Kapitel 21 - Sam

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Nach mehreren Wochen hatte sich unsere Lage noch immer nicht verbessert. Unsere Ausbeute wurde immer magerer und wir konnten kaum einen Schritt aus dem Haus machen, da wurden wir schon wieder von den Hundefängern verfolgt. Sie standen wirklich an jeder Ecke, an der wir uns normalerweise aufhielten. Als hätten sie gewusst, wo wir als nächstes hinwollten. Charlie hatte sich langsam richtig in unsere Gemeinschaft eingegliedert. Er war der netteste von uns allen, war lerneifrig, zwar schüchtern, aber intelligent und sanftmütig. Außerdem war er ziemlich stark. Für einen Golden Retriever jedenfalls.

„Also, was machen wir heute?", fragte Stella und räkelte sich auf einer alten Decke, die sie schon völlig zerfetzt hatte.

„Naja, wir liegen, wir schlafen und wir essen! So Hundesachen eben!", antwortete Seven. Wir sahen ihn verständnislos an.

„Was?! Das sind eben Hundeklischees, da kann ich nix gegen machen. Aber trichtert das mal den Menschen ein, die sind was das angeht ziemlich hartnäckig!"

„Gegen Essen hätte ich nichts einzuwenden", brummte Trueno. Sein Magen knurrte seit Tagen, denn er hatte für Charlie auf mehrere Mahlzeiten verzichtet. Er musste den kleinen Racker wirklich sehr lieben.

„Ja, aber wir haben doch schon alles abgesucht. Es gibt nichts mehr. Der ganze Müll, der sonst auf der Straße rumlag ist entweder spurlos verschwunden oder vergiftet worden. Wir haben keine Wahl. Wir müssen tiefer in der Stadt suchen. Da, wo die meisten Hundefänger rumlaufen", winselte meine Schwester. Wir alle senkten ängstlich die Köpfe, denn genau das hatten wir in den vergangenen Wochen vermeiden wollen.

„Zur Not müssen wir eben wieder stehlen, was sich allerdings in unserer misslichen Lage als etwas schwierig herausstellen könnte. Wir sind schwach, wir sind müde und wir sind vor allem hungrig. Wenn wir so in der Stadt auftauchen, werden wir höchstens sofort erschossen, oder ähnliches", wendete Seven ein. Wir senkten betreten die Köpfe. Nix da! Wir wollten, wir mussten etwas zu Essen finden, sonst würden wir verhungern. Nein, das konnte ich nicht zulassen.

„Ich gehe in die Stadt und besorge etwas, wer kommt mit?", jaulte ich in die Runde. Trueno wandte sich ab. Charlie war gleich klar, dass die Frage nicht ihm galt und Juan starrte beschämt auf seine Pfoten.

„Ich würde ja gerne, aber ich kann kaum geradeaus gehen", wimmerte er. Es stimmte wirklich. Auch er hatte zum Allgemeinwohl in letzter Zeit oft auf seinen Anteil der Beute verzichtet. Er war schwach und hatte stumpfes, glanzloses Fell. Also blieb es an Stella und Seven hängen, mich zu begleiten. Dagegen hatten die beiden ohnehin nichts einzuwenden.

Wir verabschiedeten uns von den anderen Dreien und schlugen unsere Wege in Richtung Stadtmittelpunkt ein. Es war Vollmond und die düsteren Straßen wurden in bleiches Licht getaucht. Ich fühlte mich stark. Die Muskulatur in meinem Rücken spannte sich vor lauter Aufregung an, als mir der sanfte Nachtwind über den pechschwarzen Pelz strich.

Ehrlich gesagt ging ich nicht so gerne in den mittleren Teil der Stadt, auch wenn man dort Unmengen von Futter fand. Es waren einfach zu viele Menschen dort und große Menschenmengen gehörten nicht gerade zu meinen Lieblingsdingen im Leben.

Ich mied sie, soweit es ging. Auch wenn man dort weitgehend vor Hundefängern geschützt war. Zumindest wenn nicht gerade irgendwo der Hundeallergiker-Kongress seinen Stammtisch hatte. Ich staunte nicht schlecht. Stella führte unseren Trupp nun an. Sie kannte sich besser in diesem Teil der Stadt aus, schließlich hatte sie hier lange Zeit gelebt.

„Na, was haben wir denn hier?", Stella schleppte einen Sack voller Vorräte aus einer Ecke. Mir lief vor purer Reizüberflutung das Wasser im Maul zusammen. Es roch so köstlich, dass ich mich kaum zusammenreißen konnte.

Courageous Sam - Die Memoiren eines StreunersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt