Kapitel 27

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POV Mario

"Bist du dir ganz sicher, dass das wirklich okay ist?", fragte Marco mich gerade zum gefühlt tausendsten Mal.
"Ganz sicher. Ich dachte du willst Milan kennen lernen?", erwiderte ich scharf. So langsam nervte er mich. Jetzt war es für einen Rückzieher doch eh schon zu spät. Ich hatte Milan erzählt warum er heute Mittag nicht bei Oma bleiben würde und der Kleine hatte gar nicht mehr aufgehört über Marco zu reden. Papa hier, Papa da. Marco durfte jetzt keinen Rückzieher machen, das Theater mit Milan wäre nicht auszuhalten.
"Ja, ich...ich denke schon", murmelte Marco und ich nickte zufrieden. Zielsicher lenkte ich meinen Wagen auf den Parkplatz bei meiner Mutter.
"Willst du hier warten oder kommst du mit?", fragte ich Marco möglichst ohne Emotionen und Beurteilung in der Stimme. Am liebsten wäre es mir, wenn Marco im Wagen warten würde, denn dann hätte ich meinen Sohn wenigstens einen Augenblick noch für mich. Allerdings machte mir Marco einen Strich durch die Rechnung.
"Ich...ich würde gerne mitkommen", stammelte er.
"Na schön, dann komm", seufzte ich wenig begeistert und machte gute Miene zum bösen Spiel. Gemeinsam stiegen wir aus und klingelten an der Haustür meiner Mutter, welche uns auch zügig öffnete.
"Hallo mein Schatz", begrüßte sie mich, ignorierte Marco und rief ins Haus: "Milan komm her, der Papa ist da!" Während wir warteten flüsterte mir Marco ins Ohr: "Deine Mutter scheint nicht begeistert zu sein, mich zu sehen." Ich kommentierte es nicht, sondern nahm es nur so hin. Wie konnte man es meiner Mutter auch verdenken, dass sie von Marco’s Anblick nicht angetan war, so oft wie ich mich bei ihr über ihn ausgeheult hatte.
"PAAAPPPPAAAAAA", rufend kam Milan angelaufen und ich ging in die Hocke, um meinen Kleinen aufzufangen.
"Hallo mein Schatz", lachte ich und wollte ihn gerade fragen, wie sein Tag war, als Milan sich von mir löste. Erstaunt gab ich dem nach und konnte deswegen genau beobachten, wie Milan’s Blick sich auf Marco heftete und alles herum ausblendete, als er fasziniert "Papa" flüsterte und an mir vorbei rannte, um sich an Marco’s Bein zu klammern. Ganz langsam richtete ich mich auf und atmete tief durch, bevor ich mich komplett zu den beiden umdrehte und zu sehen bekam, wie mein Sohn sich ganz verträumt an Marco kuschelte, welcher nebenbei bemerkt, recht überfordert wirkte.
"Wollt...wollt ihr schon mal ins Auto? Ich müsste noch kurz was mit meiner Mutter besprechen", wendete ich mich an Marco, welcher nickte und versuchte Milan von sich zu lösen. Dieser ließ das jedoch keinen Milimeter zu.
"Scheinbar werden wir wohl hier auf dich warten", murmelte Marco zu mir und strich Milan durch die Haare.
"Na dann komm Mario, wir reden in der Küche", mischte sich meine Mutter ein und schweren Herzens folgte ich ihr. In der Küche atmete ich dann erstmal durch.
"Wird es so bleiben?", fragte ich meine Mutter.
"Aber nein mein Schatz. Er ist für Milan einfach wie ein neues Spielzeug. Alles andere ist erstmal uninteressant, was aber nicht heißt, dass das immer so bleibt und Milan nicht irgendwann diese geballte Faszination verliert", sprach sie liebevoll.
"Ich hoffe du hast recht. Es ist komisch, vom eigenen Kind nicht beachtet zu werden", seufzte ich.
"Das legt sich wieder, aber gib den beiden Zeit. Jetzt geh erstmal nach Hause ich habe euch einen Kuchen gebacken, den ihr essen könnt", meinte sie und drückte mir tatsächlich eine Kuchenglocke mit Inhalt in die Hand.
"Danke Mama."
"Für dich doch immer mein Schatz", erwiderte sie und ich wusste mal wieder, warum ich meine Mutter so liebte.

