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Als wir im Gemeinschaftsraum ankamen, ließ ich mich geräuschvoll auf eins der Sofas fallen. Die Jungs setzten sich in einem relativ großen Abstand zu mir hin, ihre Gesichter spiegelten Nervosität wieder.

"Leute ernsthaft, glaubt ihr wirklich, ich würde euch jetzt umbringen?", fragte ich ungläubig.

"Das hast du auf der Zugfahrt hierhin auch schon gesagt... Und im Moment bin ich mir wirklich nicht sicher, was du tun wirst und was nicht", antwortete Sirius.

"Ich hab euch ja gesagt, dass euch das Ganze eventuell verstören könnte. Also, wollt ihr jetzt die komplette Geschichte hören oder was?" 

Ein einstimmiges Nicken.

"Also gut. Diese Leonie, von der Hannah in ihrem Brief geschrieben hatte, hat es getroffen. Ich fange mal von vorne an. Ihr müsst wissen, dass meine Mutter sich durch ihren Job sehr unbeliebt gemacht hat. Sie war so etwas wie eine Aurorin, und sie hat echt viele Leute hinter Gitter gebracht. Einmal hat sie ein paar einzelne Leute aus einer Gang verhaftet, der Rest war aber noch auf freiem Fuß, weil es keine eindeutigen Beweise gegen sie gegeben hat. Und dieser Rest hat geschworen, dass er irgendwann Rache üben wird.
Vor der ganzen Sache war ich mit Leonie sogar locker befreundet gewesen, aber dann hatten wir irgendwann richtig Zoff, wegen einer eigentlich absolut banalen Sache. Das Problem war, das Leonie wusste, dass viele Menschen ein Problem mit meiner Mutter haben und dass es bestimmt auch viele Personen gibt, die sich irgendwie rächen wollen. 
Wir haben natürlich zum Schutz unserer Familie nie irgendwo unsere Adresse preisgegeben, weil einfach das Risiko viel zu hoch gewesen wäre, dass irgendjemand uns findet und uns dann die Hölle heiß macht. Die einzige Ausnahme haben wir bei meiner Einschulung gemacht, weil wir dort die Adresse angeben mussten, sonst hätte ich dort nicht zur Schule gehen können. Solche Daten werden normalerweise sehr gut verwahrt, aber trotzdem hat Leonie es irgendwie geschafft, meine Adresse herauszufinden. Und dann hat das Miststück sie veröffentlicht. Sobald ich das erfahren hatte, schrieb ich einen Brief an meine Eltern, ob alles in Ordnung bei ihnen wäre, und ob irgendjemand versucht hatte sie zu belästigen. Dann kam tagelang keine Antwort, und ich wusste, irgendwas war passiert. Ich hab mich dann so schnell wie möglich mit Flohpulver nach Hause begeben um nachzuschauen. Und was ich da gesehen habe, war wohl das Schlimmste was ich je in meinem Leben gesehen habe."

Flashback

Seit vier Tagen keine Antwort. Ich wusste, dass irgendetwas passiert sein musste, denn normalerweise bekam ich nach allerspätestens zwei Tagen eine Antwort. Und vor allem wenn es um so ein heikles Thema geht sind meine Eltern immer sehr schnell mit antworten. Nachdem der Unterricht vorbei war, ging ich sofort zum Kamin in meinem Zimmer und schaute zu Hause nach.
Als ich ins Wohnzimmer ging, erwartete mich mein schlimmster Albtraum. Meine Eltern waren da, beide. Aber sie waren nicht mehr lebendig. 
Ich trat vor Schreck einen Schritt zurück. Eine der Wände war von dem Massaker was ich da vor mir sah komplett rot gefärbt. Und da lagen sie, die Körper meiner Eltern, von der linken Schulter an diagonal bis zur rechten Seite der Hüfte aufgeschlitzt. An dem großen Schnitt entlang noch viele kleine Schnitte, die parallel zum Hals verliefen.
Das war das Erkennungsmerkmal der Gang, die meiner Mutter Rache geschworen hatte. Sie haben sich wohl gerächt. Und das war alles Leonies Schuld, denn dieses verdammte Arschloch hatte unsere Adresse veröffentlicht. Und ich war mir ziemlich sicher, dass sie sich der Folgen bewusst war.
Eine Art tote, kalte Wut bahnte sich in mir an. Hätte ich mich jetzt im Spiegel gesehen, hätte ich mich wohl vor meinem eigenen Anblick erschreckt. Ich musste zum fürchten aussehen. Das wurde mir allerspätestens dann bewusst, als ich mich auf den Weg zurück zur Schule machte und durch die Gänge lief, um Leonie zu finden. Die meistens wichen vor mir zurück oder gingen einen großen Bogen um mich, als sie meinen Gesichtsausdruck sahen.

Und da saß sie, zusammen mit einer ihrer albernen neuen Freundinnen, und sie unterhielt sich und lachte. Als ob nichts wäre. Als ob sie nicht gerade verantwortlich für zwei Morde wäre.
Ich ging mit noch schnelleren Schritten auf sie zu, zog sie dann mit einem starken Ruck auf die Füße, um sie dann gleich wieder mit etwas Schwung von mir weg zu schubsen. Empört sah sie mich an.

Am I wrong?  ~ Rumtreiber FFOnde histórias criam vida. Descubra agora