Kapitel III - Anima

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Der Schmerz fuhr durch mich wie Feuer. Eisig und brennend zugleich. Zerriss mein Innerstes, als ich keuchend nach vorne fiel.

"Hey, ist alles in Ordnung?!"

Starke Arme fingen mich auf, bevor ich den Boden erreichen konnte. Hilflos klammerte ich mich an sie, als ich keuchend nach Luft japste. Der Schmerz wollte einfach nicht nachlassen. Pulsierte in Bahnen von den Haken in meinem Arm ausgehend durch meinen Körper, als ich mich wimmernd zusammen krümmte.

"Was ist los?... Fuck! Ich weiß nicht mal deinen Namen!" Die Panik in seiner Stimme half mir, mich zu konzentrieren. Ich krallte mich an ihr fest. Versuchte meinen Geist nur auf sie zu lenken. Alles andere zu vergessen. Den Schmerz zu vergessen.

"F-Finley... Mein Name ist Finley..."

Meine Sicht schien leicht verschwommen, als ich angestrengt versuchte sein Gesicht zu fokussieren. Die silbrigen Augen leuchteten schwach im Mondlicht. Hoben sich noch stärker von seiner im Mantel der Nacht fast kohlschwarz erscheinenden Haut ab.

"Okay, Finley! Was ist passiert? Soll ich jemanden holen gehen? Deinen Gefährten?"

Und der Schmerz war vergessen.

"Nein!"

Der Armreif verschwand aus meinen Gedanken. Wurde mitsamt seines glühenden Pochens hinweggefegt. Ließ eine kalte Leere in mir zurück.

Eine Leere, die ich um keinen Preis der Welt füllen wollte.

"Bitte! Alles nur nicht ihn! Bitte hol ihn nicht! Er darf mich so nicht finden! Bitte..." Meine Stimme wurde immer leiser. Versagte schließlich endgültig, als ich in seiner Umarmung zusammenbrach. Ich besaß keine Kraft mehr. Die Schmerzen hatten mich zu sehr ausgelaugt.

Dabei wollte ich doch weiterkämpfen.

Dabei wollte ich doch endlich siegen.

"Dabei wollte ich doch endlich frei sein..."

"Frei sein?", erwiederte Rafael verwundert, als er mir einige verirrte Strähnen aus dem Gesicht strich. "Was meinst du damit?"

Wie sehr es mich auch danach verzerrte ihm zu antworten, meine Lippen waren erstarrt. Festgefroren von der eisigen Leere in meinem Herzen. Nicht länger in der Lage, sich zu bewegen. Ich konnte nicht sprechen, ich konnte ihn nichtmal mehr ansehen. Meine Augen fielen einfach zu. Wurden zu schwer, als dass ich sie noch offen halten konnte.

Alles schien zu schwer. Zog mich in die Tiefe. Drängte meinen Geist hinab, um im Abgrund der Schwärze zu ertrinken. Zu ersticken.

Und zugrunde zu gehen.

Hatte ich wirklich so kurz vor dem Ausweg aufgegeben?

Wie erbärmlich!

Aber das war ich nun mal. Schon immer. Ein schwacher Mensch. Stets beherrscht. Stets gefangen. Nie frei.

Vielleicht gab es im Tod ja keine Sklaven...

Der Stromschlag ließ mich leise aufschreien, als mein Körper abrupt nach vorne zuckte und gegen eine harte, warme Mauer stieß.

"Was..?" Ich erkannte meine eigene Stimme nicht wieder, als ich mich wie ein Ertrinkender keuchend, blinzelnd umsah.

"Entschuldige, aber irgendwie musste ich dich aus deiner Trance wecken und das war die einzige Methode, die mir auf die schnelle eingefallen ist. Abgesehen von Schlägen, denn dafür ist dein Gesicht eindeutig zu hübsch..."

Die Mauer entpuppte sich als breite, muskulöse Brust, die in einem weißen Oberteil steckte.

"Rafael..."

The Wolves in our Souls [LGBT]Where stories live. Discover now