Milan von Marco zu trennen um nach Hause fahren zu können stellte sich als schwieriger heraus, als ich dachte. Letztendlich schafften wir es nur nach Hause, weil Marco bei Milan auf der Rückbank saß und Milan die ganze Zeit seine Hand festhalten konnte.
"Milan, hilfst du mir bitte Tisch decken", forderte ich meinen Sohn auf.
"Aber Papa", quengelte Milan, der auch jetzt zuhause nur an Marcos Rockzipfel hing.
"Kein aber Milan. Hilf mir", sagte ich streng und mein Wunder setzte schon seine beste Schmollmiene auf.
"Milan, hilf deinem Vater bitte", mischte sich jetzt auch noch ausgerechnet Marco ein und zu meinem Entsetzen hörte Milan sogar auf ihn und kam zu mir, um mir zu helfen. Ich war sprachlos. Was würde Marco denn jetzt von mir denken? Dass ich meinen eigenen Sohn nicht im Griff hatte? Dass ich es nicht fertig brachte ihn zu erziehen? Ich riss mich von den Gedanken los und deckte mit Milan den Tisch. Marco beobachtete uns währenddessen genau und auch als wir Kuchen aßen war sein Blick auf Milan gerichtet. Dieser genoss die Aufmerksamkeit seines Vaters sichtlich und nutze diese auch aus. Er plapperte und plapperte und erzählte von seinem Spielzeug und natürlich vom Fußball.
"Papa mit Milan Fußball spielen?", war die Frage des Tages.
"Ich weiß nicht recht Milan", antwortete Marco ausweichend.
"PAAAAPPPAAA bittee Fußball spielen!", quengelte Milan rum und Marco blickte hilfesuchend zu mir.
"Geht schon", seufzte ich und auch wenn es mir einen Stich versetzte, wie unwichtig ich gerade für meinen Sohn war, so freute ich mich doch gleichzeitig, dass er so glücklich war.
"Danke Papa", jubelte Milan und stürmte davon, um seinen Ball zu holen.
"Danke", murmelte auch Marco und ich winkte ab: "Bedank dich erst, wenn du es überstanden hast."
"Papa kommen?", unterbrach uns Milan und Marco und er verschwanden nach draußen in den Garten zum spielen. Ich selbst räumte den Tisch ab und öffnete dann eines der Bodenfenster der Wohnzimmerfront um von dort aus, die beiden beim Spielen zu beobachten. Milan’s Lachen klang bis zu mir und auch Marco wirkte glücklich mit dem Kleinen kicken zu können. Nur würde das jetzt immer so bleiben? Hatte meine Mutter unrecht und Milan würde Marco mehr lieben als mich? Würde ihn mir vorziehen? Ich wollte meinen Kleinen doch nicht verlieren. So schön dieser Anblick auch war, so sehr schmerzte er mich auch und so sehr wünschte ich mir, er wäre vorbei und ich hätte meinen Sohn wieder für mich. Ein Klingeln riss mich aus meinen Gedanken und ich ging an die Sprechanlage.
"Hier sind Onkel Basti und Poldi", erklang es aus der Sprechanlage.
"Basti? Poldi? Ihr? Hier?" fragte ich entgeistert.
"Ja und wir fänden es ganz nett, persönlich mit dir reden zu können", frotzelte Lukas.
"Oh ja, natürlich. Ich mache euch auf", sagte ich schnell und ließ die beiden in die Wohnung.
"Schön dich zu sehen Kleiner", begrüßte mich Basti und schloss mich in eine Umarmung.
"Ich freue mich auch dich zu sehen Basti", lachte ich und auch Lukas umarmte mich.
"Was führt euch beide hier her?", fragte ich sie, während ich sie ins Wohnzimmer führte und mich dort wieder ins Fenster stellte, um Milan weiter beobachten zu können.
"Wo ist denn dein kleiner Wirbelwind?", fragte Lukas, der an Basti gekuschelt auf dem Sofa saß, "Ich möchte den Kleinen endlich mal kennen lernen."
"Da wirst du dich leider noch etwas gedulden müssen. Er ist draußen im Garten und spielt Fußball", seufzte ich.
"Na das klingt ja nicht so begeistert. Ich dachte du freust dich, dass dein Kleiner den Fußball ebenso liebt?", fragte Basti.
"Er spielt mit Marco", antwortete ich schlicht und es herrschte erstmal schweigen. "Zum ersten Mal und auch zum ersten Mal bib ich meinem Sohn komplett egal. Sobald er Marco erblickt, bin ich wie Luft für ihn."
"Es tut mir leid Mario", sagte Basti und zog mich zu ihnen aufs Sofa. "Aber es war doch abzusehen, so wie du dem Kleinen immer von Marco vorschwärmst. Das legt sich aber auch wieder. Milan hat dich doch nicht weniger lieb. Du wirst schon sehen."
"Vielleicht hast du recht", schniefte ich, "Und was gibt es bei euch neues?"
"Ich bin nochmal schwanger. Wir", sagte Basti, "Wir bekommen ein Kind."
Überrascht blickte ich die beiden an. "Aber das sind ja wundervolle Neuigkeiten. Ich freue mich so für euch", sagte ich und irgendwie beneidete ich Basti. Lukas war für ihn da. Er wäre nie alleine und für ihn hatte sich nie die Frage gestellt, das Kind abzutreiben. Basti konnte sich echt glücklich schätzen und ich freute mich für das Kind, dass es zwei so wundervolle Eltern bekommen würde.
"Wie weit bist du denn? Weißt du schon, was es wird?", diese und noch weitere Fragen sprudelten aus mir raus und lenkten mich für einen Augenblick von meinen Sorgen mit Milan und Marco ab.

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