Arschloch

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Die beiden Silhouetten kamen näher und ihre Gesichter schälten sich aus der Dunkelheit. Innerlich stöhnte ich auf. Es waren Kyle und Ian, die auf uns zukamen. Auf diese beiden Idioten konnte ich gerade wirklich verzichten...

„Hey Ryan!" Inzwischen hatten sie uns erreicht und Ryan drehte sich mit einem etwas gequälten Grinsen zu ihnen um. Lässig lehnte er sich an die Wand.

„Hey Leute.", gab er zurück. Ian musterte mich wie aus Adleraugen und ich versuchte, mich klein und unauffällig zu machen.

„Jetzt sag bloß nicht, du hast uns versetzt, um mit ihr zum Spiel zu gehen!" Seine Stimme triefte nur so vor Verachtung.

„Ja, als du uns gesagt hast, dass du nicht mitkommen kannst, weil du dich mit jemandem triffst, hättest du ruhig sagen können, dass es sie ist...", pflichtete Kyle ihm bei. Auch sein Blick lag auf mir, doch in seinen Augen konnte ich keine Verachtung erkennen, eher... Gier. Verunsichert schaute ich auf den Boden. Wie immer wenn ich nervös war, begann ich, meine Hände zu kneten.

Ryan legte seinen Arm um meine angespannten Schultern und zog mich an sich.

„Mensch, Jungs, lasst mir doch meinen Spaß!" Und er schmatzte mir einen feuchten Kuss auf die Schläfe. Ruckartig blickte ich auf und musterte ihn skeptisch mit gerunzelter Stirn. Was war in ihn gefahren? Das hatte er noch nie gemacht...

Kyles Augen zogen mich Stück für Stück aus. Besonders lange verweilte er auf meinen Brüsten, so lange, dass ich schon die Hände davorhalten wollte, um sie zu verstecken. Am liebsten hätte ich mich seinem Blick entzogen, doch Ryans Arm lag immer noch schwer auf meinen Schultern und er machte keine Anstalten, mich loszulassen. Ein flaues Gefühl machte sich in meinem Magen breit. 

„Spaß", Ian zog das Wort lang wie Kaugummi, „Wahnsinn, Alter, ich dachte nicht, dass du mal so tief sinkst. Normalerweise sind deine Schlampen hübscher..." Ok, Ian konnte mich eindeutig nicht leiden. Offensichtlich hielt er mich für eine von Ryans Schlampen, blödes Arschloch. Beunruhigt überlegte ich, ob Ryan mich vielleicht auch nur als eines seiner Betthäschen sah. Aber ich hatte doch gar nicht mit ihm geschlafen...

„Ach, weißt du, man muss sich auch mal um die weniger Begünstigten kümmern. Nenn es Wohltätigkeit." Ryans Grinsen war fies geworden, von seiner netten Art, die sich vorhin gezeigt hatte, war nichts mehr übrig. Er war wieder das Arschloch, das er so gern raushängen ließ. Entschlossen schüttelte ich seinen Arm ab und trat einen Schritt zurück.

„Ich glaube, ich verzichte lieber auf deine Art von Wohltätigkeit!", giftete ich ihn an. Er zog eine Augenbraue hoch und grinste spöttisch.

„Wie du willst, niemand zwingt dich zu irgendetwas...", meinte er und hob die Arme. Kyle lachte.

„Hey, wenn du sie nicht willst, kann ich sie dann haben?" Anzüglich leckte er sich über die Lippen und zwinkerte mir zu. In mir stieg Ekel auf. Was glaubte der, wer er war?

Ryan machte eine Handbewegung, als würde er mich gern Kyle überlassen.

„Bitte, wenn es dir Spaß macht...", in seiner Stimme schwang unendliche Gleichgütligkeit mit. Ungläubig blickte ich ihn an. Ihr beschissen arrogantes Verhalten brachte mich zur Weißglut.

Mit einem Schritt war Kyle neben mir. Sein linker Arm lag um meine Schultern und hielt mich fest, mit seiner rechten Hand packte er mein Kinn, drehte es hin und her und begutachtete mich mit Verlangen in seinem Blick.

„Hm, so hässlich bist du doch gar nicht. Und dein Körper gefällt mir. Was meinst du, sollen wir ein bisschen Spaß miteinander haben?" Er betonte das Wort Spaß so, dass unmissverständlich war, dass er eigentlich Sex meinte.

