"Ein Kampf mit mir selbst" von @Arahaelwen

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"Nein! Du weißt ganz genau warum ich dich da nicht hinlasse", schreit meine Mutter mich an, während sie am Abendessen herum hantiert. So langsam reicht es mir, dass sie mir fast gar nichts mehr erlaubt. "Warum denn nicht? Es ist doch nur eine Party", gebe ich ebenfalls mit erhobener Stimme zurück. Nun dreht sie sich zu mir und kommt langsam auf mich zu. "Nur eine Party!", äfft sie mich nach und fährt mit erhobenen Armen und lauter Stimme fort: "Eine Silvesterparty mit vielen Leuten. Mit Feuerwerken. Ich hoffe das ist Grund genug." Um anzudeuten, dass die Diskussion zu Ende ist vertieft sie sich wieder ins Kochen.
Wütend stampfe ich aus der Küche und schlage die Tür hinter mir zu. Aber ja ich verstehe ihren Grund. Ich verstehe ihn sogar sehr wohl. Ich bin es nähmlich, die mit diesem Tag für Tag zurecht kommen muss und diesen akzeptieren muss. Und dabei liebe ich doch trotz der großen Zerstörungskraft die Anwendung meiner Gabe.
Vor lauter Wut ist mir extrem heiß und an meiner Haut könnte sich ein normaler Mensch tatsächlich verbrennen. Um mich etwas abzukühlen gehe ich vor die Haustür in die kalte Winterluft. Wenn ich jetzt die Kontrolle über meine Gabe verliere würde und etwas passieren würde, werde ich wortwörtlich keinen einzigen Funken Freiheit mehr haben. Tief durchatmend setze ich mich auf die schneebedeckte Stufe vor der Tür und versuche mich zu beruhigen. Ich spürte wie der durch die Hitze meines Körpers geschmolzene Schnee durch meine Klamotten sickert und ein kalter Luftzug meine Haare im Wind wehen lässt.

"Arida kommst du bitte zum Essen!", höre ich meine Mutter aus der Küche rufen.
Genervt stehe ich wieder auf.
Arida. Die Brennende.
Wie ich diesen Name hasse. Diese Seltenheit, so dass jeder fragt woher er kommt und dann noch die Tatsache, dass ich dies nicht sagen kann, weil es direkt darauf hinweist was ich bin. Als ich die Haustüre hinter mir mit einem Knall schließe strömt mir ein Schwall heißer Luft entgegen. Sofort kocht wieder mein ganzer Körper vor Hitze. Ich fange an zu Schwitzen und ein mir schon bekanntes- aber dieses Mal unkontrolliertes- Kribbeln zieht sich von meinem Herzen bis in meinen rechten Zeigefinger. Mit Entsetzen muss ich feststellen wie sich dort gegen meinen Willen eine kleine Flamme bildet. Sofort drehe ich mich um und reiße die Haustür wieder auf um erneut in die eiskalte Luft zu treten. Konzentriert schliese ich meine Augen und lasse die Flamme zuerst kleiner werden und dann vollkommen verschwinden.
Erschöpft atmete ich aus und offene meine Augen wieder. Als auch das Kribbeln verschwunden ist drehe ich mich wieder um verharre aber mitten in der Bewegung. Ich blicke direkt in die Augen meiner Mutter, welche mich beobachted und mit herabgefallenen Schultern im Türrahmen steht. Ich erkenne Enttäuschung aber auch Trauer in ihren Blick. Kurz darauf blickt sie mit ihren Augen auf den Boden, wendet sich mir ab und geht murmeln wieder ins Hausinnere. "Ich glaube wir essen heute lieber auf der Terasse."

Die Stimmung ist bedrückend. Schweigend essen wie unsere schon fast abgekühlte Mahlzeit und keiner wagt es das gerade Geschehene anzusprechen. Wenn ich nicht sofort ins Freie gegangen wäre hätten Dinge geschehen können die man sich gar nicht vorstellen will.
"Ich hab nachgedacht", komme meine Mutter schließlich zögernd zu Wort. "Ich glaube das beste für dich und alle Menschen um dich herum wäre, wenn du doch auf ein Internat für Leute wie dich gehen würdest."
Geschockt reiße ich meinen Kopf hoch. "Aber.." Ich breche ab und setze dann mit leiser Stimme nochmal neu an. "Wolltest du nicht genau das verhindern, weil du nur schlechte Erfahrungen dort gemacht hast." Vorwurfsvoll schaue ich ihr in die Augen. Sie jedoch weicht meinem Blick aus und sagt nur noch beherschend: "Ich habe schon alles geregelt, du wirst morgen abgeholt."
Ungläubig schaue ich sie an. Das kann doch nicht wahr sein. Wut steigt in mir auf und lässt meinen Kopf kochen. Ich stehe auf und balle meine Hände zu Fäusten. Ich nehme alles mit einem roten Schleier war und die Luft um mich herum dampft. Meine Mutter schreit verzweifelt irgendwas doch ich nehme nichts mehr wahr.  Das einzige was jetzt noch zählt ist die Wut auf meine Mutter. Sie war immer die Person, die Unsresgleichen davon überzeugen konnten, dass ich nicht auf diese Schule muss und sie sich um meine Ausbildung kümmert. Und jetzt ändert sie plötzlich ihre Meinung.
Ich spüre wieder, wie sich das Kribbeln durch meinen Körper zieht, doch bevor mir ein weiterer Fehler unterlaufen kann, drehe ich mich um und verlasse rennend die Terasse. Im Garten blicke ich zurück. Meine Mutter steht wie versteinert da, und bewegt sich keinen Millimeter. Erst als ich durch das Gartentor unser Grundrück verlasse höre ich wie sie mir hinterherläuft.
"Stopp Arida. Bitte bleib!", ruft sie mit zitternder Stimme. Doch ich höre nicht auf sie und laufe mit noch schnellerem Tempo die Straße entlang, die aus unserem kleinen Dorf hinausführt.
Die letzten Worte von ihr sind nur noch ein Flüstern, doch ich verstehe sie, als stände meine Mutter neben mir. "Sie werden dich finden." Sie spuken den ganzen Weg über die schneebedeckten, nur vom Mond beleuchten Felder, bis in den Wald hinein in meinem Kopf herum und wollen nicht verschwinden. Erst als ich das Gefühl habe weit genug von zu Hause weg zu sein, realisiere ich, was diese bedeuten. Verzweifelt lasse ich mich auf den nassen boden sinken und lehne mich an einen Baum. Tränen treten aus meinen Augen und ich bedecke mein Gesicht mit den Händen.
Warum habe ich das getan?

GedankennebelOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz