Kapitel 2

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Das Schuhgeschäft, dasMr. O'Malley gehörte, glänzte in seinen besten Tagen. Die Farbe,mit der das Schild über der Tür bemalt war, brachte Farbe in dieverregnete Hauptstadt Englands und lud Menschen aller Art dazu einsich nach einem neuen Paar Schuhe umzusehen.

Auf der Stufe vor derEingangstür lümmelte ein Junge, nicht älter als zwölf, herum.Sein dreckiges, blondes Haar lugte unter seiner Kappe hervor undumspielte sein Kinn. Der Blick des Jungen war zu Boden gerichtet.

Ich ging an ihm vorbeiund versuchte, trotz der herunter gezogenen Jalousien, die Tür zuöffnen.

,,Der Master ist nochnicht da", sagte der Bursche ohne aufzublicken. Ich trat einenguten Schritt zurück um den Jungen besser sehen zu können, der dain geflickten Kleidern vor dem Laden saß.

,,Bist du James?"

Jetzt blickte der Jungeauf und nahm seine Kappe ab. Seine Haare waren wirr und teilweise mitErde beschmutzt. Auch sein Gesicht war von Erde dunkel gefärbt undals er mich schief angrinste konnte ich die schiefen, gelben Zähnein seinem, nach Galle stinkenden, Mund sehen. Das einzige was an ihmnoch lebendig aussah waren seine grünen Augen die mich frech anglitzerten.

,,Ja Sir. James? Der binich! Zu ihren Diensten."

,,Dann steh mal auf,Bursche."

James erhob sich und ichkonnte erkennen, wie seine Kleidung lose um seinen dürren Körperfielen.

,,Ich bin Officer Turner.Ich muss dich bitten mich zu begleite", sagte ich, mein Blick starrauf das kleine Geschöpf vor mir gerichtet. Der Junge gerietplötzlich in Panik.

,,Das mit dem Brot tutmir schrecklich Leid, es ist nur so, ich..." ,,James, lass gutsein. Ich bin nicht wegen des Brotes gekommen, zumal ich auch nichtüber diesen Vorfall informiert bin, aber nun gut. Es geht um deinenMaster. Wie du ja schon fest gestellt hast, ist er heute nichtgekommen. Er wird seit gestern Abend vermisst und du sollst michbegleiten, damit wir deinen Aussage aufnehmen können."

James ließ sicherleichtert gegen die Hauswand fallen. Für gewöhnlich hätte ichihn nun festnehmen müssen, auf Grund der Tatsache, dass er Brotgestohlen hatte, doch Richter Turpin war nicht für seine Gnadebekannt und erst gestern ließ er einen etwa gleichaltrigen Jungenwegen Stehlens hinrichten. Doch James schien eh so wenig zu haben, dawollte ich ihm wenigstens sein Leben lassen.


James folgte mir zurückzur Polizeistation, wo ich seine Aussage aufnahm.

,,Also James, wann hastdu Thomas O'Malley das letzte mal gesehen?"

,,Gestern Nachmittag umsechs. Er hat den Laden eine halbe Stunde früher geschlossen."

Jetzt wurde ich neugierigund hackte nach:,,Hat er dir gesagt warum er das getan hat?"

James überlegte kurzdann antwortete er:,,Der Master sagte, er wolle seine Gattinüberraschen."

Ich schaute ihnerwartungsvoll an als er eine Pause einlegte. James rutschte nervösauf seinem Stuhl umher. ,,Ich bin mir nicht mehr sicher, Sir, aberich glaube der Master wollte sich rasieren lassen."

,,Weißt du zu welchemBarbier er gegangen ist, Bursche?"

,,Also da ist dieser Neuein der Fleet Street, er hat Miseur Pirelli öffentlichherausgefordert und ihn besiegt! Können Sie sich das vorstellen?"Plötzlich war der Kleine Feuer und Flamme, was mich nun unruhigwerden ließ. Irgendwie wusste ich nicht ganz, was ich daraufantworten sollte, ich hatte natürlich schon von dem großen MiseurPirelli gehört, mich bedauerlicherweise aber nie selbst von seinemTalent überzeugen können, also sagte ich nur:,,Vielen Dank fürdeine Aussage, James. Lebe wohl."

James verbeugte sich underwiderte, als er seine Kappe wieder aufsetzte:,,Auf Wiedersehen,Sir."

So, so: Der neue Barbierin der Fleet Street also. Ich stand auf und zog mir meinen Gehrock anund machte mich auf den Weg in die besagte Straße.


Der Fall "Sweeney Todd"Where stories live. Discover now