Ich war so wütend, ich hätte ihm genau auf seine teuren Markenturnschuhe kotzen können. Mein Instinkt schaltete sich ein. Mit einem Ruck riss ich mein Kinn aus seinem Griff, schüttelte seinen Arm ab, machte zwei schnelle Schritte nach vorn und brachte Abstand zwischen uns.

Mit blitzenden Augen wandte ich mich an Ryan.

„Kann ich mal kurz mit dir reden?", nur mit Mühe konnte ich mich zurückhalten, ihn nicht anzuschreien. 

„Du redest doch gerade mit mir..." Seine Augen funkelten überheblich.

„Unter vier Augen!" Meine Stimme war eiskalt. Er verzog seine Lippen zu einem Schmollmund.

„Ich denke nicht. Sag, was du sagen willst oder verschwinde!" Auch seine Stimme war kalt. Kopfschüttelnd betrachtete ich ihn, wie er da an der Wand lehnte, seine beiden besten Freunde direkt neben sich. Eine tiefe Abscheu erfüllte mich und ließ mich den Mund verziehen.

„Mieser Scheißkerl!", entwich es mir.

Mit einer kalten Ruhe hob ich meine Faust an die Lippen, steckte den Mittelfinger, küsste ihn und reckte ihn ihnen entgegen. Dann drehte ich mich um und ging. Nach ein paar Sekunden hatte ich einige Meter zwischen uns gebracht.

Es gongte zum zweiten Viertel und plötzlich schienen die Leute um mich herum es sehr eilig zu haben, zurück auf die Tribüne zu kommen.

„Liz, warte!", hörte ich plötzlich Ryans Stimme hinter mir. Wütend biss ich die Zähne zusammen und kämpfte gegen den Strom an. Ich wollte ihn nicht mehr sehen! Mit aller Kraft schob und boxte ich mich an den mir entgegenkommenden Menschen vorbei. Auf einmal sah ich eine Lücke, schlüpfte hinein, brachte einige Meter schnell hinter mich und dann versiegte der Strom langsam.

Jetzt war es einfach, schnell voranzukommen. Ein paar Mal hörte ich Ryan noch meinen Namen rufen, doch nach kurzer Zeit gab er auf. Nach wenigen Minuten hatte ich einen Ausgang gefunden und trat an die kalte Dezemberluft. Die Sonne war vor kurzer Zeit untergegangen und die Dämmerung hatte eingesetzt.

Frierend schloss ich meine Jacke und zog die Schultern hoch. Ich beeilte mich und war mit der U-Bahn schnell in meinem gewöhnt heruntergekommenen Viertel. Inzwischen war es richtig dunkel und die Straße wurde nur vom Licht aus den Häusern und den eher schlecht als recht funktionierenden Straßenlaternen erhellt.

Niedergeschlagen trottete ich vor mich hin. Ryan war so ein beschissenes Arschloch. Die Wut, die ich gefühlt hatte, als ich von den drei Jungs weggekommen war, war gewichen und zurück blieb nur schwere Niedergeschlagenheit und ein unbestimmtes Gefühl von Traurigkeit. Hatte ich wirklich geglaubt, Ryan würde mich vielleicht mögen? Wie hatte mir das passieren können? Ich hätte viel abweisender sein müssen, vielleicht hätte er mich dann irgendwann in Ruhe gelassen. Nun ja, vermutlich würde er mich jetzt nicht mehr beachten.

Langsam hob ich den Blick von meinen Schuhen. Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich wusste nicht genau, wieso, aber es schien mir, als würden die Straßen und Häuser die Luft anhalten. Ab und zu kam mir jemand entgegen, doch sie gingen alle schnell und schauten nicht auf, wenn sie an mir vorbeigingen.

Ich hätte gleich misstrauisch werden sollen, als der alte aber aufgemotzte Ford in die Straße einbog. Er fuhr zu langsam. Aber ich wurde erst nervös, als er noch weiter abbremste und mit böse tuckerndem Motor direkt neben mir herfuhr. Doch da war es zu spät...


Hey, das wars mal wieder, ich hoffe, es gefällt euch. Ian und Kyle sind schon richtige Wichser oder? Wollt ihr mal ein Kapitel aus Ryans Sicht?

Schönen Tag euch noch ;)

The dark inside meWhere stories live. Discover now