Payback is a bitch

102 2 0
                                    


Als ich durch die Straßen der Kleinstadt wandere, in die ich vor zwölf Tagen gezogen bin, beschleicht mich langsam aber sicher das Gefühl, dass es vielleicht keine so gute Idee war in dieses Kaff zu ziehen.

Ich suche eine Drogerie. Nur eine Drogerie.

Neben all den üblichen Discountermärkten und Bekleidungsgeschäften, die, wie es sich für eine kleine Stadt gehört, nur Schrott haben, wird es doch wohl irgendwo auch eine beschissene Drogerie geben, in der ich meinen Duft kaufen kann.

Und gerade als ich echt angesäuert meinen Weg zurück antreten will, sehe ich den Lichtblick. Rossmann. Gut, dass ist jetzt nicht gerade die Parfümerie meines Vertrauens, aber es wird reichen müssen.

Und siehe da, kaum bessert sich meine Laune ein wenig, nehme ich auch wahr, dass diese Kleinstadt eigentlich gar nicht so hässlich ist. Natürlich ist sie nichts im Vergleich zu Berlin. Wo ich eigentlich herkomme. Aber sie ist schon irgendwie idyllisch. Mit den alten, aber gut restaurierten Häusern, der Sauberkeit und diesen vielen freundlichen Menschen, auf die ich ehrlich gesagt verzichten könnte.

Anonymität der Großstadt, ich vermisse dich.

Ich betrete den Laden und werde von einer glücklich lächelnden Verkäuferin begrüßt, die währenddessen ein Regal auffüllt. Warum ist sie so glücklich? In Berlin ging man in der Masse unter. Man musste schon tief in die Tasche greifen um in einem Geschäft überhaupt bemerkt zu werden. Ich setze ein höfliches Lächeln auf und grüße zurück, bevor ich zwischen den Regalen verschwinde und meine Augen suchend schweifen lasse. Ich sehe schon die Abteilung mit den Düften und muss mich nur noch an einer älteren Dame vorbeizwängen, die mit ihrem Korb und ihrem Hintern meinen Weg versperrt. Ich warte höflich, bis sie endlich die hinterste Packung Taschentücher aus dem untersten Fach gekramt hat und gehe dann an ihr vorbei. Auf Anhieb finde ich meinen Duft, greife ihn mir und gehe zur Kasse.

Eine ewig lange Schlange erwartet mich. Ich schaue auf die Uhr. Klar, es ist zehn Uhr morgens. Rentner, Mütter und Leute wie ich, die einfach das Glück haben, heute nicht arbeiten zu müssen, gehen jetzt ihre Besorgungen erledigen. Um den Nachmittag frei zu haben für... Ja, für was eigentlich? Mir fällt auf, dass ich heute nichts mehr zu tun habe. Mein neubezogenes Loft ist möbliert und eingeräumt, ich fange erst in zwei Tagen auf meiner neuen Arbeit an und Karen ist noch auf Geschäftsreise. So wie eigentlich immer. Weswegen ich auch nicht ganz verstehe wieso sie unbedingt an einen ruhigeren und gediegeneren Ort ziehen musste, wie sie es ausgedrückt hatte. Aber ich habe mich in diesem Punkt von meiner Frau überzeugen lassen. Wenn sie schon die meiste Zeit auf Geschäftsreise in New York, Peking oder London ist, braucht sie einen entspannten Ort an dem sie zurückkehren kann. Und das war Berlin ihrer Meinung nach nicht. Ein wenig kann ich es allerdings nachvollziehen. Deswegen auch mein Einlenken.

Ändern ließ es sich nun sowieso nicht mehr. Gelangweilt blicke ich mich im Laden um. Es gab hier aber auch nichts, rein gar nichts, dass mich interessierte. Oder niemanden der mich interessierte. In Berlin war Zerstreuung leicht gewesen. Ich hatte mir mit der Zeit einen recht großen und exklusiven Bekanntenkreis aufgebaut. Und so war mein Vorrat an vergnüglicher Gesellschaft eigentlich nie ausgegangen. Irgendwer schmiss immer eine Party oder fuhr auf ein Festival oder hatte irgendeine andere tolle Idee, womit man sich die Zeit vertreiben konnte. Und so hatte ich immer wieder neue, schöne Frauen kennengelernt mit denen ich meine Zeit noch viel vergnüglicher hatte verbringen können.

Für Karen war das kein Problem. Wir hatten schon seit Beginn unserer Ehe ein Arrangement getroffen. Wir beide dürfen ficken wen wir wollen. Allerdings niemals jemanden zweimal. Außerdem ist Küssen tabu. Das hat zu viel mit Gefühl zu tun und sollte nur uns beiden vorbehalten sein.

Point of no returnWhere stories live. Discover now