Kapitel 21

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Mit dem nächsten Morgen kommt auch ein plötzlicher Anflug an Nervosität bei der angehenden Lehrerin für Verwandlung. Sie liegt praktisch die ganze Nacht wach und flüchtet schon weit vor Sonnenaufgang aus dem Bett.

Als Severus aufwacht und Hermine nicht wie gewohnt in seinen Armen liegt, sitzt er mit einem Mal kerzengerade im Bett und ist schneller aus dem Bett als es sein altes Spion-Ich je gekonnt hätte. 

In Windeseile hat er sich ein T-Shirt übergeworfen und rennt durch die Wohnung auf der Suche nach seiner Freundin. 

Überall schaut er, im Bad, in der Bibliothek, in der Küche und zuletzt im Wohnzimmer der beiden. Nirgendwo ist sie auffindbar. Kurzerhand zieht er sich eine Jeans und ein Hemd über und fängt an, das Schloss abzusuchen. 

Sein Weg führt ihn als Erstes in die Bibliothek, da das bei ihr am naheliegendsten gewesen wäre, aber da ist sie nicht. Auch im Krankenflügel und in der großen Halle sieht er nach, doch keine Spur von ihr. Die letzte Idee, die er hat, nachdem weder in der Küche noch in ihrem zukünftigen Büro jemand war, ist der Astronomieturm. 

Etwas außer Atem von dem ganzen Umhergerenne kommt er oben an und sieht sie schon an der Brüstung stehen. Langsam und vorsichtig läuft er hinter sie und nimmt sie schließlich von hinten in den Arm. 

„Hier bist du also. Jag mir bloß nie wieder so einen Schrecken ein", flüstert er ihr von hinten in ihr Ohr, nachdem er gemerkt hat, dass sie anfangs nicht so recht wusste, wer es da war, der sie umarmt. 

Als sie dann jedoch seine Stimme hört, entspannt sie sich und lehnt sich gegen ihn. „Tut mir leid. Ich konnte nicht mehr schlafen und brauchte einen Ort zum überlegen. Da bin ich hier hoch. Ich hab dir doch aber eine Nachricht auf dem Nachttisch gelassen", sagt sie schließlich sehr leise, um die Ruhe nicht zu stören, die die beiden gerade umgibt. 

„Die muss ich übersehen haben auf der panischen Jagd nach der jungen Frau, die eigentlich hätte neben mir liegen sollen", schmunzelt er gegen ihre Haare. Wieder sind die beiden umgeben von Stille. 

Severus legt seinen Kopf auf ihrer Schulter ab und schon bald ist der erste Vogel zu hören. Langsam beginnt auch, die Sonne am Horizont zu steigen und schon bald ist alles um sie herum in sanft orange-rosa Licht getaucht.

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„Lass uns hereingehen", sagt er, nachdem sie noch eine ganze Weile da draußen gestanden hatten. Sie nickt und er zieht sie an der Hand in Richtung der Turmtür. Als die beiden dann wieder in der Wohnung sind, ist es bereits kurz vor sieben Uhr und für Hermine Zeit, sich für den Tag fertig zu machen. Nach einer ausgiebigen Dusche zieht sie sich das von Severus vorgeschlagene Outfit an und gemeinsam mit Severus geht sie zum Frühstück.

„Iss, Hermine. Du wirst deine Kräfte nachher brauchen können. Du hast gestern schon nicht viel gegessen", versucht Severus sie zu überreden, wenigstens eine Kleinigkeit zu essen. Hilfesuchend blickt er neben sie, wo ihre Mentorin sitzt. 

Die schaut nun mittlerweile selbst besorgt auf ihren Schützling. Mit strengem Gesichtsausdruck wendet sie sich schließlich der jungen Braunhaarigen zu, um sich dieses Elend nicht länger ansehen zu müssen.  

„Herrgott, Kindchen. Hör auf, so nervös zu sein. Du hast es im Krieg mit gefährlichen Leuten aufgenommen, ohne mit der Wimper zu zucken und jetzt willst du mir erzählen, du hast Angst davor, vor einem Haufen unausgebildeter Jugendlicher zu sprechen und ihnen unter Umständen auch etwas beizubringen? Das ist nicht dein Ernst. Du isst jetzt etwas und dann gehst du in den Klassenraum und bist Professor Hermine Granger und nicht das elfjährige Schulmädchen Miss Granger, dass du schon lange nicht mehr bist", versucht nun auch die betagte Schulleiterin die junge Frau dazu zu bewegen, etwas zu essen. 

Daraufhin fasst diese sich ein Herz und greift nun doch nach einem Stück Toast und beginnt zögerlich, daran herumzukauen. 

„Na geht doch", flüstert die tiefe Stimme von Severus nahe ihrem Ohr. Nach etwa 10 Minuten hat Hermine es dann geschafft, wenigstens einen Toast zu sich zu nehmen. 

„Es wird Zeit, Hermine", wendet sich ihre Mentorin dann an sie und Hermine muss nervös schlucken und hat mit sich zu kämpfen, den Toast unten zu behalten. 

Mit etwas wackeligen Beinen steht sie schließlich auf und folgt ihrer alten Hauslehrerin zum Raum für Verwandlung. Bevor sie den Raum betritt, atmet sie noch einmal tief durch und beruhigt sich noch ein letztes Mal, bevor sie die Reihen entlang schreitet und ihre erste Unterrichtsstunde vor den Fünftklässlern aus den Häusern Hufflepuff und Ravenclaw hält.

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Severus sitzt auf dem Sofa vor dem Kamin, Buch in der einen und ein Glas Rotwein in der anderen Hand,  als Hermine die Wohnung betritt und er kommt nicht umhin, den hüpfenden Schritt der Braunhaarigen zur Kenntnis zu nehmen und es mit einem wohlwollenden Lächeln zu quittieren. 

„Na, wie ist es gelaufen?" 

Eigentlich hätte ihm das Rumgetänzel schon Antwort genug sein sollen, aber dennoch sagt sie: „Es hätte nicht besser laufen können. Bis Ende des Jahres übernehme ich die Erst- und Zweitklässler sozusagen als Eingewöhnung", strahlt sie ihm entgegen. 

„Also wird nichts mehr mit dem den ganzen Tag gemeinsam auf dem Sofa sitzen und lesen?", fragt er sie dennoch leicht traurig. 

„Das nicht, aber spätestens Mittag habe ich Schluss und freitags ist ganz frei. Da können wir also noch genug auf der faulen Haut liegen. Und jetzt auf, mein Herr. Wir haben noch zwei Besuche zu tätigen", sagt sie und verschwindet im gemeinsamen Schlafzimmer, um sich etwas Bequemeres anzuziehen. Severus schüttelt bloß den Kopf und folgt ihr auf der Suche nach einem Hemd.

Langsam gehen die beiden in Richtung Krankenflügel, um nach Blake Destler zu sehen, bevor es sie nach Hogsmeade verschlägt. Kaum, dass sie die Krankenstation betreten, werden sie auch schon von Poppy Pomfrey in ihr kleines Büro gezogen. 

„Poppy, was gibt es denn so wichtiges?", fragt Severus mit hochgezogener Augenbraue. Die ältere Medihexe atmet tief durch, bevor sie zu einer Antwort ansetzt. 

„Hermine, es war gut, dass du ihn zu mir gebracht hast. Ich habe ihn gestern noch einmal komplett durchgecheckt. Wie es scheint, war es bei weitem nicht das erste Mal, dass er geschlagen wurde. Ich habe etliche nicht richtig verheilte Knochenbrüche gefunden, die seine Bewegungsfreiheit sehr einschränken und durchaus ein Teil der Gründe sein könnten, dass er niemanden in seine Nähe lässt. Einige konnte ich so richten, aber seine linke Körperhälfte ab der Hüfte aufwärts war zu stark beschädigt. Ich musste ihm während er schlief die Schulter und den Arm noch einmal brechen, damit ich sie richten kann. Zum Glück gibt es Schmerz- und Schlaftränke, die ihre Aufgabe auch erfüllen. Ich kann euch zu ihm lassen, aber er wird noch nicht wach sein", erklärt sie und bedeutet den beiden sichtlich schockierten Erwachsenen, ihr zu folgen. 

Ganz hinten, so nah wie möglich an ihrem Büro, steht sein kleiner abgeschirmter Bereich. Schockiert über den tatsächlichen Gesundheitszustand des jungen Schülers fasst Hermine den Entschluss, alles zu tun, um ihn von seinen Verwandten wegzuholen. 

„Ich habe Minerva bereits unterrichtet und sie hat Kontakt zum Ministerium aufgenommen. Kingsley würde gerne helfen, möchte ihn aber nicht in ein Waisenhaus schicken. Er sagt, solange wir kein anderes zu Hause für Mister Destler finden, sind ihm da die Hände gebunden", seufzt die ältere Hexe, als sie Severus Gesichtsausdruck sieht. Beruhigend legt sie ihm eine Hand auf die Schulter. 

„Ich weiß, was du fühlst, Severus. Es ist noch nicht zu spät. Noch können wir ihm helfen", meint sie leise an den Schwarzhaarigen gewandt. 

„Und genau das werden wir jetzt tun. Komm, Severus. Wir haben noch einen hoffentlich hilfreichen Besuch zu tätigen." 

Mit einem schwachen Nicken reißt dieser sich vom Anblick des Jungen los, dessen Schicksal ähnlich dem seinen ist und macht sich mit Hermine auf den recht schweigsam verlaufenden Weg nach Hogsmeade, da beide in ihren eigenen Gedanken abgetaucht sind.


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