41. Sie werden niemals aufgeben

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Niemals hätte ich gedacht, dass sie so lange durchhalten würden. Nie hätte ich gedacht, dass sie so lange nach mir suchen würden! Leider lag ich damit falsch, so unglaublich falsch. Als ich mal wieder aus dem Fenster, hinaus auf die Straße, da sah ich sie. Sie waren alle da und starrten zu mir hinauf. Grace, Dana, Anton, Max und Leon. Alle meine früheren Freunde standen da und starrten zu mir hoch, als wollten sie mir klar machen, dass ich ihnen nicht entkommen konnte. Wie hatten sie mich gefunden? Ich war so lange nicht mehr draußen, sie konnten mich nicht verfolgt haben, oder etwa doch? Standen sie vielleicht schon seit Monaten immer wieder vor dem Haus und beobachteten mich? Möglich wäre es. Ich traute es vor allem Grace zu. Erst hatte David uns verraten und nun war ich auch noch weg. Das konnte sie nicht einfach so stehen lassen. Doch warum ging sie nicht zu ihm, sondern zu mir?

Ich begann nach meinem Bruder zu suchen. Sein Freund würde auch gehen. Irgendjemand, ich wollte nun wirklich nicht alleine sein. Wenn meine alten Freunde mich beobachteten, dann wollte ich nicht alleine sein. Ich wusste, was sie tun konnten und um ehrlich zu sein: ich hatte Angst.

Ich lief einmal quer durch alle Räume, doch keiner der beiden war da. Na toll! Genau dann, wenn man sie einmal brauchte, dann waren sie nicht da. Was sollte ich auch anderes erwarten? Dann war ich wohl mal wieder auf mich allein gestellt. Doch diesmal würde ich nicht das tun, was ich wohl getan hätte, wenn mir etwas in der Art früher passiert wäre. Nein, ich würde nicht hinunter gehen. Verstecken wäre sicherer. Ich war allein uns sie zu fünft, das würde nicht gut ausgehen.

Noch einmal ging ich durch die halbe Wohnung, bis ich schließlich erkannte, dass die meisten möglichen Verstecke viel zu auffällig wären. Unter dem Bett, in einem Schrank oder sonst wo. Da käme doch jeder sofort drauf! Es wären die ersten Orte, an denen sie suchen würden. Noch einmal ging ich zu dem Fenster, an dem ich sie vorhin gesehen hatte. Ich musste wissen, ob sie noch immer dort waren. Vorsichtig warf ich einen Blick hinaus, doch nun waren sie nicht mehr dort. Wo waren sie hin? Versuchten sie gerader hier rein zu kommen oder planten sie etwas anderes? Wollten sie mich vielleicht auch nur verrückt machen?

Oh man, ich musste hier weg! Ich musste irgendwo anders hin. An einen Ort, an den sie mir nicht folgen würden! Doch wo sollte das sein? Wie weit würde ich weg müssen? Ach, ganz egal! Schnell rannte ich zu dem Zimmer, in dem ich nun schon eine ganze Weile lebte. Darin lagen noch ein paar Koffer, in denen ich meine Sachen her gebracht hatte. In einen davon schmiss ich hektisch möglichst viele Klamotten und was ich eben sonst noch brauchen könnte. Besonders viel passte ja nicht in einen davon, aber wenn ich schnell weg wollte, dann musste ich eben mit dem leben. Außer dem Koffer konnte ich nur noch einen Rucksack mit nehmen, in den ich mein weniges Geld, mein Handy und ein paar Bilder legte. Nach längerem Überlegen packte ich dann auch noch einen Teddy dazu, denn ich sicher schon seit meiner Geburt hatte. Ich konnte ihn nicht zurück lassen.

Gerade, als ich mich mit einem letzten Blick von hier verabschieden wollte, da stand plötzlich mein Bruder vor mir. Sein Blick wanderte von mir zu meinem Koffer und dann wieder zurück. Streng sah er mich an. ,,Wo willst du den plötzlich hin?", fragte er, während er mich an der Schulter packte, wieder umdrehte und zurück führte. Na toll, das hatte ja gut funktioniert. Natürlich musste er genau jetzt kommen. Manchmal hasste ich ihn wirklich so sehr. Ja, er war mein Bruder und er wollte sicher nur mein bestes doch im Moment war ich mir sicher, dass das beste wäre von hier zu verschwinden. Er musste mich einfach gehen lassen! Verzweifelt versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch auch wenn sein Griff sanft war konnte ich nicht entkommen. Silas führte mich einfach weiter, als würde er das jeden Tag machen. Es schien ihn kein bisschen zu kümmern, wie sehr ich mich wehrte. 

,,Soo, was hattest du den da vor?", setzte Silas dann schließlich an, nachdem er mich wieder ins Wohnzimmer geführt hatte. ,,Grace und die anderen standen vor der Tür, ich muss hier weg! Sie wissen, wo ich bin!", meinte ich wahrheitsgemäß. Silas runzelte die Stirn. ,,Ist das nicht etwas unwahrscheinlich? Woher sollten sie wissen, wo du bist und selbst wenn, dann wollen sie vermutlich, dass du einmal alleine raus gehst. Meinst du nicht, dass du hier sicherer bist?" Silas sah mir tief in die Augen. Okay, er hatte recht aber etwas in mir wehrte sich dagegen ihm jetzt zuzustimmen. Noch immer wollte ich von hier weg. Noch immer wollte ich irgendwo hin, wo sie mich ganz sicher nicht verfolgen würden. ,,Ich muss trotzdem hier weg! Sie werden sicher wieder kommen!", rief ich. Dabei wurde ich lauter, als eigentlich gewollt. Mein Bruder sah mich aber immer noch genau so an wie davor. Kurz schien er zu überlegen, was er als nächstes sagen sollte. ,,Selbst wenn gehst du nicht allein! Simon und ich werden wenn dann mit gehen und wir müssen es besser planen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du es kein bisschen durchdacht hast. Wo wolltest du überhaupt genau hin?!" Nervös sah ich zu Boden. Er hatte mich erwischt. Ich hatte gar nichts geplant, wollte einfach nur schnell weg. Irgendwo hin, keine Ahnung wo hin genau. Eine ganze weile herrschte Stille zwischen uns. Niemand wusste, was er noch sagen sollte.

Yeah, ein Kapitel. Bald ist es dann aber wirklich zu Ende. Nach über zwei Jahren an der Geschichte hier sollte es langsam aber echt mal zu einem Ende kommen. Votes und Kommentare würden mich wie immer natürlich freuen und seien wir mal gespannt darauf, wie schnell ich wohl wieder zum schreiben kommen werde.

Runaway GirlWhere stories live. Discover now