62.Wiedersehen

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Fertig angezogen stehe ich im Badezimmer vor den Spiegel. Logan, Mike und Joe warten draußen auf mich, dann fahren wir zum Friedhof.
Ich hole noch einmal tief Luft und gehe dann nach draußen. Sofort sehen mich die drei an, Logan kommt zu mir und nimmt meine Hand. In der anderen Hand, hält er ein paar Blumen.
Still gehen wir aus dem Zimmer, zum Aufzug und von dort aus zum Auto. Joe hat am Samstag ein Auto gemietet, bis wir wieder zurückfliegen.
Joe setzt sich hinter's Steuer, Mike sitzt auf dem Beifahrersitz, Logan und ich hinten auf der Rückbank. Ich hasse diese Stimmung, keiner weiß was er sagen soll. Die ganze Fahrt über sagt deshalb auch niemand etwas.

Erst als wir auf den Parkplatz fahren und aussteigen, fängt Joe an zu reden. „Mike und ich werden uns hier ein bisschen umsehen, euch aber dennoch im Auge behalten. Wir bleiben in der Nähe, falls etwas ist.”, damit verschwinden die beiden dann auch schon auf den Friedhof. Logan und ich gehen langsam hinter ihnen her, zum Grab meiner Mutter.

Ein paar Minuten später halte ich an, Logan, dessen Hand ich in meiner halte, ebenfalls. Er sieht wie ich zum Grabstein und liest was darauf steht.

Marie Jones
*02.08.1976
†28.10.2015
Geliebte Tochter, Frau und Mutter

Zu früh musstest du gehen, zu früh mussten wir dich gehen lassen.

Das Schicksal nennt bekanntlich keine Gründe.”

Ruhe in Frieden

Meine Hand schließt sich fester um Logan's. Den vorletzten Satz hat meine Mum immer gesagt.

Es ist jetzt zwar schon drei Jahre her, trotzdem könnte ich wieder heulen.
Logan gibt mir die Blumen, zögernd nehme ich sie entgegen. Ich sehe von den Blumen zum Grabstein und bleibe kurz regungslos stehen, ehe ich einen Schritt nach vorne mache, in die Hocke gehe und sie vor den Stein lege. Ich bleibe so hocken und sehe zu Boden.

Piepen. Immee wiederkehrendes Piepen. Das einzige Geräusch, welches ich hasse und von dem ich gleichzeitig hoffe, dass es nie verstummt. Würde es das nämlich tun, wäre sie tot. Ihr Herz hätte aufgehört zu schlagen.
Jetzt jedoch liegt sie vor mir im Bett. Blas, krank, mit sichtbaren Ringen unter den Augen. Sie sieht schrecklich aus. Eingefallen. Wie das, was sie ist...todkrank. Sie hat nicht mehr lange, dass weiß sie, das weiß ich, das wissen die Ärzte.
Und trotzdem liegt sie vor mir und erzählt mir lächelnd, wie sie und mein Vater vor meiner Geburt einmal in der Stadt unterwegs waren. Zusammen waren sie einkaufen, Kleidung und was weiß ich nicht alles. Jedenfalls hat meine Mutter dann die Taschen im Auto verstaut, während mein Vater den Parkschein bezahlen war. Sie setzte sich währenddessen wieder ins Auto und wartete auf ihn. Dabei sah sie dann, wie er sich am Automaten noch mit jemandem stritt und wütend wieder zurückkam. Das Auto meiner Eltern hat gegenüber, Schnauze an Schnauze mit einem anderen geparkt. Blöderweise ist er dann in das gegenüberliegende Auto gestiegen und hat der Frau darin, wütend gestikulierend erzählt, was ihm gerade passiert ist. Meine Mutter sah ihm dann tränenlachend dabei zu. Die Frau im anderen Auto hat ihn nur verstört angestarrt und als es ihm aufgefallen ist, ist er schleunigst wieder ausgestiegen.

Ich muss während ihrer Erzählung ebenfalls anfangen zu lachen. Ich kann mir gut vorstellen, wie meine Mutter meinen Vater auslacht, während dieser sich lautstark aufregt und dann verdutzt guckt.

~

Seit ein paar Tagen wird es immer schlimmer. Mum geht es immer schlechter. Lange wird sie wohl nicht mehr leben. Mein Dad und ich sitzen wie immer, seit sie krank ist, bei ihr im Krankenhaus. Er hält ihre Hand, während sie schläft und streicht immer wieder mit dem Daumen darüber.
„Ich gehe mal kurz raus.”, mein Dad nickt und sieht mir nach.
Als ich aus dem Zimmer draußen bin, gehe ich zum Balkon des Krankenhauses in diesem Stockwerk. Dort bleibe ich mehrere Minuten und atme nur die frische Luft ein und aus. Die stickige Krankenhausluft bereitet mir Kopfschmerzen. Oder es ist mein Schlafmangel. Wer weiß, vielleicht auch beides?

Der Job meines Lebens. BxBWo Geschichten leben. Entdecke jetzt