Kapitel 5

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In Mitten des geräumigen Kellergewölbes stand ein riesiger Ofen. Dieser war allerdings nicht die Ursache meines Schocks. Auf einem Haufen an der Wand lagen Leichen. Unzählige Leichen. Ich konnte gar nicht richtig hinsehen.Neben dem Ofen saß ein Mann, der einen Körper in den Armen hielt.Und überall war Blut.

Langsam ging ich auf den Mann zu.

Mit zittriger Stimme fragte ich:,,Sir, geht es ihnen gut?" Eine Frage, die mir in dieser Situation eher dämlich als sinnvoll erschien, doch ich hatte bezweifelt überhaupt einen Ton außer einem ängstlichen Wimmern von mir geben zu können. Der Herr reagierte nicht und auch, als ich es noch einmal versuchte, zuckte er noch nicht mal mit dem kleinen Finger.

Mit aller höchster Vorsichtigkeit berührte ich seine Schulter, doch dann sah ich es:seine Kehle war aufgeschlitzt und das Blut, das ihn und die Leiche in seinen Armen bedeckte, war längst getrocknet, schien aber zum Großteil von ihm zu stammen.

Ich drehte mich langsam wieder um, doch dann traf es mich wie der Blitz.Die Lampe rutschte mir aus den Händen und zerschellte auf dem Steinboden. Ich rannte hinaus. Auf der Treffe stürzte ich und mein Knie stieß heftig gegen eine Stufe, doch unbeirrt rappelte ich mich wieder auf und lief auf die Fleet Street hinaus. Ich bog schnell nach rechts ab und ich rannte. Entlang der stinkenden Themse, vorbei an der Westminster Abby und in die Chapter Street.

Zielsicher steuerte ich auf eines der Häuser zu und schlug mit dem Türklopfer heftig gegen die Tür. Wieder und wieder. Von innen hörte ich Geräusche, jemand rief etwas, doch ich ließ nicht locker und penetrierte die Tür weiterhin mit dem Löwenkopf, bis die Tür aufschwang.

Vor mir stand ein massiger Mann in einen dunklen Morgenmantel gehüllt und blickte mich zornig zu mir herunter, doch plötzlich schaute er eher besorgt.

,,Mr.Turner, wie sehen Sie denn aus und was treibt Sie in so früher Stunde hier her?"

,,Mr. W-Williams -", setzte ich an, doch er schnitt mir das Wort ab.,,Mein Sohn, du zitterst ja wie Espenlaub und du bist völlig außer Atem. Kommen Sie schnell herein."

Erlegte seine große Hand auf meinen Rücken und führte mich in den Salon. ,,Setzen Sie sich mein Guter", wies er mich an und deutete auf ein Sofa am Kamin. Mr Williams selbst aber ging zu einem Strick neben der Tür und zog daran. Einige Sekunden später kam eine junge Frau herein, ebenfalls im Morgenmantel. Sie blickte auf mich, dann auf Mr. Williams. Dieser hatte sich in einem großen Sessel gegenüber von mir nieder gelassen und sprach zu der Bediensteten:,,Nelly,machen sie für unseren Gast Tee und zünden sie den Kamin an. Ach und bitte ziehen Sie sich etwas vernünftiges an."

Nelly senkte leicht den Kopf und verschwand wieder. Mr. Williams wollte sich gerade mir wieder zu wenden, als eine weitere Frau im Morgenmantel den Raum betrat. Auch sie schaute mich verwundert an an.Dann wand sie sich an meinen Vorgesetzten und sagte vorwurfsvoll:,,Liebling, du hast mir nicht gesagt, dass wir um halb drei Uhr in der Früh einen Gast empfangen würden." Mr. Williams räusperte sich und stellte uns vor:,,Henrietta, das ist Henry Turner, ein Polizist von meiner Wache, Mr. Turner, das ist meine Gattin Henrietta."

Ich nickte nur, zu mehr fühlte ich mich gerade einfach nicht imstande und außerdem wollte ich Mr. Williams nun berichten, was ich gesehen hatte. Mrs. Williams zog ihren Morgenmantel fester zusammen, machte auf dem Absatz kehrt und verließ den Raum.


Mr.Williams zog nur die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Er stand auf und nahm vom Kaminsims eine Schatulle mit Zigarillos, nahm eine heraus und hielt mir die Schatulle entgegen. Normalerweise rauchte ich nur Pfeife, aber normalerweise fand ich auch keine Leichen in Kellern. Also griff ich beherzt zu. Als Mr. Williams uns die Zigarillos angezündet hatte und sich wieder in seinen Sessel niederließ, brummte er:,,Nun, Turner, warum suchen Sie mich zu so einer ungewöhnlichen Uhrzeit auf?" Gerade als ich antworten wollte, trat Nelly herein, dieses mal voll bekleidet, mit einem Tablett in den Händen auf dem eine Kanne und zwei Tassen standen.Schweigend stellte sie es auf den kleinen Couchtisch, der zwischen Mr. Williams und mir stand und schenkte uns Tee ein. Dann ging sie zum Kamin und machte sich dran ihn an zu zünden. Mr. Williams ignorierte sie gänzlich und schaute mich interessiert an. Ich nippte an meinem Tee und tat nochmal einen Zug, ehe ich zu schildern begann,was ich in der Fleet Street gesehen hatte.

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⏰ Last updated: Aug 16, 2018 ⏰

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Der Fall "Sweeney Todd"Where stories live. Discover now