlegen zu sein, ich wechselte mich immer wieder zwischen den beiden Möglichkeiten ab.

Noah Winter hatte es also tatsächlich geschafft, mich zerbrechen zu lassen.
War es nicht eigentlich mein Job gewesen, ihn wieder aufzubauen, seine Seele wieder zu kitten?
Stattdessen hatte ich es zugelassen, dass er auch meine zerstört.
Ich würde wirklich eine großartige Psychologin abgeben...

Ich war so dämlich.
Wie dumm konnte man denn sein, um sich in jemanden zu verlieben, der vermutlich gar nicht in der Lage dazu war, diese Liebe auf irgendeine Art zu erwidern?

Nein, ich war nicht so zornig und enttäuscht, weil Noah mich zurückgewiesen hatte, das war allein meine Schuld und die ganze Sache oblag auch meiner Verantwortung.
Ich wusste, dass es so hätte kommen können, nein, kommen müssen.

Aber weshalb ich ihn verabscheuen konnte, war, weil er mich deshalb fertig gemacht hatte, weil er auch noch auf meinem blutenden Herzen herumgetrampelt war.

Und auf irgend eine verquere Art und Weise war ich ihm sogar dankbar dafür.
So konnte ich ihn wenigstens ein bisschen hassen, und dieser kleine Funke Hass war momentan das einzige, das mich von dem stechendem Schmerz in meiner Brust ablenkte.

Ich hatte früher nie geglaubt, dass es tatsächlich so etwas wie Herzschmerz aus Liebe gab, aber er existierte tatsächlich, und zwar heftiger und schmerzhafter , als man es sich jemals ausmalen hätte können

Erschöpft lies ich von meinem  Spiegelbild ab und schlurfte zurück in mein Zimmer, in dem ich mich schon die letzten vier Tage verkrochen hatte.

Als ich mich wieder unter meine warme Decke kuschelte, wurde urplötzlich die Tür aufgerissen.

Erschrocken fuhr ich hoch und starrte auf den Eindringling, der sich aber bloß als meine Mum entpuppte.

Mit immer noch vor Schreck rasendem Herzen lies ich mich wieder zurück in mein Kissen fallen und starrte stumm zur Decke hoch.
Ich spürte, wie meine Matratze leicht nachgab, als sich meine Mutter neben mich setzte.

"Es hat was mit ihm zu tun, richtig?" Fragte sie leise.
Ich wusste sofort, dass sie über ihn sprach, dass sie es wusste.
In den letzten Tagen hatte ich zwar stur kein einziges Wort über jene Sache verloren, aber jetzt seufzte ich bloß und beschloss ergeben, ihr davon zu erzählen.
Schließlich war sie meine Mum, und ich konnte ihr alles anvertrauen, was mich in irgendeiner Hinsicht belastete.

Außerdem hatten Mütter sowieso die gruselige Begabung, alles herausfinden zu können, was ihre Kinder betraf, also konnte ich es ihr ja auch gleich von alleine erzählen.

Ich setzte mich also auf und lehnte mich gegen mein aufgerichtetes Kissen.

Nachdem ich mit immer wieder abbrechender leiser Stimme von dem eiskalten, unnahbaren Noah Winter erzählt hatte, wie ich mich langsam in ihn verliebt hatte, und wie er mir dann kaltherzig das Herz herausgerissen und darauf herumgestampft war, umarmte sie mich auf diese Weise, wie es bloß Mütter können.

Als lsie langsam wieder von mir ablies, blieb sie mir trotzdem noch so nahe, dass ihr süßes Rosenparfume mich immer noch angenehm umschmeichelte.

Sie lächelte mich traurig an und strich mir sanft eine verrutschte blonde Strähne hinter mein Ohr.

"Es tut mir wirklich leid, dass sich die ganze Sache so entwickelt hat, Schatz. Und glaub mir, ich bin kurz davor dem feinen Herren einen Besuch abzustatten und ihn seiner Männlichkeit zu entledigen.
Mit einem Beil, vorzugsweise.

Aber ich tu es nicht. Wenn du mir versprichst, dich von ihm fernzuhalten, ab jetzt. Ich hab dir damals gesagt, du sollst auf dein Herz aufpassen, und du hast nicht auf mich gehört.
Deswegen kann ich dir keine Vorwürfe machen, denn das Herz tut schließlich was es will.

Aber ich lasse nicht zu, dass du dich noch mehr verletzt, in dem du wieder zu ihm zurückgehst.
Ich werde diesem Gershwin deinen Posten kündigen, er sollte dich am besten gar nicht mehr in die Klinik lassen. Ich kann nicht zulassen, dass meinem kleinen Mädchen mehr Schmerz zugefügt wird, als ihr Herz ertragen kann." Sie seufzte leise, nachdem sie ihre kleine Ansprache beendet hatte.

Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen.
"Warum sollte ich denn wieder zu ihm zurückwollen? Glaub mir Mum, das ist das letzte, was ich momentan tun würde!"  Ich schluckte hart, doch der dämliche Kloß in meinem Hals wollte trotzdem nicht verschwinden.

Meine Mum lächelte bloß milde.
"Momentan vielleicht, Liebes, das glaube ich dir ja auch. Aber ich war auch mal verliebt, ich weiß nur zu gut, was als nächstes passieren wird. Ich würde dich so gerne davor bewahren, das musst du mir glauben." Sie legte wissend den Kopf in den Nacken.

"Nein, Mum, es reicht mir. Ich brauche Noah nicht, ich schaffe es auch ohne ihn, es wird sogar besser so, und ich werde mich definitiv für immer von ihm fernhalten!
Warum zum Teufel sollte ich zu jemandem zurückwollen, der mich innerlich zerstampft?" Versuchte ich meine Mutter von meiner festen Entscheidung zu überzeugen, aber sie sah mich bloß sanft an, als wisse sie Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte.

"Das hoffe ich wirklich, Holly, du glaubst gar nicht wie sehr. Aber leider suchen sich der Kopf und das Herz nicht immer den gleichen Weg aus."

Summer and WinterWhere stories live. Discover now