11) Ganz viel

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"Lovely? Was ist denn nun?" Adrian schob sich wieder ein kleines Stück vor Cassandra, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

Einerseits hätte ich ihn am liebsten von ihr weggerissen, andererseits war ich darüber auch unglaublich froh. Gerade, wenn ich mich so wenig unter Kontrolle habe wie jetzt und, primitiv gesagt, nur an das eine mit Cassandra im Zusammenhang dachte.

Diese verdammte platinblonde Schönheit.

Ich hasste sie jetzt schon dafür.

Cassandra räusperte sich laut, für meinen sensiblen Spürsinn viel zu  laut. Sie hatte also die gleichen Probleme wie ich. Exakt die gleichen. Und ich wettete, dass sie ein genauso großes Bedürfnis nach mir hatte wie ich nach ihr.

Ihre geröteten Wangen, die fucking weichaussehenden Lippen halb geöffnet und die glitzernden Augen sagten mir alles.

Spöttisch lächelte ich sie an.

Und da verfinsterte sich ihr Blick auch schon wieder. Von mir aus kann sie mich für mein arrogantes Verhalten hassen, ich hasste es ja schon, wenn sie nichts tat und mich damit schon verrückt machte.

Das war wohl etwas, was man auf sich gegenseitige beruhende Beziehung nannte.

Überhaupt nicht seltsam.

Als würde ihr das gleiche durch den Kopf gehen, schüttelte sie nur den Kopf und sah dann zu meinem Bruder. Um seine Frage wohl endlich zu beantworten. "Also ich habe eine Katze und sie heißt..."

Und sie heißt? 

Ich verrengte meine Augen kurz zu schmalen Schlitzen, versuchte dahinter zukommen, warum sie jetzt nicht weiterredete.

Adam lachte spöttisch los. "Was? Hast du den Namen vergessen oder existiert die Flaschenbürste nichtmal?"

Okay, Adam. Das war gemein.

Zornig kniff nun Cassie ihre Augen zusammen und trat mit einem Mal selbstbewusst dichter an Adam heran. Uhh, diese Schönheit hatte definitiv Feuer unter dem Hintern, was sie noch interessanter machte. "Diese Flaschenbürste existiert aufjedenfall, darauf kannst du Gift nehmen. Und sie heißt Barb - Barbara."

Na, da wollte sie doch bestimmt erst einen Spitznamen sagen. Barbsi. Oder Barbie. Heutzutage ist ja jeder Name vertreten.

"Eine Katze, die Barbara heißt?" Ungläubig prustete Adam erneut los. "Das ist ja echt speziell. Willst du uns verarschen oder wie?"

"Nein", antwortete sie kalt und das stolze Funkeln in ihren Augen entging mir nicht. "Genauso wie du mich verarschen willst, dass du jedes Wort, was ich auch nur sage, bezweifelst." Tief atmete sie ein und ging wieder ein wenig zurück.

Adam sagte nichts weiter.

Meine Mundwinkel zuckten, doch ich kontrollierte mich mühsam, nicht loszulachen.

Dieser böse Blick, der nun auf seinem Gesicht festklebte, war echt lustig. Dazu noch diese erschrockene Miene von Cassandra, die langsam begriff, dass mit Adam jetzt erst recht nicht mehr gut Kirschen essen war, das  war eine sehr amüsante Kombination.

"Ooookaaay", zog mein Bruder das Wort in die Länge, wahrscheinlich um die angespannte Stimmung wieder etwas aufzulockern. "Ich glaube, wir sollten jetzt auch wirklich mal in den Unterricht gehen, oder Adam?"

"Oder, Adrian", knirschte dieser mit den Zähnen.

Ich biss mir fest auf die Lippe, sodass ich wirklich nicht loslachte.

"Hör' auf, du schmirgelst dir noch deinen ganzen Zahnbelag herunter", entgegnete Adrian darauf gelassen, als er das Zähneknirschen auch bemerkte. "Und du hasst Zahnärzte, stimmts? Dann leg' es nicht auch noch darauf an."

Adam schnaubte. "Ein Scheiss leg' ich darauf an."

Jetzt konmte ich nicht mehr, meine Mundwinkel hoben sich und ein leises Lachen kam über meine Lippen. Dass Cassandra's Aufmerksamkeit nun wieder voll und ganz auf mir lag, war zwar nicht Neues, machte mich aber trotzdem immer noch tierisch nervös. "Ist ja echt wahnsinnig amüsant hier alles", ich schaute auch Cassandra nochmal vielsagend an, bevor ich weiter fortfuhr. "Aber ich muss jetzt los."

"Ach ja? Hat das auch was mit Physik zu tun?", argwöhnisch beäugte Adam mich.

Definitiv nicht 

Ich grinste. "Nur."

Cassandra rollte genervt mit ihren Augen und schien wohl zu ahnen, was ich jetzt vorhatte. Nämlich kein Kaffeekränzchen bei alten Damen abzuhalten.

Adrian hielt mich mit einer Hand auf der Schulter beim Abwenden auf. "Und was sollen wir mit der Donutschachtel machen? Mr Deege kassiert das doch sofort ein, der hasst Essen im Fachraum."

Als ob er sich aufeinmal darum Sorgen macht. Jeez, meinen Bruder werde ich auch nie verstehen können.

Willig streckte ich also Cassandra meine Hand entgegen, um ihr die Box abzunehmen. Dabei fiel mir auf, dass sie meine Finger genauestens betrachte. Analysierte sie etwa die Hautlinien von Händen oder wie?

"Die Schachtel, Lovely", erinnerte ich sie daran mir endlich diese Box zu geben. Und dieser Name kam mir in Verbindung mit ihr viel zu leicht aus dem Mund.

Finster funkelte sie mich an.

Ihr war wohl diese Betonung auf das eine Wort nicht entgangen. Wenn sie nur wüsste, dass ich das gar nicht so zum Scherz hervorgehoben hatte.

"Und die Donuts kriege ich auch wirklich wieder?", hakte sie gleich skeptisch nach.

Völlig zurecht.

Tief schaute ich in ihr Dunkelblau, das sofort wieder glitzerte. "So eine Angst ja?" Blitzschnell zog ich ihr die Box aus den schlaffen Händen, da sie wohl unbewusst ihren Griff gelockert hatte. Arrogant reckte ich mein Kinn leicht. "Ich kann dir garantieren, dass du nichts zu befürchten hast." Zugegeben, meine Stimme triefte nur so vor Belustigung, aber es machte irgendwie Spaß sie zu provozieren.

Da sie nichts weiter sagte, klatschte ich mich zum Abschied bei Adam und Adrian ab, um gleich den Gang weiter zu laufen, die Donut Box fest in der Hand.

In mir stellte sich die Frage, was ich nun machen sollte.

Zu spät zum Unterricht war ich jetzt sowieso und richtig Lust auf Latein hatte ich jetzt auch nicht. Durchfallen würde ich nicht, weil ich sehr gut im Vokabeln und Grammatik einprägen war, aber der Lehrer würde mir wegen meines Schwänzen irgendwann noch den Kopf abreißen. Zu hundertprozent war ich mir dabei sicher.

Ich ließ einen Schulterriemen herunterhängen, machte meinen Rucksack auf und stopfte die Donut Box herein. Danach kramte ich mein Handy hervor und checkte durch, welches dieser vieler Mädchen im Augenblick Zeit auf ein kleines Treffen hatte.

Linda war sofort Feuer und Flamme. Chila hatte ich zwar auch gefragt, jedoch war Linda schneller im Antworten und ihre Schule war nicht so weit von meiner entfernt.

Schmunzelnd steckte ich mein Handy wieder weg und lief nach draußen zu meinem Motorrad.

Wieder eine Ablenkung geschaffen.

Perfekt.

Dark LoveNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