Kapitel 15

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Die Mädchen werfen mir noch warnende Blicke zu, bevor ich fluchtartig das Zimmer verlasse und direkt Jack in die Arme springe. Jack's feste Umarmung ist gerade das, was ich brauche.

Nachdem wir uns gelöst haben, gehen wir zu den anderen in die Stube. Benjamin hat bereits mehrere Packungen Chips und Süssigkeiten aufgestellt und die anderen haben es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. Mason klopft neben sich auf die Couch und schaut mich auffordernd an. Ich setze mich unsicher neben ihn. Sofort zieht er mich nahe zu sich und vergräbt seinen Kopf in meinen Haaren. Hilfe, was muss ich tun? Ich bin es mir nicht gewohnt, dass mich ein Junge so nah zu sich zieht. Ich muss wohl einen ziemlich verzweifelten Eindruck gemacht haben, denn Michael klopft seinem Zwilling leicht auf die Schulter. Mason schaut ihn verwirrt an, merkt dann aber bald, dass es mir unangenehm ist. Er seufzt leicht und streicht mir durchs Haar. "Tut mir Leid, ich bin nur so froh dich wieder zuhaben." Ich schliesse für einen kurzen Moment die Augen und atme durch. Wieso kann ich nicht einfach entspannt sein in der Nähe von Jungs? Ich weiss ja nun, dass sie meine Brüder sind und dennoch mag ich es nicht, wenn sie mir zu nahe kommen. Ich kuschle mich leicht an Mason. Sonst hat er noch Schuldgefühle und das will ich ja nicht. Angespannt lege ich meinen Kopf gegen seine Schulter. Mason legt einen Arm um mich, damit es bequemer ist und schon beginnt der Film.

Der Film ist nicht sehr interessant und es ist mega anstrengend, da alles auf Englisch ist. Irgendwann höre ich nicht mehr zu und beobachte, wie die anderen gebannt auf den Fehrnsehr starren. Aly und ihre Anhängsel sind mittlwerweile auch runter gekommen und verfolgen ebenfalls gespannt den Film. Ich merke noch, wie meine Augen immer schwerer werden, bis ich langsam ins Land der Träume trifte.

Das nächste, was ich wahrnehme ist, wie mich ein stechender Schmerz an meinem Bauch durchzuckt. Erschrocken schnappe ich nach Luft und öffne die Augen. Ich sehe in Noahs besorgtes Gesicht. "Was ist los Kleines", fragt er mich. Er drückt mit seiner Hand immer noch auf die schmerzende Stelle. "Bitte lass mich runter.", flüstere ich. Sanft stellt er mich auf den Boden. Wir sind mittlwerweile zuhause im Wohnzimmer. "Was tut dir weh am Bauch?", fragt er und mustert mich immer noch genau. "Hab nur einen blauen Flecken. Ich bin gestern in den Küchentisch reingelaufen", lüge ich. Ich kann ihm ja unmöglich sagen, dass Aly und ihre Freundinen die Verursacher meiner blauen Flecken sind. "Sicher, zeig mal." Noah will schon mein T-Shirt heben, um es sich anzuschauen. Sicher nicht zeige ich ihm meinen fetten Bauch. "Nein!", rufe ich entsetzt. Erstaunt schaut mich Noah an. "Es ist nichts schlimmes.", sage ich ihm überzeugt. "Mirja, da ist doch nichts dabei. Ich will einfach schnell schauen, wie es aussieht. Ich ziehe dir das Shirt auch nicht höher als eine Handbreite über deinem Bauchnabel, versprochen." Noah schaut mich immer noch ein bisschen verwirrt an. "Ich möchte es dir einfach nicht zeigen. Ich gehe schlafen", antworte ich müde und gähne. "Moment, meine Dame. So schnell geht das nicht. Ich hole jetzt Nick, der schaut es sich an. Keine widerrede." Noah schaut mich warnend an, gibt mir einen sanften Stoss Richtung mein Zimmer und macht sich anschliessend auf den Weg zu Nick. Dem zeige ich meinem Bauch aber sicher auch nicht. Ich gehe ins Badezimmer und schliesse die Tür ab. Dann erledige ich meine Abendroutine und lege mich anschliessend ins Bett. Ich nehme mein Handy, um mich etwas abzulenken und gehe meine Bildergalerie durch. Ich schaue mir die Fotos von unseren Ferien an. Stumme Tränen bannen sich den Weg über meine Wangen. Wie gerne möchte ich meine Familie wieder zurück. Ich würde soviel dafür tun. Nur weiss ich nicht was ich tun muss. Es klopft an der Tür und keine Sekunde später tretet Nick ein. "Na, was ist denn los?", fragt er sanft und setzt sich auf die Bettkante. Er streicht leicht meine Tränen aus dem Gesicht und gibt mir dann einen sanften Kuss auf die Stirn. "Was bringt denn meine Prinzessin zum weinen?", fragt er und schaut mich sanft an. Ich schüttle nur den Kopf und drehe mich weg von ihm. "Mirja, wir sind nicht mehr im Kindergarten. Sag mir bitte was los ist.", sagt er nun streng. Doch statt zu antworten bahnt sich eine Welle neuer Tränen den Weg über meine Wange. Nick seufzt und streicht mir nur übers Haar. Als ich mich einigermassen beruhigt habe, fragt er "ist das vor dem Horsshoe?", fragt er und zeigt auf mein Handy. Ich nicke und betrachte meine Familie. Dort lächelten wir alle glücklich. Ob sie wohl noch an mich denken? Wieso sie mir wohl nie gesagt haben, dass ich adoptiert bin? "schön", kommentiert er das Bild. "Du hast Heimweh, nicht wahr?", fragt mich Nick vorsichtig. Es ist mir schon ein bisschen peinlich, mit 17 noch Heimweh zu haben. Trotzdem nicke ich leicht und senke beschämt meinen Kopf. Doch Nick schaut mich aufmunternd an. "Hey, du musst dich nicht dafür schämen. Wir verstehen dich vollkommen!", erstaunt sehe ich ihn an. Mein Bruder schmunzelt leicht und fährt fort: "Es passiert nicht oft, dass man Familie wechseln muss und dann so eine weite Distanz zu seiner alten Familie hat. Keiner von uns musste da durch. Umso mehr sind wir stolz zu sehen, wie gut dass du das machst. Du bist unsere kleine Schwester und uns ist wichtig, dass du weisst, dass wir alles für dich tun würden." "Danke", flüstere ich leicht berührt. Er drückt liebevoll meine Hand und schaut mich dann ernst an. "Noah hat gesagt, ich solle mir deinen Bauch anschauen. Du hättest dort etwas." "Nicht nötig, es macht nichts weh." stimmt sogar. "Ich würde es mir trotzdem gerne anschauen. Mirja. Du kannst es mir zeigen oder ich schaue selber." Er schaut mich eindringlich an. Langsam sehe ich ein, dass ich keine Chance gegen ihn habe. Aber was wird er denken, wenn er meinen schwabel Bauch sieht! Er wird mich nicht als Schwester haben wollen. Sie werden mich alle verstossen und auf die Strasse stellen. Das wäre mein Ende, da ich nicht Englisch kann. Aly hatte recht. Sie schämen sich sicher ab mir! Eine Hand, die mein T-Shirt leichtanhebt holt mich zurück in die Realität. Erschrocken atme ich ein und versuche die Hand wegzuschieben. "Mirja ich habe dir gesagt, dass ich nachschauen werde." Er hebt mein Shirt höher und legt dann eine Hand auf meinen Bauch. Bestimmt will er schauen, ob es wirklich so schwabbelig ist, wie es aussieht. "Mensch Mirja, was hast du gemacht? Da ist ja ein riesiger blauer Fleck!", sagt er und zeigt auf meinen Bauch. Tatsächlich. "Ich hole schnell eine Salbe für drauf. Kurz darauf kommt er mit einer Tube zurück in mein Zimmer. Er zieht mein T-Shirt wieder rauf, welches ich natürlich sofort runter gezogen habe, nachdem er seinen Blick abgewandt hat. "Ich streiche dir jetzt noch diese Salbe ein, dann kannst du schlafen. "Ich kann das auch selber einstreichen.", sage ich bestimmt. Das wäre ja der Gipfel, wenn er mich einstreichen würde. "Lass mich doch ich kann das. Ich bin Arzt und habe schon schwerere Sachen gemacht, als eine Salbe eingestrichen", antwortet er belustigt. "Ich möchte es aber nicht.", sage ich ernst. "Was ist so schlimm daran?", fragt er und wird nun auch ernst. "Ich bin genug alt, um das selber zu tun." "Mirja, sag mir bitte den wahren Grund und du darfst es selber machen." Ich bleibe eine Weile still. "Mirja" "...ich mag es nicht, wenn fremde Hände mich am Bauch berühren.", sage ich leise und lasse meinen Kopf beschämt hängen. "Wieso denn nicht? Ich bin dein Bruder.", fragt er weiter. Ich mag ihm nichts weiter erklären. Ich weiss doch selber nicht, warum ich so empfindlich bin! "Nick bitte...", sage ich verzweifelt. "Du hast gesagt, ich muss dir den wahren Grund sagen, dann darf ich es selber machen. Er nickt, schraubt den Deckel der Tube ab und gibt mir ein bisschen Salbe auf die Hand. "Da hast du recht, Schwesterchen. Gute Nacht." Er zündet meine Nachttischlampe an und verlässt das Zimmer. Schnell streiche ich die Salbe ein und lege mich dann schlafen.

Das war wieder ein Tag!


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