10. Ein zweiter Versuch

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Hey Leute,
Hier gibt's zum Wochenende das nächste Kapitel :)
Viel Spaß, FUlia

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Als ich im Hotel ankomme, ist es bereits dunkel. Auf dem Rückweg habe ich noch in einer Frittenbude einen Stopp eingelegt, denn ich hatte heute bis auf das Eis noch nichts gegessen. Eigentlich wollte ich das ja mit Felix machen.

Chris ruft an, und fragt mich, wie mein Tag mit dem „alten Bekannten“ so war.

„Toll“, lüge ich ihn an, weil ich nicht zugeben will, dass es mir gerade ziemlich beschissen geht. In gewisser Weise ist das ja sogar die Wahrheit, denn der Nachmittag war anfangs wirklich schön gewesen.

Er fragt nicht weiter nach, obwohl ich merke, dass er mir am liebsten 1000 Fragen über Felix stellen möchte. Ich versuche, unser Gespräch so kurz wie möglich zu halten, weil ich nur noch ins Bett möchte.

Irgendwann merkt Chris, dass ich nicht reden will und verabschiedet sich von mir.

Ich lege mein Handy auf den Nachttisch und mich selbst ins Bett und versuche, schnell einzuschlafen. Morgen ist mein letzter, voller Tag hier. Danach fliege ich zurück.

Am nächsten Tag, fällt mein Blick nach dem Aufstehen sofort auf mein Handy. Zwei verpasste Anrufe von Felix. Was will der Typ schon wieder?

Ich bin verdammt neugierig, trotzdem rufe ich nicht zurück. Ich habe ihm schließlich nichts zu sagen.

Aber er mir anscheinend, denn gerade als ich im Hotelrestaurant am Mittagsbuffet stehe, klingelt mein Handy erneut und Felix‘ Name leuchtet mir auf dem Display entgegen.

Ich nehme meinen vollgehäuften Teller, setze mich auf einen Platz am Fenster und erst dann nehme ich den Anruf an: „Was ist?“

„Julie, hör mir bitte zu. Es tut mir Leid, wie der Tag gestern geendet hat. Ich weiß, es ist nicht fair, sowas zu dir zu sagen, weil ich weiß, dass du einen Freund hast. Aber ich wollte nur ehrlich zu dir sein, ich wollte dich auf keinen Fall in Verlegenheit bringen, ehrlich! Ich habe gehofft, du gibst mir noch eine Chance, ich fand den Tag mit dir gestern nämlich echt schön.“

Schweigend höre ich Felix in seinem Redefluss zu, ohne ihn zu unterbrechen.

„Also, was meinst du? Sollen wir heute das verpasste Essen von gestern nachholen?“ In seiner Stimme liegt ein Flehen und ich ringe mit mir selber, was ich ihm antworten soll.

Es ist unheimlich nett, dass er sich bei mir entschuldigt, so sind nicht viele Männer. Und auch ich fand, dass der Tag mit ihm sehr schön war und wir uns super verstanden haben. Ich glaube, wir könnten gute Freunde werden. Wenn ich dem ganzen noch eine Chance gebe.

„Julie? Bist du noch da?“

„Ja. Weißt du Felix, vielleicht habe ich auch einfach übertrieben. Aber es ist einfach komisch, wenn du…“

„Sprechen wir einfach nicht mehr drüber“, winkt Felix ab.

„Trotzdem danke für deine Ehrlichkeit“, sage ich. „Und wenn wir schon mal beim Thema sind: Ich würde dich ehrlich gerne wiedersehen.“

Ich spüre Erleichterung darüber, dass wir uns wieder versöhnen und ich glaube, ihm geht es ähnlich.

„Dann heute um vier am Rathausplatz?“, fragt er und ich stimme zu.

Den vollen Teller lasse ich unberührt an meinem Platz stehen, als ich zurück auf mein Zimmer gehe. Ich brauche meinen Appetit noch für später.

Um viertel nach vier bin ich am Treffpunkt und halte Ausschau nach dem Mann mit Cap und Sonnenbrille. Tatsächlich ist Felix schon da und winkt mir schon von weitem triumphierend zu.

„Sieht so aus, als hätte ich heute gewonnen“, begrüßt er mich und deutet auf die Rathausuhr.

Wir umarmen uns und tun beide so, als hätte es das Gespräch gestern am See nicht gegeben.

„Heute folgt die Stadtbesichtigung Teil 2“, erklärt Felix und legt sofort los, mich wieder durch die Gegend zu führen.

Ich kann mich jedoch nicht richtig konzentrieren, als er mir irgendwelche Dinge erklärt, und denke stattdessen über seinen Satz nach. „Dann wärst du vielleicht mal mit mir ausgegangen.“ Ja, vielleicht, aber das kommt jetzt zwölf Jahre zu spät. Dafür holen wir das ja jetzt gewissermaßen nach.

Heute machen wir unsere Pause auf einer Bank im Park am Fluss.

„Du hast mir gestern nicht mehr erzählt, wie deine Zeit nach der Schule so war“, fange ich an. „Du warst ja schon nach der Zehnten weg, was hast du dann so gemacht?

„Naja“, grinst Felix, „genau wie du, musste ich mein Ziel erst mal finden.“ Er erzählt, wie er mit verschiedenen Jobs sein Geld verdient hat, sich sein eigentliches Leben aber immer nur um die Musik gedreht hat. Und wie er sich dann mit seinen alten Kumpels und seinem Bruder zusammengetan hat, um die Band „Kraftklub“ zu gründen.

„Und… hast du auch eine… Freundin?“, frage ich zögernd. Irgendwie wäre es mir noch unangenehmer, wenn er solche Dinge wie gestern sagt, während zu Hause seine Freundin sitzt und nichts davon weiß.

Doch Felix zuckt die Schultern. „Nee, zur Zeit nicht. Irgendwie klappt es nicht so recht mit einer längeren Beziehung. Aber macht nix, ich hab ja noch Zeit, die richtige zu finden.“

Er schaut mich an und ich nicke, da klingelt mein Handy.

„Hallo?“ Es ist Neele, die mich fragt, ob wir was unternehmen wollen, heute an meinem letzten Tag in Chemnitz.

„Sorry, Neele. Ich hab schon was anderes vor“, entschuldige ich mich bei ihr. Es tut mir auch wirklich leid, da ich sie so lange nicht gesehen habe und bis zu meiner Hochzeit in unabsehbarer Zukunft wohl auch nicht mehr so schnell wiedersehen werde.

Aber sie jetzt dazu zu holen hätte keinen Sinn, da sie dann sowieso nur Felix belagern würde und ich dann von keinem der Beiden was hätte.

„Ach Mann, Julie. Ich hab dich sooo lange nicht gesehen, ich dachte echt, du nimmst dir Zeit für mich. Was hast du denn wichtigeres vor, als deine liebste Schwester zu treffen?“

Wenn ich ihr die Wahrheit sage, wäre sie in fünf Minuten da, aber anlügen will ich sie auch nicht, deshalb antworte ich: „Ich treffe mich mit alten Freunden.“

„Kann ich dann nicht trotzdem kommen?“, fragt sie trotzig.

„Sorry, aber wir wollen Zeit alleine verbringen. Sei mir bitte nicht böse, wir hatten doch drei tolle Tage auf dem Festival zusammen.“

„Okay… Dann ein anderes Mal…“, verabschiedet sich Neele.

„Wir holen alles nach irgendwann“, verspreche ich ihr und lege dann auf.

„Deine Schwester?“, fragt Felix und ich nicke.

„Die würde nur stören“, erkläre ich grinsend, „du hast sie ja kennengelernt.“

„Ach, es gibt schlimmerer Mädchen“, meint er nur, trotzdem scheint er froh zu sein, dass ich sie nicht zu uns eingeladen habe.

Wir sitzen noch einige Zeit auf der Bank am Fluss, bis Felix irgendwann sagt: „So, ich hab jetzt aber richtig Hunger. Wollen wir was essen gehen?“

Begeistert bejahe ich seine Frage, denn auch ich spüre jetzt, wie hungrig ich eigentlich bin.

Also zeigt mir mein Stadtführer ein Restaurant, welches seiner Meinung nach das beste in Chemnitz ist und wir setzen uns nach draußen in den Außenbereich, da es noch ziemlich warm für diese späte Uhrzeit ist.

12 Jahre späterWhere stories live. Discover now