To a little girl

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Dear Love,

Du hast dich nie darum geschert, was die anderen sagten, dachten, meinten. Die Welt - meine Welt -  drehte sich um dich, und es gab niemanden der sich dessen bewusster war als du. Wieso würdest du dich also darum scheren, dieses 'etwas' am leben zu halten, das wir hatten? 

Du wusstest genau, wie magisch dieses 'etwas' einmal für mich war. Und das hat dich nicht daran gehindert, es zu zerstören.

Es war dein Schmerz den ich fühle, Tag für Tag, Stunde um Stunde, während er für dich längst zu einer Erinnerung geworden ist, mit der du mich ausfüllst. Dein Schmerz, der nun mich zerfrisst, von innen heraus, wie Rost das Eisen zerfrisst. Alles was übrig bleiben wird ist roter Staub und die Erinnerung an das, was du mich fühlen ließest.

Aber Liebste, ich lasse mich nicht wieder in die Bilder der Vergangenheit zeichnen. Ich lasse mich nicht wieder in die Formen zurückdrängen, aus denen ich ausbrach. Nicht mehr. Nie wieder. 

Ich wollte nie, dass du genauso fühlst. Die Momente, in denen ich mir das wünschte sind diejenigen, die ich am liebsten aus meiner Geschichte löschen würde. Aus unserer Geschichte, der Geschichte eines ewigen Kampfes.

Ich war so blind. Es ist kein fairer Kampf, keiner der strotzte vor Heldenmut und großen Taten, das ist er noch nie gewesen. Unser Kampf, Tag um Tag, hatte nichts zu tun mit glorreichen Helden und gewonnenen Schlachten, wie sie in den Liedern besungen werden. 

Es war ein Bürgerkrieg. Ein blutiges Gemetzel. Alles das bleibt, sind graue Friedhöfe inmitten abgebrannten Ödlands. Ein Kampf gegen uns, gegen unsere Träume, gegen die Realität. Und doch habe ich das Gefühl, der einzige, der auch für uns kämpfte, war ich.

Dezember, der Monat der Besinnlichkeit und Liebe - er hätte nicht unser Grab sein müssen. Ich weiß, was du jetzt sagen wirst. Aber hier geht es nicht um die Frage wer falsch ist und was richtig. Versteh es doch, darum ging es nie wirklich. Die Welt ist so viel komplexer als das, wir sind so viel komplexer als das. Wir sind mehr, als nur deine Vorstellung. Wir sind mehr als richtig und falsch. Wir sind das bunteste, schillerndste Grau, das du dir vorstellen kannst. Es wäre an dir gewesen, das zu erkennen.

Aber auch die Zeit kann keine Wunden heilen, vor denen du die Augen verschließt.

Wir hätten so viel mehr sein können als Kampf und Zerstörung. Und doch sind wir es nicht. Vielleicht verstehe ich nun, auch wenn du es nicht tust. Denn das was wir haben ist alles, was wir jemals bekommen werden. Du hast nicht denselben Dämonen ins Gesicht gesehen wie ich. Jemand, der im Dunkeln gelebt hat ist schnell geblendet vom Licht. Ich war geblendet von deinem Schein, jetzt sehe ich. Wir hatten die Zeit, unsere Geschichte zu schreiben und dafür bin ich dankbar, auch wenn es eine Geschichte von Schmerz und Leid geworden ist. 

Und schon wieder. Ich verstehe, ich öffne meine Augen, doch du tust es nicht. Ich kann es nicht ändern, ich kann dich nicht ändern. Ich habe es versucht, wirklich. Aber du forderst mehr als du brauchst und du nimmst mehr als du gibst. Du hast mir den Platz zum Atmen genommen. Du drängst mich in die Ecke. Allen Platz beanspruchst du für dich und die kleine Lügenwelt in der du lebst.

