4) Überlegenheit

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"Ich gehe jetzt gleich zu ihr hin", sprach Ace aufgeregt. "Vorher muss ich noch meinen Bruder Kyle finden, der macht doch immer die Lose und die Teilnehmerlisten."

Ich hob etwas meine rechte Augenbraue an. "Ich glaube, das ist so der einzige Grund, dass du diesen kleinen dreizehnjährigen Jungen auf deiner Party herumschleichen lässt, die jetzt schon eskaliert. Richtig?"

Adam lachte darüber amüsiert kurz los. "Hey, komm. Der Kleine macht das doch super. Er will doch Manager werden und jeder fängt mal klein an."

"Natürlich", entgegnete ich voller Inbrunst. "Und in seinem Lebenslauf steht als erste Erfahrung in diesem Bereich Ich habe auf einer Hausparty meines Bruders die Lose und Gruppen für ein Partyspiel eingeteilt, das eine sehr schwierige Aufgabe ist, weil die meisten Leute stockbesoffen waren. Aber ich als Dreizehnjähriger hatte selbstverständlich alles im Griff, was man nur im Griff haben konnte."

Leandro legte den Kopf etwas schief und grinste mich breit an. "Du redest ja heute mal wieder viel, welche Überraschung."

Ich erwiderte prompt sein Grinsen. "Gleich nicht mehr, weil mein Sprachbedarf für heute erstmal gedeckt ist."

"Okay, so gut gelaunt wie am ersten Ferientag bist du jetzt aber nicht unbedingt", bemerkte Adrian glucksend.

"Neee", ich ahmte meinen Bruder spöttisch nach, in dem ich auch einen Finger belehrend hob. "Ich habe jetzt meinen regulären Part wieder übernommen. Und wer spricht hier schon von schlechter Laune? Ich war noch nie jemand, der wie ein auf Drogen gesetztes Tanzmäusschen durch die Gegend flitzt."

Jetzt schmunzelten alle in der Ruhe und mich brachte das, wie immer, zum Staunen, warum gerade ich immer der bin, der in der Gruppe ein bisschen die Stimmung aufheizte. So, wie mein Gemüt eigentlich war.

"Neee", wiederholte Adam. "Stimmt, du warst tatsächlich noch nie so. Aber die Vorstellung ist gar nicht mal so übel. Du im Tanzröckchen mit rosa Schleife."

Etwas angewidert verzog ich das Gesicht. "Ewww, Adam, seit wann hat sich denn dein Geschmack so unglaublich verändert?"

Ian kicherte, es hörte sich schon echt etwas unmännerhaft an und ich war kurz davor, ihn unter der Dusche zu stellen, um ihn wieder etwas halbwegs nüchtern zu bekommen. "Adam had wohl doch noch eine verschdecgde Ader."

Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass das Wort vor Ader versteckte heißen sollte.

Himmel, Ian.

"Ach, hier bist du ja, Kyle", freute sich Ace, als er  seinen kleinen Bruder neben sich entdeckte, der sich gerade zu uns gestellt hatte. "Wollen wir langsam die Teilnehmer für Dark Room zusammentrommeln?"

Kyle zückte wie auf Bestellung einen zerfledderten Notizblock aus seiner hinteren Hosentasche, schlug eine verknitterte Seite um und zauberte aus seiner anderen Hosentasche einen Stift. Einen ziemlich abgekauten Bleistift.

Da hatte wohl jemand Hunger.

Der Bleistift schwebte abwartend über das freie, aber genauso verknitterte Papier, das ein Abklatsch zu dem vorigen sein könnte. Bestimmt war das mal ein Wasserschaden. "Die üblichen Verdächtigen?", versuchte er es professionell.

Worauf wir uns alle untereinander anschmunzelten.

Ace versuchte schließlich wieder ernst zu bleiben und eine Antwort zu liefern. "Ja, eigentlich schon. Nur kommt jemand Neues dazu und zu ihr werden wir jetzt auch hingehen. Ich weiß den Namen nämlich noch nicht."

Letzte Chance für mich, nicht einen auf unwissend zu tun und den Namen einfach auszuspucken. Mein Blick glitt zu Adrian, der wie ein ausgehungertes Raubtier Cassandra betrachtete.

Dark LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt