Kapitel 16

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„Sie kommt zu sich." sagte ein Hofbediensteter, augenscheinlich ein Mediziner. Ich schlug die Augen auf und musste mich erstmal orientieren. Ich lag in einem Labor angeschlossen an verschiedene Maschinen.

„Was?" wunderte ich mich und blinzelte.

Das vertraute Gesicht von Regina erschien in meinem Blickfeld. Sie wusste gleich, was ich fragen wollte.

„Ein Stück Decke ist auf dich gefallen. Du hast keine Verletzungen davon getragen und dem König das Leben gerettet."

Ich fühlte in mich hinein, und tatsächlich, mein Körper fühlte sich gut an. Viel zu gut, für das, was mit mir geschehen war. Keine Schmerzen. Ein bisschen benommen war ich allerdings, wahrscheinlich, weil die Situation mich mal wieder überforderte. Ich versuchte Nael anzufunken.

(Ribanna) Nael? Wo bist du? Was ist passiert?

Ich konnte seine Gedanken hören, aber etwas störte unsere Leitung, so dass ich nur Bruchstücke mitbekam.

(Nael) Entführt. Alle. Noch gut. Fesseln. Bald töten. Machtlos. Hilfe.

(Ribanna) Ich werde dir helfen.Versprach ich ihm. Aber wie, dass wusste nicht.

„Nael lebt. Es geht allen noch gut. Sie wurden gefesselt und sollen bald getötet werde. Er bittet um Hilfe." platze ich heraus.

Regina sah mich entgeistert und fragend an.

„Wie kannst du das wissen? Der Kontakt bei den anderen Paaren ist vollständig unterbrochen und niemand hier hat dir etwas erzählt. Und eure Trauung wurde unterbrochen...."

„Ich empfange Bruchstücke von Naels Gedanken."

„Erstaunlich. Das spricht für eine mehr als starke Bindung." stellte der Mediziner fest. „Wie geht es dir?" Er begann mit einem medizinischen Gerät vor meiner Nase herumzufuchteln.

„Sehr gut. Ich denke die Verkabelung ist nicht nötig." beantwortete ich seine Frage.

Er handelte sofort und machte alles ab, was nicht von Natur aus an mir dran war. Er leuchtete mir noch kurz in die Augen, nur um es gleich danach noch zweimal zu tun.

„Regina, habe ich einen Knick in der Pupille oder sehen ihre Augen etwas komisch aus?" fragte der Mediziner meine Schwiegermutter. Sie betrachtete mich genauer.

„Ihre Pupillen sehen verformt aus." bestätigte sie.

„Jetzt wo du es sagst..." Der Mediziner nickte zustimmend.

„Wessen Pupíllen sehen verformt aus?" Der König mit kleiner Entourage war in den Raum gerauscht.

„Ribannas, Mylord." antwortete Regina.

Der König nahm meine Pupillen in Augenschein.

„Tatsächlich. Sie erinnern mich dunkel an etwas." Er überlegte. „Hmm, untersucht bitte nochmals ihre DNA und vergleicht die Befunde von ihrem Eintreffen auf dem Planeten mit dem heutigen Stand."

Der Mediziner machte sich ans Werk. Während wir auf die Befunde warteten, bedankte sich der König bei mir für seine Lebensrettung. Erstaunlich, dass er daran dachte, obwohl sich sein Königreich in einer schlechten Lange befand. Ich fand das sehr anständig von ihm. Er berichtete mir, was man bislang in Erfahrung über diese mysteriöse Entführung gebracht hatte. Sie gehörte nicht zum Wettkampf um den Königsthron. Dem Raumschiffmodell, der eingesetzten Technik und Strategie zu Folge war es ein Werk der Tir'ach. Einer Plünderer-Gattung, die stets so vorging, dass sie die führenden Köpfe einsammelte um Informationen zu bekommen. Nach erfolgreichem Auspressen wurden die Entführten getötet. Zurück blieb ein führungsloser Planet auf dem schnell Streit und Chaos ausbrach und sich der Bestand der Bevölkerung rasch dezimierte. Was die Tir'ach anging, sie hatten Zeit. Sollte es ihnen aber zu lange dauern, halfen die Tir'ach ein wenig nach. Wer übrig blieb, wurde getötet. Dann wurden die wertvollen Rohstoffe des Planeten abgeerntet und der verödete Planet sich selbst überlassen.

Zu dumm, dass sie diesmal den König nicht erwischt hatten, weil er unter mir lag. Wir rätselten, warum man ihn nicht scannen konnte und was das mit mir zu tun hatte. Uns fiel keine Antwort ein, ich war ja nur ein Mensch ohne besondere Talente. Der Mediziner, der das Labor kurzzeitig verlassen hatte, schneite wieder herein.

„Und?" fragte der König.

„Tja, es gibt tatsächlich eine Gen-Veränderung. Da „wächst" etwas in der DNA-Struktur nach, das ich nicht in der Datenbank gefunden habe. Ich fürchte wir müssen noch etwas abwarten." An mich gewandt fragte er: "Darf ich dich noch einmal komplett untersuchen? Oder bemerkst du irgendwelche Veränderungen?"

„Mir geht es sehr, sehr gut. Ich fühle mich nicht anders als vorher. Für Untersuchungen stehe ich gerne zur Verfügung. Ist tatsächlich ein Stück Decke auf mich gefallen? Das kann ja nicht besonders groß gewesen sein." mutmaßte ich.

„Das Stück Decke hätte zehn Mooner erschlagen können. Aber du lebst und hast nicht einen Kratzer. Wir müssen herausfinden, woran das liegt." Der König betrachtete mich eingehend. „Was bist du?"

Das wusste keiner so genau. Und so verbrachte ich die Nacht mit Regina, dem König und dem Mediziner in einem hässlichen Labor nur um festzustellen, dass meine Körperfunktionen in normalen Parametern verliefen.

Mein Herz hing bei Nael, meine Gedanken bei seinem bevorstehenden Tod. Als die Untersuchungen abgeschlossen waren, empfing ich wieder ein paar Gedankenfetzen von Nael:

(Nael) Erster tot. Folter. Schmerz. Nicht wehren.

Von dem, was er sonst noch so dachte, bekam ich nichts mit.

(Nael)Ich wusste nicht wirklich genau, ob meine Gedanken bei ihr ankamen. Die anderen Jungs schienen völlig von der Kommunikation mir ihren Partnerinnen abgeschnitten zu sein. Das Missing-Match-Syndrom schien eingedämmt. Ich war verunsichert und hatte Angst. Der Feind hatte sich noch nicht gezeigt. Wir saßen in Einzelhaft. Den ersten Prinzen hatten sie schon „geholt". Der Boden der Zelle hatte sich geöffnet. Er fiel. Die Schreie, die ich kurz darauf hörte, waren Schreie des Todes. Ich konnte nichts tun. Wir mussten auf Hilfe hoffen.

Ich atmete tief durch. In mir begann ein immenses Gefühl von Wut herumzukriechen. Es wand sich in mir und fühlte sich alsbald an, wie einer dieser riesen Sandwürmer vom Planeten Dune. Welche Kreaturen ruinierten mir meinen Hochzeitstag? Das Gefühl wuchs. Wer entführte meinen Fast-Ehemann und quälte ihn um ihn dann zu töten? Das Gefühl bäumte sich auf. Warum taten sie das bei den anderen? Warum bedrohten sie meinen Planeten? Verdammt, dies war meine neue Heimat und es war schön hier! Mein Gesicht verfärbte sich vor Zorn ganz rot. Ein wenig mehr Steam und mir würde Dampf aus allen Körperöffnungen strömen.

Es strömte auch etwas, aus meinen Nasenlöchern – kleine Rauchwölkchen und sie blieben nicht unbemerkt.

Und etwas geschah noch: meine Haare wurden schlohweiß.

„Doc, nochmal untersuchen – vor allem die DNA." befahl der König. Während sich Regina hingebungsvoll nach meinem werten Befinden erkundigte, zog der Mediziner noch eine Blutprobe und scannte mich kurz ab. Ich war wirklich fast am kochen. Meine Körpertemperatur war auf über 60 ° gestiegen.

„Außer. Das. Ich. Scheiß. Wütend. Bin. Geht es mir hervorragend." knurrte ich. Upps, knurren? War eigentlich nicht so mein Ding. So langsam fing ich auch an zu glauben, dass irgendwas Merkwürdiges mit mir vorging.

Der Mediziner wirkte sehr überrascht. „Oh, mein, Gott. Ihre DNA-Struktur scheint sich komplett zu ändern. So was habe ich noch nie gesehen. Es geht rapide schnell." Der König drängelte sich an den Display, auf dem meine DNA-Analyse zu sehen war und vergrub die Finger im Bart. „Treffer in der Datenbank?" wollte er wissen. "Bislang nicht. Scan läuft noch. Moment. Treffer!"

„Und?" hakte der König nach.

„Sie ist eine Draconian."

„Unser aller Rettung." Der König schien massiv erleichtert zu sein.

Man ließ mich einen Moment außer Acht und widmete sich den auf den Displays angezeigten abnormen Werten. Mir wurde schon wieder so komisch. Ich konnte nicht glauben, was gerade geschah. Was um Himmels Willen war ein Draconian? Und warum sollte gerade ich pummeliges Erdenmädchen so ein Vieh sein?

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