Kapitel 42

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Gaston:

Das waren zu viele Informationen. Mein Gehirn bestand aus totalem Chaos. Ich musste das alles erstmal verdauen. Ohne zu wissen wo ich hinlief ging ich stur geradeaus. Meine Schwester war mit Matteo zusammen. Mit unserem Feind. War er denn ein Feind?
Hatte Luna Recht, und er war eigentlich total in Ordnung? Kein klarer Gedanke kam aus meinem Grübeln heraus.

Auf einmal merkte ich, dass ich unbewusst zur Schule gelaufen war. Zwar wollte ich da gar nicht hin, doch da für manche noch Nachmittagsunterricht anstand und die meisten Schüler schon weg waren, schien es in den Gängen sehr ruhig zu sein. Das bedeutete es war der perfekte Ort um in Ruhe nachzudenken.

Entschlossen lief ich ins Schulgebäude. Tatsächlich begegnete mir nicht ein Schüler. Die Gänge waren leer, also setzte ich mich mitten auf eine Treppe und legte meinen Rucksack neben mir ab. Dann fuhr ich mir durch die Haare und genoss einen Moment lang einfach nur die völlige Stille.

Da wurde die Stille unterbrochen. Von Stimmen. Mürrisch öffnete ich die Augen, welche ich vorher unmerklich geschlossen hatte. Ich konnte niemanden sehen, die Stimmen schienen von einem Nebengang her zu schallen. Da war die Stimme von einem Mädchen: "Nein...bitte lasst mich!"

Das Mädchen klang verängstigt. Da hörte ich noch eine zweite Stimme: "Komm schon. Was ist, hast du etwa Angst vor uns?!" Darauf hörte ich tiefes Lachen. Schnell lief ich den Stimmen nach und fand mich in einem benachbarten Gang wieder. Dort hatten zwei Jungs, etwa in meinem Alter, ein Mädchen in die Enge getrieben und kamen ihr bedrohlich nah.

Dabei hatten sie ein dreckiges Grinsen im Gesicht. Das Mädchen war aber nicht irgendein Mädchen: Es war Nina. Verängstigt drückte sie ihre Bücher an sich. "Was wollt ihr denn von mir?!" Einer der Beiden schlug ihr ein paar der Bücher aus der Hand, sodass sie auf den Boden fielen. "Was ist los, hast du etwa Angst weil dein ach so toller Bruder nicht hier ist und dich beschützen kann?" Wieder lachten beide hässlich und schlugen sich mit der Hand ab.

"Hey!" rief ich, um auf mich aufmerksam zu machen. Verwirrt sahen alle drei zu mir, dann grinste einer der Jungs. "Mensch, du bist doch Gaston Valente! Man, du kommst genau richtig! Schau mal wen wir hier haben: eine kleine Balsano." Die Jungs zeigten auf Nina wie Jäger die ihre Beute präsentierten.

Nina selbst sah mich unsicher an. Langsam, aber selbstbewusst ging ich den Gang entlang um zu ihnen zu stoßen. "Also: Was willst du der Balsano antun? Sollen wir sie vielleicht einsperren? Oder ihr einfach eine Weile Angst einjagen? Was meinst du, Valente?" Fragend sahen sie mich an. Die meinten das echt ernst! Solche Vollpfosten! "Lasst sie in Ruhe!" sagte ich ruhig, aber bestimmt.

Nina wirkte so zerbrechlich. So hilflos. Da konnte ich doch nicht auf ihr herumtrampeln!
Irritiert sahen die Jungs mich an. Ninas Blick bekam ich nicht mit, da ich vollkommen damit beschäftigt war die Jungs anzustarren. "Was?" fragte einer. "Das kannst du nicht ernst meinen. Man Gaston, mach dich mal locker! Du hast hier'ne einmalige Chance, das macht sicher Riesenspaß!"

"Lasst. Sie. In Ruhe!" wiederholte ich, diesmal klang es bedrohlicher. Ich gab sogar ein leichtes Knurren von mir. Das schreckte sie ordentlich ab. "Okay okay, wir sind ja schon weg, man. Spießer..." murmelten sie und zogen ab. Besorgt und mit gemischten Gefühlen wandte ich mich an Nina. "Geht es dir gut?"

Sie nickte schüchtern. "Ich denke schon..."
Ich bückte mich und half ihr die Bücher aufzusammeln. "Ähm, danke..." murmelte sie unsicher als wir wieder aufrecht standen. "Kein Problem..." erwiderte ich und lächelte. Ja, LÄCHELTE. Zum ersten Mal fiel mir auf wie hübsch Nina eigentlich war.

Ihre Haare hatte sie leicht zur Seite gesteckt, und durch ihre Brille sahen mich zwei glänzende braune Augen an. Verwirrt  von meinen Gedanken blinzelte ich ein paarmal.
"Ist bei dir alles in Ordnung?" fragte Nina besorgt. Ich hatte sie versehentlich die ganze Zeit angestarrt. "Äh, ja, ich muss nur... dann mal gehen. Also bis dann!" stammelte ich.

Seit wann stammelst du wenn du ein Mädchen siehst?! Etwas nervös nickte Nina ebenfalls. "Ich muss auch los. Bis dann..." Dann drehte ich mich um und ging nach Hause. Ich musste mit Felicity über das reden, was ich heute erlebt hatte. Vielleicht konnte sie mir einen Rat geben.

Lutteo - Liebe ich meinen Feind? (Werwolfsstory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt