I O L A N A
Keuchend legte ich meinen Kopf in den Nacken, sodass er an die Betonmauer hinter mir knallte. Meine geschlossenen Augen kniff ich zusammen, während ich angestrengt versuchte, keinen Mucks von mir zu geben. Mein Arm ziepte bei jeder Bewegung, die jedoch nötig war, um meinen Bauch zu versorgen. Der stellte das weitaus größere Problem dar. Mit einem Shirt, das ich aus einer Altkleidersammlung gestohlen hatte, hatte ich mir eine Art Verband gebastelt, doch der war schon nach kurzer Zeit durchgeblutet gewesen. Die Kugel schien noch zu stecken, denn hinten am Rücken hatte ich keine Blutung. Ich war mir nicht sicher, ob das gut oder schlecht war, aber ich versuchte einfach nicht daran zu denken. Meine größte Sorge war meine Schwäche. Ich hatte kaum noch Kraft; das Baguette, das der Junge mir gegeben hatte, hatte ich nach kurzer Zeit wieder erbrochen und nicht einmal das dreckige Ableitungswasser behielt ich bei mir. Alles brannte und schmerzte, gleichzeitig war ich wie betäubt, mir war schwindelig und schlecht, ich fand keine Postion, die erträglich war. Außerdem war mir abwechselnd heiß und kalt, meine Klamotten waren durchgeschwitzt und stanken, doch dafür hatte ich kaum einen Kopf. In der Nacht hatte ich kein Auge zugemacht, obwohl die Müdigkeit immer mehr Besitz von mir ergriff. In meinem jetzigen Zustand hätte ich keine Chance, mich gegen irgendjemanden zu verteidigen, etwas, was einem auf der Straße am besten nie passieren sollte. Ich war jetzt ein leichtes Opfer, das nur den einen Vorteil hatte, dass bei mir sowieso nichts zu holen war. Und sobald ein möglicher Angreifer das bemerkt hatte, würde er hoffentlich von mir ablassen. Ansonsten wäre ich tot.
N A H E L E
"Steve, hey. Wie immer?" Angespannt und mit der Hoffnung, dass der ehemalige Navy SEAL mir nichts anmerken würde, begrüßte ich ihn. "Ja, einmal für mich und einmal für Danny bitte." "Kommt sofort." Ich zwang mir ein Grinsen auf die Lippen, bevor ich mich umdrehte und Kamekona die Bestellung weitergab. Dann lief ich wieder zur Theke und betete, dass ein anderer Kunde kommen würde. Das war jedoch nicht der Fall und ich wusste, dass Steve früher oder später etwas bemerken würde. "Und, habt ihr im Moment einen Fall?", erkundigte ich mich, um das Gespräch in seine Richtung zu lenken. Glücklichweise ging er darauf ein und nickte. "Wir haben eine Leiche auf einer Baustelle gefunden, aber absolut keine Spur bisher. Hoffentlich findet Kono etwas auf den Überwachungsvideos der umliegenden Straßen, ansonsten sehen wir ziemlich alt aus." Ich nickte nur, hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Was sagte ich denn normalerweise? Mein Kopf schien wie leergefegt und die Shrimps waren noch immer nicht fertig. Zu meinem Unglück, erkundigte Steve sich jetzt nach mir. "Und, wie geht's dir?" "Gut, mir geht's gut. Wieso sollte es mir nicht gut gehen?", antwortete ich ein wenig zu schnell und mein Gegenüber zog skeptisch eine Augenbraue nach oben. "Keine Ahnung, vielleicht beschäftigt dich ja irgendwas." Sofort schüttelte ich wild den Kopf und suchte krampfhaft nach einem anderen Thema. "Wenn du mit Danny hier bist und Kono sich Überwachungsvideos ansieht, wo sind dann Chin und Lou?" Für einen Moment wirkte Steve misstrauisch, dann ging er auf meine Frage ein. "Sie sind zum Diner in der Innenstadt gefahren, wo sie meistens hingehen, wenn sie nicht gerade hier sind." Ich nickte und dann ertönte endlich Kamekonas erlösende Stimme mit den Worten: "Die Shrimps für McGarrett sind fertig!" Ich brachte Steve schnell die beiden Schalen mit Essen und er bezahlte, dann ging er zu einem der Holztische, an dem Danny schon saß. Ich verstand nie, warum Steve immer an der Theke wartete, bis das Essen fertig war, denn eigentlich brachte ich den Gästen normalerweise ihre Sachen, wenn sie nicht zum Mitnehmen waren. Erleichtert, dass der Commander nichts bemerkt hatte, zog ich mir die Schürze ab und legte sie auf die Theke. "Ich müsste kurz wohin Kamekona. Ist das okay?" "Kommt darauf an, wie lange du brauchst, Keiki." "Nicht länger als eine Stunde, versprochen." "Also gut." "Danke Kamekona. Bis später." Mit diesen Worten stürmte ich schon fast aus dem Truck, rannte nach hinten zu meinem Moped und fuhr los. Bis zum Diner, in dem Chin und Lou oft waren, war es nicht weit. Dort angekommen parkte ich mein Moped und joggte in den Laden, wo ich die beiden schnell entdeckte. Unsicher, wie ich es anstellen sollte, näherte ich mich ihnen, bis Chin mich bemerkte und zu sich winkte. "Hey Nahele, was machst du denn hier?" "Ehrlich gesagt hab ich dich gesucht. Ich müsste dich mal unter vier Augen sprechen." Chins Blick wanderte zu Lou, der leicht nickte und aufstand. "Ich geh schonmal bezahlen und dann noch ein wenig frische Luft schnappen." Ich ließ mich sofort auf seinen Platz fallen und knetete nervös meine Hände. Chins besorgter Blick brannte auf meiner Haut. "Also, was willst du mit mir besprechen?" "Ich möchte dich um einen Gefallen bitten. Aber dafür müsstest du etwas im Hauptquartier tun, ohne dass einer der anderen von Five-0 was mitkriegt." "Du musst schon etwas konkreter werden, um mich zu überzeugen. Wieso dürfen die anderen nichts davon wissen? Und was genau soll ich tun?" Ich atmete tief durch, dann kramte ich aus meiner Hosentasche die Zeichnung von Kalua hervor und reichte sie Chin. "Du musst sie für mich durchs System jagen und nachschauen, ob du irgendwas findest. Mehr kann ich dir nicht sagen, tut mir Leid." Für einen Moment schwieg Chin und musterte die Zeichnung, dann nickte er leicht. "Ich schau mal, was ich tun kann und sag dir dann Bescheid." "Super, danke Chin. Und eins noch: Das Bild, das brauche ich danach wieder zurück." Der Insulaner nickte, dann steckte er das Blatt ein und stand auf. Für mich das Zeichen, mich zu verabschieden und so schnell wie möglich zurück zum Shrimp-Truck zu fahren. Dort angekommen zog ich mir wieder die Schürze über und stellte erleichtert fest, dass Danny und Steve schon nicht mehr hier waren. Sofort fiel ein kleiner Teil der Anspannung von mir.
"Also, zu der Zeichnung direkt passt kein Gesicht in unserer Datenbank, allerdings gab es eine Übereinstimmung zu 81% mit dieser Frau. Vermutlich eine enge Verwandte der gezeichneten Person. Sie sitzt seit fast zwei Jahren im Gefängnis und wird da auch nicht so schnell rauskommen, da sie ihren Mann und mindestens sieben weitere Personen ermordet hat. Über ihre Familie steht nichts in unserem System, außer, dass sie zwei Kinder hatte." "Kannst du mir ihren Namen sagen?" Chin hielt einen Moment die Luft an, dann drückte er mir zwei zusammengefaltete Zettel in die Hand. "Dein Bild und eine Liste mit allen Informationen, die ich finden konnte." "Danke." "Mhm, aber bitte mich nie wieder um so einen Gefallen. Steve kümmert sich wie ein Vater um dich und ich helfe dir, ihn zu hintergehen. Er ist auch meine Ohana." "Ich weiß und es tut mir Leid, aber er hätte zu viele Fragen gestellt. Außerdem hat er immer noch die nicht unterschriebene Anzeige wegen Autodiebstahls gegen mich in seiner Schreibtischschublade." Chin atmete tief durch, dann klopfte er mir nochmal kurz auf die Schulter, drehte sich um und verschwand wieder im Iolani Palace, während ich so schnell und unauffällig wie möglich wegfuhr.
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You're my home (Hawaii Five-0 FF)
FanfictionIolana, "die Fliegende", deren Flügel gebrochen sind. Vater und Bruder tot, Mutter nach Mord am Vater im Gefängnis. Das Leben auf der Straße zerrt an der 17-Jährigen Insulanerin und schließlich beschließt sie vor Hunger, einen Imbiss zu überfallen...