21.

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W.

Früh morgens wurde ich am nächsten Tag, durch meine Klingel, aus dem Schlaf gerissen. Völlig verwirrt taummelte ich aus meinem Bett. Wer könnte das sein?
Ich hatte schlecht geschlafen, ständig mit dem Gedanken, dass ich, sobald ich aufstehen würde, zur Arbeit müsste. Entsprechend hatte ich nun keine so gute Laune, meiner Meinung nach zu früh, mich dem heutigen Tag stellen zu müssen.
Ich gähnte noch viel zu übermüdet, als es erneut klingelte. Wahrscheinlich nur der Postbote...
Nachdem ich mir mein T-Shirt übergezogen hatte, um diesen nicht nur in Boxershorts bekleidetet gegenüber stehen zu müssen, bewegte ich mich zur Wohnungstüre und öffnete dem Unbekannten. Zu meinem Erstaunen erblickte ich jedoch eine mir sehr bekannte Person.
Elegant wie eh und jeh kam er mir, in seinem beigen Mantel, entgegen und schenkte mir sein berühmtes Lächeln, welches mich jedes Mal zum dahinschmelzen brachte. Mit seiner linken Hand winkte er mir, mit seiner rechten hielt er eine Bäckertüte fest.
"Hyungwon! Was machst du hier?" Glücklich fiel ich ihm um den Hals. Meine schlechte Laune war verflogen. "Ich dachte ich überrasche dich. Ich habe Croissants mitgebracht.", kicherte er. "Wie süß von dir."
Wie von selbst fanden unsere Lippen zueinander. Vom Rausch benommen, zog ich ihn näher zu mir, taummelte rückwärts zurück in die Wohnung und schloss die Türe, ohne auch ein einziges Mal von seinen süßen Lippen abzulassen. Den Kuss vertiefend, führte ich ihn in mein Wohnzimmer, bis zu meinem Schreibtisch. Sanft saugte ich an seiner Unterlippe, um danach seine Zunge zu umspielen. Ein angenehmer Schauer lief mir über den Rücken.
Langsam löste ich mich von ihm, meine Hände hatte ich behutsam auf seine Hüften gelegt. "Danke.", hauchte ich. Hyungwon entgegnete meinem Blick mit roten Wangen, angeschwollenen Lippen und leuchtenden Augen.
Wie kann er nur so wunderschön sein?
Auch er legte seine Hände um meine Taille und lächelte mich an. "Ich dachte ich bringe dich auf andere Gedanken, wegen Gestern." Mit seinem Daumen machte er eine kreisförmige Bewegung, die die Stelle an meiner Taille zum kribbeln brachte. Sein Lächeln brach ab und er sah mich bedrückt an. "Ich fühle mich echt schlecht wegen Gestern." "Was? Wieso?"
Seine Aussage schmerzte mich. Ihn so zu sehen und dann auch noch wegen mir... Er ist doch meine Sonne...Ich möchte ihn nur vor Glück strahlen sehen, weil es das ist, was er verdient hat.
"Weil es meine Schuld ist." Betrübt senket er seinen Blick. Ich legte meine Hand unter sein Kinn, sodass er gezwungen war mir in die Augen zu schauen. "Es ist nicht deine Schuld." "Doch. Wenn ich normal wäre, müsstest du dir über sowas keine Gedanken machen..." Ich lehnte meine Stirn gegen seine und sah ihm tief in die Augen. "Ich will niemand anderes. Du bist perfekt, so wie du bist", versicherte ich. Seine Augen weiteten sich bei meinen Worten. "Was hast du gesagt?", kicherte er. "Du bist perfekt.", wiederholte ich lachend, wissend, dass er mich sehr gut verstanden hatte. "Das klingt ziemlich gut." Mit roten Wangen lächelte er mich verlegen an.
Wie kann eine Person bloß so niedlich sein?
Also wiederholte ich bestimmt noch 10 Mal, dass Hyungwon perfekt ist, bis er mich mit einem Kuss zum schweigen brachte. Er hatte mein Gesicht gepackt und unsere Lippen sehnsüchtig vereint, als wolle er all seine Gefühle, die er nicht in Worte fassen konnte, in diesem Kuss ausdrücken. Und ich verstand genau was er mir sagen wollte. Eine Welle von Emotionen erfasste mich und versetzte meinen ganzen Körper unter Strom, um sich in pure Leidenschaft umzuwandeln. Verlangend küsste ich ihn. Meine Hände wanderten von seiner Taille, zu seinem Hinterteil. Hyungwon vertiefte dabei unseren Kuss, weswegen ich mich bestärkt fühlte und ihn hochhob, um ihn auf meinen Schreibtisch zu setzen. Dabei war ich anscheinend etwas zu stürmisch, da ich etwas schweres auf den Boden fallen hörte.

Überraschte lösten wir uns und schauten in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Erschrocken musste ich feststellen, dass es sich bei dem schweren Objekt, um meinen Ordner handelte. Lose Blätter waren bei dem Sturz herausgefallen, sodass unzählige Zeichnungen von Hyungwon zerstreut auf dem Boden zur Show gestellt wurden. Hektisch versuchte ich so schnell wie möglich die Zeichnungen aufzusammeln, damit Hyungwon so wenig wie möglich davon zu Gesicht bekam.
Ich zeichnete zwar schon mein ganzes Leben lang gerne, es war nichts besonderes für mich und ich tat es nur zum Zeitvertreib und aus Spaß, doch seit ich diese Entwürfe anfertige, zeichnete ich bewusst. Ich wollte, dass sie gut aussehen und mich zufrieden stellen. Wenn etwas nicht so wurde, wie ich es mir vorgestellt hatte, schmiss ich es frustriert in den Mülleimer. Bei den Ouftfits die Hyungwon auf den Zeichnungen trug, machte ich mir lange, viele Gedanken, auch wenn ich oft von Ideen überschüttet wurde. Ich feilte an ihnen, bis ich sie perfekt fand. Diese Zeichnungen stellten harte Arbeit da. Ich hatte viel Zeit in sie investiert. Und doch hatte sie zuvor noch keiner vor Augen gehabt.
Es war nicht nur, dass ich mir Sorgen machte, Hyungwon würde mich für krank halten, so viele Bilder von ihm gezeichnet zu haben. Ich hatte auch Angst vor seiner Kritik. Dass er, als Chefredakteur der Chae, meine Kreationen schlecht fand.
Neugierig beugte er sich und hob einige Entwürfe auf. In Gedanken versunken betrachtete er sie für einige Zeit, in der ich vor Nervösität die Luft angehalten hatte.
"Hast du die gemacht?", fragte er irgendwann in die eingebrochene Stille. Mein Herz pochte unkontrollierbar schnell. "Ja..." Hyungwon sah mich begeistert an. "Wonho, du bist ein Genie!" Er nahm sich den Ordner und blätterte durch die anderen Zeichnungen. "Die Outfits sind genial!" Völlig perplex beobachtete ich ihn. War das sein ernst? "Ist nur ein Hobby von mir..." Hyungwon warf mir einen ungläubigen Blick zu. "Hobby? Das sieht eher aus wie deine Passion." "Ach Quatsch.", winkte ich verlegen ab und nahm ihm den Ordner ab. "Sag mal, hast du schon mal darüber nachgedacht das professionell zu machen?", fragte er mich ernst. "Was?! Nein." Ich lachte überfordert, nicht wissend wie ich mit den Komplimenten umgehen sollte.
Ich hatte noch nie darüber nachgedacht. Bis jetzt hätte ich schließlich auch nicht damit gerechnet, dass meine Entwürfe angeblich dem Chefredakteur der Chae gefielen. Andererseits war er mein Freund. Würde er mir wirklich ins Gesicht sagen, dass ich nicht das Zeug dazu habe?
"Kom, lass uns frühstücken.", wechselte ich das Thema.

Chae I 2wonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt