Kapitel 34

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Plötzlich legt sich eine Hand auf meine Schulter. Erschrocken drehe ich mich um. Mom schaut mich sauer an. Wer auch sonst. "Was ging das so lange?", nörgelt sie. Vor lauter Erleichterung nehme ich sie in den Arm. Sie findet es jedoch nicht so toll und reisst sich von mir weg. Mit einem Seufzen lass ich sie los. "Komm, wir gehen zurück.", meine ich nachdem ich einen Blick auf meine Uhr geworfen habe.

Auf dem Weg durch den Vorgarten nörgelt Mom am Unkraut rum. Bevor ich die Haustür öffnen kann, tritt ein wütender Noah raus. "Wo wart ihr?" Ängstlich schaue ich ihn an. Er ist wirklich wütend. Er hat seine grossen Hände zu Fäuste geballt. Unfähig auch nur ein Wort zu sagen, überlege ich mir, was ich tun soll. Wegrennen, eine Ausrede erfinden, lügen... So viele Dinge gingen mir durch den Kopf. "Ich, wir", beginne ich.  "Das Kind hier wollte unbedingt zur Post. Ich habe natürlich gesagt, dass dies nicht geht. Sie hat mich aber gezwungen und mir gedroht, dass sie sonst machen würde, dass ich ins Heim muss. Ich will unter keinen Umständen ins Heim. Deshalb ging ich mit.", erfindet Mom eine Geschichte zu meinen Ungunsten. "Mirja, ins Zimmer, sofort.", weist mich Nick schroff an und besorgt meint er zur Mutter: "Mom, du kommst mit mir. Ich rufe Nick an. Leg dich ins Bett."

In meinem Zimmer setzte ich mich auf mein Bett. Schon wieder habe ich alles vermasselt. Ich will doch, dass sie mich kaum bemerken, dass ich ihnen keine Mühe machen. Aber nicht mal das kann ich. Ich schleiche mich ins Badezimmer und lasse wiedermal meine Klinge über meinen Arm fahren. Als es unerwartet an meiner Tür klopft, hatte ich ein grosses Problem. Überall war Blut verschmiert. Es durfte niemand reinkommen! "Mirja, mach sofort die Tür auf.", ruft Noah. "Gleich.", rufe ich mit meiner verweinten Stimme. Schnell räume ich alles auf und schmeisse es in den Abfall. Daraufhin öffne ich die Tür. Noah zieht mich grob am Arm in mein Zimmer. Er schubst mich nicht sehr sanft auf mein Bett und stellt sich vor mich hin. Ängstlich schaue ich auf den Boden. Alles mach ich falsch, denke ich. "Schau mich an.", fordert er mich auf. Ich darf ihm nicht in die Augen schauen, ich bin es nicht wert, rede ich mir die gut auswendig gelernten  Worte von Aly ein. "Schau mich an!", schreit er mich an. Ich zucke zusammen. Ich darf aber nicht. Was muss ich tun? Er nimmt mein Kinn unsanft und zwingt mich so ihn anzuschauen. Ich weiche seinem Blick aus. Noah sagt nichts und schaut mich nur an. Als er merkt, dass ich ihm nicht in die Augen schauen werde, geht er einen Schritt weiter und rutscht näher zu mir. Sofort zucke ich wieder zusammen. Er ist mir zu nah. Viel zu nah. Mein Atem kommt nur noch Stossweise. Ich habe auch leicht zu zittern begonnen. So gross ist meine Angst. Er ist so wütend. Er drückt mein Kinn zusammen, bis ich leise vor Schmerz aufschreie. In diesem Moment kommt Jack ins Zimmer. "Noah raus hier, sofort!", ruft er wütend. Noah schaue mich noch mal wütend an, lässt mein Kinn los und geht aus meinem Zimmer. Erleichtert, aber immer noch angespannt, schaue ich Jack an. Er scheint auch wütend zu sein, aber um einiges weniger als Noah.

"Komm mal her", fordert er mich auf, nach dem er mich gemustert hat. Langsam stehe ich auf und gehe auf ihn zu. Er breitet seine Arme aus. Zuerst zucke ich zusammen, als er mich langsam in eine Umarmung schlisst. Er seufzt und drückt mich fest an sich. "Es tut mir leid", nuschle ich. Darauf erwidert er nichts. Nach einiger Zeit, in der ich mich noch mehr in seiner Umarmung entspannte, löst er sich und weist mich an, mich wieder aufs Bett zu setzen. Er selbst setzt sich mit einigem Abstand neben mich. "Was ist passiert?", fragt er sanft. "Ich...", ich atme tief durch und erkläre dann, dass ich unbedingt einen Brief an meine Familie versenden wollte. Schlussendlich erzähle ich ihm auch, dass ich Mom nicht gedroht habe zu machen, dass sie ins Heim kommt. Am Ende meiner Schilderung kaue ich nervös auf meiner Unterlippe herum. Jack neben mir schweigt. "Hör zu Mirja, was du getan hast, war nicht gut. Nick hat dir die Regel gegeben, dass du das Haus nicht verlassen darfst. Du hast es trotzdem gemacht. Zudem wurde dir verboten Kontakt zu deiner Familie aufzunehmen. Dies hast du mit dem Brief getan." Ich nicke nur leicht. Mir ist klar, dass ich die Regeln gebrochen habe, aber sie sind auch unmöglich einzuhalten. Wie sollte ich es schaffen, keinen Kontakt mehr zu meiner Familie zu haben, bei der ich mein ganzes Leben verbracht habe? Ich vermisse sie so schrecklich. "Ich werde mit Nick darüber reden, wie es mit dir weitergehen wird." mit diesen Worten verlässt er mein Zimmer. Ängstlich überlege ich mir, welche Strafe ich wohl erhalten werde. Sie werden mich nicht schlagen, oder? Kurz darauf klopft es wieder an meiner Tür und Nick und Jack treten ein. "Wir haben uns eine Strafe überlegt.", beginnt Nick. 

Meine neue FamilieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt