15. Performance

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»Mik. Halt, Stopp. So wird das nichts!«

Auf Dans Anweisung hin hatte Ali die Musik erneut abgedreht und die fast schon bühnenreife Probe war in sich zusammengefallen. Mik hatte das Mikro ein weiteres Mal abgesetzt, ich konnte ihm deutlich ansehen, wie frustriert er war und genervt von sich selber, weil er es nicht so hin bekam, wie er sollte.

Dan stand jetzt neben ihm, sah ihn ernst an, aber lang nicht so streng, wie seine Stimme geklungen hatte.

»Willst du eine Pause machen?«

Ich seufzte lautlos. Wahrscheinlich würde eine Pause meinem Freund tatsächlich gut tun, aber ich wusste, dass Mik viel zu ehrgeizig war, um dieser zuzustimmen.

»Nein. Versuchen wir es weiter. Ich werd es doch wohl hingenommen, mir eine dumme Performance zurecht zu legen. Was muss ich anders machen?«

Ich kniff die Lippen zusammen. Was würde Dan darauf antworten? Am ehrlichsten wäre wohl, auch wenn es gemein klang, ›alles‹.

Mik war ein toller Sänger, wirklich. Ich mochte seine Musik gerne und was ich von der EP, die morgen releast werden würde, schon gehört hatte, war sogar noch besser als seine alten Lieder. Außerdem strahlte Mik mit seinem ganzen Wesen etwas aus, was, wie ich wusste, nicht nur mich, sondern auch seine Fans faszinierte und begeisterte. Doch genau da lag das Problem. Mik wirkte auf der Bühne momentan nur noch unsicher. Er konnte seine Ausstrahlung nicht wirklich kontrolliert einsetzen und wie auch immer er es bei der letzten Tour hinbekommen hatte, auf der Bühne überzeugend zu performen, es schien nun nicht mehr zu funktionieren. Ich sah, wie schwer er sich damit tat, die einstudierten Choreos zu lernen und umzusetzen und ich sah auch, wie schwer sich Dan tat, dabei ruhig zu bleiben. Verständlich, schließlich würde in neun Tagen die Tour beginnen und so, wie es momentan lief, konnte Mik auf der Bühne nicht annähernd überzeugen.

»Jetzt erstmal nichts. Wir machen eine Pause. Bestellt euch 'ne Pizza oder so, Jungs. Wir machen in einer Stunde weiter. Mik, mach dir keinen Kopf jetzt deswegen. Ich denk mir was aus.«

Ich konnte Mik ansehen, wie wenig er von diesem Vorschlag hielt, dass er am liebsten weiter gemacht hätte, bis er es können oder andernfalls zusammenbrechen würde.

Mik war ein Perfektionist.

Wortlos stand ich von der Bank am Rand der Trainingshalle auf und hielt Mik, der merklich frustriert aus dem Raum stapfen wollte, am Arm fest. Ohne etwas zu sagen zog ich ihn zu mir und legte meine Arme, sanft aber bestimmt um seinen Oberkörper. Im ersten Moment wollte Mik sich losmachen, aus meiner Umarmung befreien, doch ich ließ ihn nicht und so gab er es nach wenigen Sekunden auf, ließ zu, dass ich ihn hielt und lockerte seine angespannten Muskeln etwas.

Ich sah, wie Dan mir kurz ermutigend zulächelte, bevor er als Letzter die Halle verließ und die Tür hinter sich zuzog.

Ine ganze Weile blieben wir so stehen, bis ich mich vorsichtig von meinem besten Freund löste und ihn ein Stück von mir schob. Ernst sah ich ihm in die Augen.

»Hör auf, wegen all dem wütend auf dich selbst zu sein. Du bist ein super Musiker und ein toller Mensch. Du bist der beste feste Freund, den ich mir vorstellen könnte, seitdem wir uns das erste Mal geküsst haben und immer noch. Und dazwischen warst du der beste Exfreund, den ich mir jemals hätte denken können. Du bist ein toller Mensch und ich habe dich immer um das beneidet, was du bist. Also hör auf, dich wegen so einem Mist schlecht zu machen, okay?«

Mik seufzte, wich meinem Blick aus. Bestimmt legte ich meine Hand auf seine Wange und drückte sein Gesicht so zu mir. Der zweifelnde Blick in seinen Augen tat mir weh. Meine Stimme wurde automatisch sanfter, vorsichtiger.

Buntes Papier ~ #KostoryWhere stories live. Discover now