Kapitel 12

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~POV Ardy~

Diese Familie war so herzlich, dass ich für einen Moment alles vergaß. Die ganzen Sorgen die ich eigentlich hatte, waren wie weggeblasen. "Wirklich gut, Nina.", lobte Marie ihre kleine Schwester. "Also, wir müssen weiter. Ich bringe dich ins Dorf." Sie schnappte sie eine Leine und tat diese Benno um. Maries Mutter Ilka kam auf mich zu und umarmte mich kurz. "Viel Glück." Auch Boris kam auf mich, drückte mir nochmal fest die Hand und auch er sagte: "Viel Glück." Nina kam zu uns gerannt und umarmte mich stürmisch. Sie reichte mir nur bis zum Becken, aber genau das versetzte mir ein Lächeln. "Du schaffst das. Ich glaub fest dran. Ich drücke dir die Daumen." "Danke.", sagte ich und lächelte nochmal allen zu, bevor ich mit Marie zum Dorf aufbrach. Wenn ich nur wüsste, wieso mir jeder Glück wünschte. Anscheinend wussten alle Bescheid außer ich. "Ich gehe nicht gerne alleine zurück zum Haus, deswegen nehme ich meistens Benno mit, wenn ich ins Dorf gehe. Es ist nicht so, dass dort Junkies wohnen oder so. Aber trotzdem traue ich nicht jedem.", erklärte sie mir. "Eigentlich sind alle im Dorf ganz nett, außer er..." "Er?" "Mhm... Colin. Er ist der Sohn von dem Chef, meines Vaters. Wir sehen uns öfters und seit gut einem halben Jahr will er was von mir. Er versucht es wirklich mit allen Mitteln... Ist es als Junge einfacher ein Mädchen zu finden?" Bei dieser Frage musste ich unwillkürlich lachen. "Weiß ich nicht." "Wie? Hattest du noch nie eine Freundin?" "Nein, ich stehe selber auf Jungs." "Oh... Okay... Sorry, aber ich habe sowas noch nicht gehört. Weißt du, wir sind halt ziemlich abgelegen und mich hat nie jemand darüber aufgeklärt." "Schon gut. Macht nichts. Selbst wenn du nicht so abgelegen wohnen würdest, würde dir auffallen, dass viele Leute so reagieren wie du. Sie finden es nicht normal. Aber ich weiß was du meinst. Jungs können ziemliche Arschlöcher sein." "Ja... Und war es für deine Eltern auch nicht normal, als sie wussten, dass du auf Jungs stehst." "Doch, sie fanden es nie schlimm. Anders sah es bei meinen Großeltern aus..." "Wieso?" "Sie meinten, so etwas gab es früher auch nicht. Und wie ich jetzt Kinder bekommen will, wenn nicht mit einer Frau. Sie fanden es ekelhaft." "Versteh ich nicht... Es ist doch egal oder? Ich meine, wenn das ekelhaft wäre, dann wären alle anderen Beziehungen doch auch ekelhaft." "Schon, aber das sehen nicht alle so." "Ich könnte also auch auf Mädchen stehen, richtig?" "Richtig." Sie schien kurz etwas zu überlegen, doch bevor weder sie noch ich etwas sagen konnte, kam uns ein Junge entgegen. "Hey Marie, Süße. Wer ist das? Deine neue Flamme?" Ohne viel nachzudenken wusste ich, dass es Colin sein musste. "Nein, er ist nur ein guter Freund." "Schön. Wie wäre es wenn wir beide nach eurem kleinen Ausflug etwas unternehmen?" "Colin... Das zwischen uns kann nichts werden." "Ach quatsch. Wir sind füreinander beschaffen, Hübsche." "Nein, du verstehst mich falsch. Ich stehe auf Mädchen." Bei diesem Satz musste ich mir das Lachen verkneifen. "Wie jetzt?", fragte Colin verwirrt. "Ganz einfach. Ich möchte eine Beziehung mit einer Frau. Es ist wie mit einem Mann, nur halt mit einem anderen Geschlecht. Wir müssen jetzt aber wirklich weiter. Wir haben es eilig." Als wir uns weiter von Colin entfernt hatten, fragte Marie lachend: "Meinst du er hat es geglaubt?" "Also laut seinem Gesichtsausdruck, muss er das jetzt erstmal kapieren.", stimmte ich in ihr Lachen mit ein. "Ja, Colin war nie der aller Hellste. Wir sind da. "Wir standen vor einer kleinen Bibliothek die, wie alles andere auch, heruntergekommen aussah. Marie leinte Benno draußen an und gemeinsam traten wir in die Bibliothek. Sie war wirklich nicht groß, doch ein paar alte Bücher gab es hier trotzdem. "Hallo Marie! Was darf es heute sein?", fragte der Buchhändler, ein älterer Mann. Doch als er mich sah, beantwortete sich seine Frage anscheinend schon von alleine. "Achso, der bekannte Ardy. Natürlich. Einen Moment." Der Mann verschwand lächelnd in einem anderen Raum. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die ganzen Leute hier ziemlich gut drauf waren, trotz der Umstände. Marie stand an einem Bücherregal und hatte ein altes Buch in der Hand. "Das habe ich schon tausend mal gelesen. Aber jedesmal wieder ist es spannend.", sagte sie verträumt und blätterte in dem Buch herum. "Worüber handelt es?", fragte ich sie. "Über eine Frau, welche ziemlich wohlhabend ist und denkt, dass nur Geld alleine glücklich machen kann. Bis sie plötzlich an Krebs erkrankt und erkennt, dass Geld nicht alles im Leben ist. Sie hat nur noch ein paar Monate zu leben und versucht vieles nachzuholen.", erkläre sie verträumt. Sie ging ein paar Reihen weiter und zog ein anderes Buch aus dem Regal. "Es handelt um ein Mädchen, welches eine andere Welt kennen lernt. Eine Welt mit Dämonen, Zauberern, Vampiren, Werwölfen und anderen mystischen Kreaturen. Sie findet heraus, dass sie kein normales Mädchen ist und die Welt retten kann, welche langsam von Dämonen beherrscht wird. Ich lese am Liebsten Fantasy Bücher. Dabei tauche ich in eine andere Welt und vergesse alles um mich herum." "Ich habe es.", sagte der Mann und kam mit einem Zettel in der Hand wieder. Ein Blick auf diesen Zettel verriet mir, dass es eine Buchung für ein Hotelzimmer war. "Ich nehme dieses Buch mit.", sagte Marie zu dem Mann und hielt das Buch, welches sie mir gerade erklärt hatte in der Hand. "Okay. Grüß die Familie Marie." "Mach ich. Tschüß." Als wir wieder draußen waren, brauchte ich gar nicht fragen, wofür diese Buchung war, denn Marie erklärte es mir schon von allein. "Es wird gleich jemand kommen der dich weiter wegbringt und zu diesem Hotel bringt. Enno, der Buchhändler, ist der Einzige welcher Internet hat in diesem Dorf. Es könnte sein, dass das Hotel nicht wirklich gut ist, aber Enno hatte nur ein bestimmtes Budget." Ich nickte nur und sah dann wie wieder ein Auto vor uns anhielt. Der Junge schaute uns kurz an und winkte uns zu. "Na dann. Viel Glück.", sagte Marie und umarmte mich. 

Das Spiel || Tardy FFWhere stories live. Discover now