Honest (I)

Teil 61 - Neues Auto?

Die Nachricht über das Buch, das Harry und ich gemeinsam verfassen würden, hatte Malya mehr oder weniger gut aufgenommen. Sie insistierte darauf, dass sie fest in den Prozess mit einbezogen werden würde und eines der erste Exemplare erhalten würde. Dazu musste man sagen, dass Malya im Bezug auf die Literatur keine wirklichen Stärken hatte. Ganz zu meinem Bedauern.
"Hat dich das eigentlich gestört, dass wir in der Zeitung standen?", fragte Harry und sah dabei nicht von seinen Notizen auf.
"Nein, wieso?" Jetzt hob er den Blick und zuckte mit den Schultern.
"Jedes Mädchen, das mit mir in den Schlagzeilen stand, hatte nur Nachteile davon. Du kennst den Ruf, den ich in der Öffentlichkeit habe." Ich kannte die Gerüchte und Meinungen, denn ich hatte sie bis vor wenigen Monaten noch selber vertreten. Dabei erinnerte ich mich an das, was Hank zu mir über Harry und seinen Ruf gesagt hatte.
"Wen interessiert es schon, was die Leute denken? Außerdem kann mir glaube ich etwas Pfiff im Image nicht fehlen.", sagte ich und lachte. Harry schmunzelte, sah jedoch noch immer etwas besorgt aus.
"Harry, ich weiß doch, worauf ich mich einlasse und außerdem wird dieses Buch die Leute dich in einem ganz anderen Licht sehen. Sie werden den neuen Harry lieben."
"Danke.", sagte er nur und schrieb weiter.
"Was hast du denn bis jetzt? Also über welche Inhaltspunkte hast du dir schon Gedanken gemacht?", fragte ich und las in seinen Notizen quer.
"Inhaltspunkte? Keine Ahnung, ich dachte du hilfst mir da, also.... Nein, Spaß.", sagte er und lachte. Dann zählte er zum Glück einige Oberbegriffe auf, die er enthalten haben wollte. Ich hatte erst gedacht, er hätte sich wirklich keine Gedanken gemacht, doch Harry schien bereits alles bestens durchdacht zu haben.
"Ich möchte da anfangen, wo alles angefangen hat, bei xFactor. Ein Drittel wird sicher über die Zeit in der Band sein und nach dem Teil über die Trennung möchte ich etwas über heute zum Abschluss haben."
"So würde ich es auch machen. Ich denke, der Teil über die Band und das Ende dieser wird sicher alle brennend interessieren. Was hältst du davon, wenn wir einige Bekannte mit einbringen? Ein paar Stellungnahmen und kurze Teile aus anderer Sicht?", schlug ich vor, unsicher, was Harry davon halten würde. Er las kurz auf seinen Blatt und nickte dann leicht.
"Ich verstehe, was du meinst. Das würde es sicher lebendiger und abwechslungsreicher machen. Ich weiß auch, an wen du dabei gedacht hast. Keine Ahnung, ob einer von ihnen so etwas machen würde, aber einen Versuch ist es wert." Er sah zu mir auf und schien etwas unsicher zu sein. Mich machte es schon etwas stolz, dass er inzwischen so über seine ehemaligen Bandkollegen reden konnte.
"Keine Sorge, ich kümmere mich schon darum." Im Hinterkopf war ich in Gedanken bei Hank und seiner Kollegin, die damals etwas von Liam gefaselt hatte. Später würde ich ihn anrufen oder ihn besuchen, um über die Lesereise und das neue Projekt zu reden. Immerhin hatte ich mit ihm einen Vertrag.
"Danke, Mary. Ich bin so froh, dass du das hier mit mir machst.", sagte Harry und drückte meine Hand.
"Nichts zu danken. Ich helfe ja nicht nur einem Freund, das wird sicher ein Bestseller und das ist ja auch von Vorteil für mich." Ich grinste und schrieb dann weiter an meinen Notizen.
"Hast du dir schon etwas für den Titel überlegt?"
"Nicht direkt. Ein paar kleine Ideen hatte ich schon, aber ich glaube das würde ich eher nach der Fertigstellung entscheiden.", sagte er entschieden. Ich war mit dieser Entscheidung einverstanden und nickte deshalb.
"Wenn du dir weiter Notizen machen möchtest, werde ich erst mal zu Hank fahren und mich um ein paar Kleinigkeiten kümmern.", sagte ich, Harry sah nicht einmal auf, griff nur in seine Tasche und reichte mir seinen Schlüsselbund.
"Alles klar. Kannst meine Wagen nehmen. Der Hausschlüssel ist auch dran." Ich nahm die Schlüssel und sah Harry ein paar Sekunden verwundert an. Da ich mich nicht rührte, sah er auf und schien erstaunt.
"Was? Ist es so komisch, dass ich dir meinen Wagen leihe? Ist ja nicht so, als könnte ich mir hunderte davon kaufen, falls du ihn zu Schrott fährst.", übertrieb er und lachte deshalb. Irgendwie hatte er ja Recht. Trotzdem fand ich es etwas eigenartig, mit Harrys Wagen zu fahren und seinen Hausschlüssel dabei zu haben.
"Gut, ich schreibe dir, wenn ich fertig bin." Harry winkte mir und schrieb fleißig weiter. Als ich das Appartement verlassen hatte und hinunter fuhr, fühlte ich einen Hauch von Stolz in mir aufkeimen. Es war so erfrischend, wie sehr Harry in der Literatur versank. Ich war froh, dass ich dem Schreiben des Buches zugestimmt hatte.
Unten in der Tiefgarage angekommen suchte ich nach Harrys schwarzen Audi. Als ich ihn gefunden hatte, drückte ich den Knopf auf dem Schlüssel und stieg ein. Das erste, was mir auffiel, war Harrys Geruch, der in das Leder eingezogen zu sein schien. Lächelnd startete ich den Motor und schaltete in den ersten Gang. Es wunderte mich, dass Harry nicht Automatik fuhr.
Ich drückte den Knopf für das Garagentor und fuhr aus dem Gebäude. Es dauerte nicht lange, da fuhr ich vor Hanks Verlag vor und platzierte das teure Auto in einer Parklücke. Drinnen würde ich mir Applaus empfangen, was mir, wie bei jedem neuen Buch, total unangenehm war.
"Dankeschön.", sagte ich und lief eilig zu Hank.
"Schön, dass sich meine erfolgreichste Autorin auch mal wieder hier blicken lässt.", begrüßte er mich. Ich setzte mich vor ihn und legte den Schlüssel auf den Tisch. Hank reichte mir ein Glas Wasser und setzte sich dann.
"Neues Auto?", fragte er, als er etwas in seinen Terminkalender schrieb.
"Nur geliehen." Mehr wollte ich ihm nicht sagen. Mein Lektor nickte und holte ein paar Seiten hervor.
"Wie du dir sicher denken kannst, war deine Lesereise ein voller Erfolg. Die Verkaufszahlen haben sich im Vergleich zu deinem letzten Buch mehr als verdoppelt." Erstaunt sah ich mir die Diagramme an und schluckte. Damit hatte ich nicht gerechnet.
"Das ist unglaublich.", sagte ich.
"Allerdings, nicht dass ich je an deinem Erfolg gezweifelt hätte.", sagte Hank und zwinkerte mir zu.