Aber mach nur weiter. Mach nur weiter in dem Glauben, im Recht zu sein. Wie könnte ich dir deinen einzigen Glauben, deinen Halt nehmen? Ich weiß, dass es nur deine Art ist, die Dunkelheit fern zu halten. Doch die nur die Illusion von Licht und Wärme lässt dich auch nicht besser schlafen in der Nacht. Zumindest mich nicht, wenn ich mich stundenlang im Bett von einer Seite auf die andere wälzte, während du neben mir schliefst wie ein Engel. Ein Todesengel. 

Geh' nur weiter deinen Weg in deiner kleinen, perfekten Welt und unterscheide nach richtig und falsch. Es wird immer dasselbe bleiben, die Konstante in deinem Leben, die dich unbekümmert voranschreiten lässt. Denn in deiner verqueren Welt weißt du genau, was richtig ist und was nicht. Nur, Liebste, die Welt dort draußen, jenseits deiner Seifenblase, funktioniert anders. Vielleicht besser, vielleicht schlechter. Aber das ist ja der Unterschied - es spielt keine Rolle. Nicht alles ist immer eine Seite, eine Farbe, eine Wahrheit. Denn vielleicht ist die Welt hier draußen der schwarz-weiße Regenbogen, das Schachbrett in Grau, die merkwürdigste Wahrheit von allen. Tief in dir drinnen weißt du, dass du in einer Seifenblase lebst, in einer der schönsten und grausamsten Illusionen.

Mach nur weiter, geh deinen Weg - doch ohne mich. Ich werde nicht mehr derjenige sein, der neben dir geht.

Ich kann nicht mehr. Wie viel Kraft soll ich noch dafür verschwenden, dir die Realität vor Augen führen zu wollen?

Die Welt kann nur zu dir vordringen, wenn du sie hereinlässt. Wenn du die Mauer senkst und die Geschütze einfährst.

Vielleicht wirst du jemand anderen finden, der das kann. Der dich entführen kann in eine Welt, die so viel mehr ist als das was du siehst. Diesen Jemand, der dort stark ist wo ich schwach bin und der dort gewinnt, wo ich verloren habe.

Du bist ein kleines Mädchen, das lachend seinen Traumblasen hinterherläuft. Du achtest nie auf das, was du auf deinem Weg niederreißt. Ich hatte auch Träume, weißt du? Auch ich hatte bunte Ballons, die geleuchtet haben im Dunkeln. Glühwürmchen, die du eingefangen hast, um dich an ihrem schwindenden Licht zu freuen. Traumblasen, die du geplatzt hast, ohne es überhaupt zu bemerken, weil du auf nichts als dich achtest.

Ich bin es leid. Vielleicht ist es Zeit für neue Träume, auf einem Weg, weit weg von deinem. 

Es tut weh, dir Lebewohl zu sagen. Ich wünsche mir, dass du eines Tages einmal jemand finden wirst, der dein Herz höher schlagen lässt. Dass du eines Tages das Leben führen kannst, dass ich mir für dich wünsche, ein Leben ohne die Dämonen der Vergangenheit an deiner Seite. Ich wünsche es mir von ganzem Herzen.

Noch ein Traumballon, der mich von dir fort leitet.

Du hast es verdient, all das hier zu wissen, bevor ich gehe und dich allein lasse in der Dunkelheit. Nenn mich egoistisch. Ich hoffe einfach, dass du eines Tages diesen Brief in den Händen halten und verstehen wirst. 

Einen Traum, den ich dir vor die Füße lege. Zertritt ihn nicht, ich bitte dich. Denn mit allem was du bist, bist du doch nur ein kleines Mädchen.

Lebewohl, Liebste.





Ein neuer Brief, den ich allerdings schon vor einer ganzen Weile geschrieben habt. 

Ich würde mich wirklich über Rückmeldungen freuen. Kritik, Lob, Wetterbericht - immer mal her damit! Und wenn's euch gefallen hat, lasst doch ein Sternchen da ^^

Alles Liebe, eure Bella xx

Eyes of a strangerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt